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Nevada Pass

Nevada Pass

Titel: Nevada Pass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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Versorgungswaggon.«
    »Das ist doch ausgeschlossen!«
    Henry starrte schweigend ins Leere.
    »Sind Sie ganz sicher?« Allmählich gingen die Ereignisse über Claremonts Kräfte.
    Henry bedachte den Colonel mit einem tief gekränkten Blick und sagte: »Ich möchte ja nicht unverschämt erscheinen, aber ich schlage vor, daß Sie selbst nachsehen.«
    Claremont kämpfte seinen Blutdruck mannhaft nieder. »Durchsucht den Zug! Alle!«
    »Moment mal, Colonel«, meldete sich Deakin. »Erstens ist von den zehn Leuten, mit denen Sie reden, Rafferty der einzige, über den Sie Befehlsgewalt haben – von den übrigen untersteht keiner Ihrem Kommando, weder direkt noch indirekt –, zugegebenermaßen eine seltsame Situation für einen Colonel, der prompten und absoluten Gehorsam gewohnt ist. Und zweitens glaube ich nicht, daß es einen Sinn hat, nach dem Sendegerät zu suchen.«
    Claremonts Selbstbeherrschung war bewundernswert. Schweigend warf er Deakin einen kalten, fragenden Blick zu.
    Deakin sagte: »Als wir heute morgen neues Brennmaterial aufnahmen, sah ich, wie jemand einen Kasten von der Größe eines Sendegeräts aus dem Versorgungswaggon holte und damit am Zug entlang in die Richtung ging, aus der wir gekommen waren. Der Schnee fiel ziemlich dicht und – nun, Sie wissen wohl alle noch, daß man kaum etwas sehen konnte, und es war mir nicht möglich zu erkennen, um wen es sich handelte.«
    »So? Angenommen es war Ferguson, warum sollte er so etwas tun?«
    »Woher soll ich das wissen? Diese Sache ist allein Ihr Problem. Und ich sehe nicht ein, weshalb ich Ihnen Ihre Denkarbeit abnehmen sollte.«
    »Sie werden immer unverschämter, Deakin.«
    »Ich glaube nicht, daß Sie sehr viel dagegen unternehmen können.« Deakin zuckte die Achseln. »Vielleicht wollte er das Gerät reparieren.«
    »Und warum mußte er es dazu wegbringen?«
    Deakin zeigte Anzeichen einer für ihn völlig uncharakteristischen Gereiztheit. »Woher zum Teufel soll ich –« Er brach ab. »Ist der Versorgungswaggon geheizt?«
    »Nein.«
    »Die Temperatur liegt weit unter dem Gefrierpunkt. Wenn Ferguson irgendwelche Reparaturen ausführen wollte, wird er das Gerät dazu wohl an einen wärmeren Ort gebracht haben – vermutlich in einen der Truppenwaggons. Und die liegen jetzt auf dem Grund der Schlucht. Ich hoffe, ich habe Ihre Frage damit zu Ihrer Zufriedenheit beantwortet.«
    Claremont hatte sich völlig unter Kontrolle. »Das klingt alles sehr einleuchtend – zu einleuchtend, wenn Sie mich fragen.«
    »Mein Gott, dann gehen Sie doch los und durchsuchen Sie Ihren verdammten Zug.«
    »Nein. Wahrscheinlich haben Sie recht. Ich sehe jedenfalls keine andere Erklärung.« Er trat einen Schritt näher an Deakin heran. »Sie kommen mir irgendwie bekannt vor.« Deakin sah ihn kurz an, dann wandte er sich halb ab und starrte schweigend in die Ferne. »Waren Sie bei der Armee, Deakin?«
    »Nein.«
    »Ich meine bei der Union oder den Konföderierten?«
    »Weder noch.«
    »Weder noch?«
    »Ich habe Ihnen schon mal gesagt, daß ich nichts für Gewalttätigkeiten übrig habe.«
    »Wo waren Sie denn dann während des Bürgerkrieges?«
    Deakin dachte nach und sagte schließlich: »In Kalifornien. Dort erschienen einem die Vorgänge im Osten unwichtig.«
    Claremont schüttelte angewidert den Kopf: »Ihnen geht wohl nichts über Ihre eigene Sicherheit!«
    »Ich kann nichts Ehrenrühriges daran finden«, erwiderte Deakin ruhig, wandte sich ab und ging langsam in Richtung Lokomotive davon. Henry blickte ihm nachdenklich nach. Dann wandte er sich an O'Brien und sagte: »Mir geht es wie dem Colonel – ich hab' ihn auch schon mal irgendwo gesehen.«
    »Wer ist er?«
    »Das weiß ich nicht. Und ich kann mich auch nicht erinnern, woher ich ihn kenne. Aber es wird mir schon wieder einfallen.«
    Kurz nach Mittag hatte es erneut zu schneien begonnen, aber diesmal nicht so dicht, daß die Sicht nennenswert behindert gewesen wäre. Der Zug schnaufte in für die Wetterverhältnisse beachtlichem Tempo dahin, und die dicken, schwarzen Rauchwolken, die aus dem Schornstein der Lokomotive quollen, deuteten darauf hin, daß der Heizer mit Feuereifer bei der Sache war. Im Speisesalon hatten sich alle noch verbliebenen Passagiere zum Essen versammelt. Die Stimmung war düster. Claremont wandte sich an Henry: »Sagen Sie Mr. Peabody, daß wir essen.« Henry verschwand und Claremont sagte zum Gouverneur: »Der Appetit ist mir allerdings völlig vergangen.«
    »Mir geht es genauso,

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