Never Knowing - Endlose Angst
Handy ausgeschaltet. Ich hinterließ keine Nachricht – ich wusste nicht, was ich sagen sollte.
Als Evan später am Abend anrief, arbeitete ich gerade in der Werkstatt. Mein Magen zog sich zusammen, und ich holte tief Luft, ehe ich abnahm. Auf geht’s.
Er sagte: »Hallo, Schatz. Es tut mir leid wegen heute Nachmittag, ich war echt ein Trottel. Aber dieser Typ ist nun einmal ein übler Kerl, und ich glaube nicht, dass du kapiert hast, wie gefährlich er ist.«
Ich stieß den Atem aus. Alles würde wieder gut werden.
»Doch, das habe ich, Evan. Natürlich weiß ich das. Und ich hoffe wirklich, dass du das, was du über unsere Beziehung gesagt hast, nicht so gemeint hast, weil ich unsere Einladungen rausgeschickt habe.« Ich lachte.
Evan schwieg. Meine Brust zog sich zusammen.
Ich sagte: »Jetzt machst du mir Angst.«
»Und du machst mir Angst, Sara. Ich will dich heiraten und mein Leben mit dir verbringen. Ich liebe dich, aber du bringst dich und Ally in Gefahr. Ich möchte dich beschützen, aber du hörst nicht auf mich.«
»Seit wann muss ich alles befolgen, was du sagst? Ich bin kein Hund.« Ich lachte, aber er nicht.
»Du weißt, wie ich es meine. Ich will nicht, dass du dich noch einmal mit ihm triffst. Ich weiß nicht, wie ich das noch deutlicher machen kann. Eigentlich wollte ich gar nicht, dass du überhaupt mit ihm redest.«
»Das weiß ich, Evan. Aber ich versuche dir zu sagen, dass ich nicht in diesem Schwebezustand leben kann. Es bringt mich um.«
»Sara. Dann mach es eben. Triff dich mit John. Ich kümmere mich nicht mehr darum. Aber ich muss jetzt ins Bett, ich habe morgen einen langen Tag.«
»Warte, Evan. Ich will darüber reden, wie …«
»Nein, das willst du nicht. Du hast dich bereits entschieden und willst nur noch, dass ich zustimme. Aber es ist egal, auf wie vielen verschiedenen Wegen du es sagst, ich bin nicht damit einverstanden. Darüber zu reden ist nichts als vergeudete Energie.«
»Ich muss wissen, dass zwischen uns alles okay sein wird, wenn ich es tue.«
»Ich weiß es nicht, Sara.«
Inzwischen weinte ich. »Du und Ally seid für mich die wichtigsten Menschen auf der Welt, Evan. Ich will dich nicht verlieren, aber ich verliere mich selbst. Ich kann nicht essen, nicht schlafen, nichts. Ich bin ein einziges Wrack. Kannst du das nicht sehen?«
»Entscheide dich einfach.« Er klang resigniert.
Er sagte gute Nacht, und ich antwortete ihm flüsternd durch meine Tränen. Dann zog ich eins von seinen T-Shirts an und kletterte ins Bett. Ich konnte mir ein Leben ohne Evan nicht vorstellen – ich
wollte
kein Leben ohne ihn. Aber wenn ich dieser Sache mit John kein Ende machte, wäre meine Beziehung trotzdem bald am Ende, weil ich immer mehr durchdrehte. Egal wie, ich war ohnehin erledigt.
Evan hatte recht, ich musste mich entscheiden, und ich wusste, wie diese Entscheidung aussehen würde. Es gab nur einen Ausweg. Nur so könnte mein Leben wieder normal werden. Ich betete nur, dass Evan dann noch ein Teil dieses Lebens sein würde.
Am nächsten Morgen rief John mich auf dem Handy an, als ich gerade Ally zur Schule brachte. Dieses Mal probierte ich etwas anderes aus.
»Hi, John, ich bringe gerade Ally zur Schule, aber ich rufe dich zurück, sobald ich kann.«
»Aber ich will mit dir reden.« Er klang verdutzt.
»Klasse, denn ich würde auch gerne mit dir über das sprechen, über das wir uns gestern unterhalten haben.«
»Ich kann das Handy nicht anlassen. Aber ich muss …«
»Okay, dann ruf mich in einer halben Stunde zu Hause auf dem Festnetz an.« Ich legte auf.
Ich hielt den Atem an und erwartete, dass er prompt zurückrufen würde, aber das tat er nicht. Billy rief an, um mir zu sagen, dass John wieder in der Nähe von Williams Lake sei und dass sie jeden verfügbaren Officer auf der Straße hatten. Auf die Minute eine halbe Stunde später rief John mich auf dem Festnetz an. Während er damit herumprahlte, an diesem Morgen einen Schwarzbären durchs Moor verfolgt zu haben, rang ich mit mir, ob ich darauf warten sollte, bis er die Sprache auf ein weiteres Treffen brachte, oder ob ich es selbst erwähnen sollte. Als er anfing zu beschreiben, wie er den Bären ausgeweidet hatte und den hundertzwanzig Kilo schweren Kadaver anschließend aus dem Busch gezerrt hatte, ohne ins Schwitzen zu kommen, unterbrach ich ihn.
»Es muss schwierig sein, einen Bären zu erschießen. Ich hätte Angst, ihn zu verfehlen und dass er sich dann auf mich stürzt.«
»Ich
Weitere Kostenlose Bücher