Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Never forget - das Mädchen, das sich nicht erinnern durfte

Never forget - das Mädchen, das sich nicht erinnern durfte

Titel: Never forget - das Mädchen, das sich nicht erinnern durfte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
Vom Netzwerk:
Pick-ups, Frauen in Kleinbussen. Eine Dame, die mit einem schwarzen Labrador joggt. Einen Typen in neongrüner Windjacke auf einem Fahrrad.
    Im Obergeschoss der Bibliothek stehen reihenweise Computer. Ty zieht einen Stuhl heran, sodass wir nebeneinander vor einem PC hinten in der Ecke sitzen können.
    »Lass uns zuerst herausfinden, weshalb du dich nicht erinnern kannst«, flüstert Ty leise. Er legt die Finger auf die Tastatur. »Danach versuchen wir herauszufinden, was du nicht mehr weißt.«
    »Warum und was? Und was ist mit wer, wann, wo und wie?« Das sollte eigentlich witzig gemeint sein, doch schon bevor ich den Satz beende, erscheint mir unser Vorhaben unmöglich.
    Ty drückt meine Schulter. »Dazu kommen wir auch noch. Eins nach dem anderen.« Er wendet sich wieder dem Computer zu. Dann tippt er »plötzlicher Gedächtnisverlust« ins Suchfenster ein. Über siebzehntausend Ergebnisse. Er folgt einem Link zu einer medizinischen Website, überfliegt ein paar Zeilen, klickt auf »zurück«, sucht einen anderen Link aus und wiederholt den ganzen Prozess, wobei er fast schneller hin und her klickt, als ich folgen kann. Die meisten Seiten sind voller medizinischer Fachbegriffe.
    Auf einer Seite hält er inne. »Du hattest keine Beulen oder Wunden am Kopf. Und du hast gesagt, du hättest keine Kopfschmerzen gehabt.« Seine Stimme ist leise, als würde er Selbstgespräche führen. »Aber wenn dein Gedächtnisverlust nicht von einem Schlag auf den Kopf kam, woher dann?«
    Er klickt auf einen anderen Link, der zu einer Seite über Gehirntumore führt. Ich erstarre. Kann es das sein? Doch Ty fährt mit dem Finger die Liste der Symptome entlang und schüttelt den Kopf.
    Er macht weiter, schaut sich mehr Links an, während ich versuche mitzuhalten, indem meine Augen Hunderte von Wörtern überfliegen. Mein Blick bleibt an Symptomen und Diagnosen hängen. Ich habe kein Fieber. Ich bin nicht schläfrig. Ich bin vermutlich keine schwere Alkoholikerin.
    Dann hält er auf einer Seite an. »Schau dir das mal an.«
    In einer seltenen und unzureichend erforschten Form der Gedächtnisstörung, der sogenannten dissoziativen Amnesie, werden einige oder alle Erinnerungen an die eigene Identität einer Person vorübergehend unzugänglich. In diesem Zustand, der zwischen mehreren Stunden und mehreren Jahren anhält, vergisst das Individuum, wer es ist. Weder erinnert es sich an seinen Namen oder an irgendetwas aus seinem früheren Leben, noch erkennt es Freunde oder Familienangehörige.
    Anders als die meisten anderen Formen der Amnesie hat die dissoziative Amnesie keine bekannten physischen oder medizinischen Ursachen. Vielmehr wird sie mutmaßlich durch ein emotional traumatisches Erlebnis ausgelöst – ein Erlebnis, das so belastend ist, dass das Gehirn wie eine kaputte Computerfestplatte herunterzufahren und alles zu löschen scheint.
    Erinnerungen an Dinge, die vor diesem Erlebnis stattgefunden haben, können in diesem Zustand nicht mehr abgerufen werden. Aber anders als beim Computer, dessen nicht gespeicherte Informationen für immer verloren sind, erlangen die meisten Patienten, die an dissoziativer Amnesie leiden, ihr »verlorenes« Gedächtnis wieder zurück. Normalerweise geht dies ebenso plötzlich vor sich wie der Gedächtnisverlust.
    Ty sieht mich an. »Vielleicht ist es ja das, was du hast.«
    Es ist bereits klar, dass mir irgendetwas Schlimmes zugestoßen ist. Was immer es ist – es war schrecklich genug, um in meinem Gehirn die Reset-Taste zu drücken.
    Bedeutete das, dass es noch unerträglicher gewesen sein musste als das, was ich seither erlebt habe? Ich habe eine Waffe auf Officer Dillow gerichtet. Ich habe Brenner in den stillen Wäldern zum Sterben zurückgelassen. Aber an diese Dinge erinnere ich mich.
    Ty sieht mich immer noch aus seinen dunklen Augen abwartend an. Ich nicke ein wenig.
    »Etwas Schlimmes ist also passiert, das du vergessen musstest«, sagt Ty. »Bestimmt die Tatsache, dass sie dir die Fingernägel herausgerissen haben.«
    Ich schaue auf meine bandagierte Hand hinunter. Ich bin froh, dass ich mich daran nicht mehr erinnern kann. Aber würde das genügen, um mich alles vergessen zu lassen? Würde das meinem Gehirn reichen, um eine Barriere zu errichten, die mich von allem, was vorher geschah, abschirmt?
    Es ist, als könnte ich die Mauer in meinem Kopf fühlen. Will ich wirklich wissen, was sich dahinter verbirgt? Klopft es da gerade etwa auf der anderen Seite? Ich schaudere.
    Ty scheint zu

Weitere Kostenlose Bücher