Never Knowing - Endlose Angst
mich und schlug ihn, so kräftig ich konnte, gegen die Schläfen. Er hob die Hand, seine Finger tasteten nach der blutenden Wunde, die an der Seite seines Kopfes klaffte. Er sank auf die Knie. »Sara …« Seine Stimme klang gequält. Blut strömte aus der Wunde.
Mühsam kam ich wieder auf die Beine. Mit beiden Händen hielt ich den Stein fest, schlug hart und schnell zu und schmetterte ihn mit einem lauten
Knack
auf seine Schläfe. Der Stein rutschte mir aus der Hand und fiel ein paar Schritte weiter spritzend in den Fluss.
John kippte vornüber in den Fluss, dann richtete er sich schwankend auf Händen und Füßen auf. Er schüttelte den Kopf und streckte eine Hand nach mir aus, während ich zurückkroch. Sein Oberkörper landete auf meinen Beinen. Ich drehte mich zur Seite weg und kam auf die Füße. Er erhob sich unsicher. Ich trat ihn seitlich gegen das Knie. Er stolperte und verlor das Gleichgewicht, bis er auf den Rücken fiel. Ich sprang auf ihn und verlagerte mein ganzes Gewicht auf seine Brust. Sein Kopf tauchte unter, und er schlug um sich, krallte sich an meine Beine. Ich ließ ein Knie auf seiner Brust und drückte das andere hart auf seine Kehle. Er bäumte sich erneut auf, warf mich beinahe ab. Meine Hände zogen einen weiteren Stein aus dem Wasser. Ich schlug ihn gegen seinen Kopf. Er kämpfte noch erbitterter, die Hände zerkratzten meine Beine. Ich schlug wieder und wieder und wieder auf ihn ein. Ich merkte, dass ich schrie. Das Wasser um seinen Kopf herum färbte sich rot.
Er lag still.
Mein Herz hämmerte, als ich keuchend nach Luft schnappte. Ich kniete weit länger auf ihm, als er je die Luft unter Wasser hätte anhalten können. Schließlich löste ich mein Knie, stand auf und taumelte zurück. Meine Beine waren plötzlich weich. Sanft trieb sein Körper nach oben. Sein Gesicht glich einer Schreckensmaske, der Mund stand weit offen, ins rote Haar mischte sich Blut. In einer klaffenden Wunde an der Seite sah ich weißen Knochen.
Ich kroch über die rutschigen Felsen bis zum Ufer, dann kauerte ich mich hin und würgte das Wasser und meine Angst in den Sand.
Ich hatte ihn getötet. Ich hatte meinen Vater getötet. Ich starrte auf seinen reglosen Körper, sah zu, wie er mit der Strömung davontrieb, während ich am ganzen Leib heftig zitterte.
Taumelnd kletterte ich den Pfad hoch. Erschöpft, wie ich war, rutschte ich mehrmals aus, klammerte mich an Wurzeln und Farne, um meinen zerschlagenen Körper wieder hochzuziehen. Als ich oben war, hatte ich die Orientierung verloren und konnte den Pfad nicht wiederfinden, der in den Wald führte, wo ich Ally zurückgelassen hatte. Ein paar Minuten lang drohte mir fast das Herz stehenzubleiben, während ich meine Schritte zurückverfolgte, bis ich eine alte, verdrehte Zeder wiedererkannte und die Höhle wiederfand.
»Ally, ich bin’s, jetzt kannst du herauskommen.« Als sie nicht antwortete, geriet ich in Panik, doch dann hörte ich eine Bewegung, und sie warf sich mir in die Arme und warf mich dabei beinahe um. Weinend klammerten wir uns aneinander.
Schließlich löste sie sich von mir. »Ich habe dich schreien gehört, aber ich habe mich weiter versteckt, wie du mir gesagt hast.«
»Das hast du großartig gemacht, Ally. Ich bin unheimlich stolz auf dich.«
Sie rümpfte die Nase. »Du bist ja ganz nass.«
»Ich bin ins Wasser gefallen.«
Mit großen Augen schaute sie sich um und flüsterte: »Wo ist der böse Mann?«
»Er ist fort, Ally, und er wird nie wiederkommen.«
Sie umarmte mich ganz fest. »Ich will nach Hause, Mommy.«
»Ich auch.«
Im Camp glimmte das Feuer noch, und beim Anblick der Bratpfannen auf dem Boden und von Johns umgekipptem Stuhl lief mir ein kalter Schauder über den Rücken. Ich hatte das Handy im Fluss verloren und hoffte, dass er seines im Wohnwagen oder im Truck gelassen hatte. Doch als ich mich rasch umschaute, entdeckte ich weder das Telefon noch seine Schlüssel.
Jetzt, wo die Wirkung des Adrenalins langsam nachließ, konnte ich nicht aufhören zu zittern. Ich zog eine Jacke an, die John im Wohnwagen hängen hatte, und würgte, als mir sein Geruch, vermischt mit dem Duft von Holzfeuer, in die Nase stieg. Ich suchte nach den Schlüsseln für den Truck. Als ich sie nach zehn Minuten immer noch nicht gefunden hatte, geriet ich in Panik. Ally, vollkommen verängstigt nach allem, was sie durchgemacht hatte, klebte mir an den Fersen, während ich den Wohnwagen und den Truck durchwühlte.
Johns Schlüssel
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