Never Knowing - Endlose Angst
angezeigt.
»Hallo?«
»Dürfte ich bitte mit Sara sprechen?«
Ich erkannte die kultivierte Stimme. Mein Puls beschleunigte sich.
»Sind Sie es, Julia?«
»Sind Sie allein?« Ihre Stimme klang gepresst.
»Ich bin in meiner Werkstatt, Ally ist in der Schule. Ich wollte gerade zum Lunch reingehen … ich habe das Frühstück heute ausfallen lassen …« Ich plapperte drauflos.
»Sie hätten nicht noch einmal anrufen sollen.«
»Es tut mir leid, aber ich habe herausgefunden, wer Sie wirklich sind, und ich hatte nicht gedacht …«
»Offensichtlich nicht.«
Es tat weh, und ich hielt den Atem an.
»Rufen Sie nie wieder hier an.« Dann legte sie auf.
Ich reagierte mit meiner üblichen Grazie und Gelassenheit – pfefferte das Telefon quer durch die Werkstatt, so dass die Batterie raussprang und das Ding unter ein Regal rutschte. Dann stürmte ich ins Haus und verschlang eine Packung von Allys Oreo-Snacks und eine Tüte Cracker und fluchte jedes Mal, wenn ich mir ein Stück in den Mund schob. Sie hatte mit mir gesprochen, als sei ich etwas, in das sie hineingetreten war, etwas, dass sie sich vom Schuh kratzen wollte. Mein Gesicht war heiß, und Tränen brannten in meinen Augen, als ich dachte, was ich immer dachte, wenn ein Exfreund mich verlassen oder versetzt hatte oder wenn Dad meine Hand nicht ergriff, wenn ich sie nach ihm ausstreckte: Was stimmt nicht mit mir?
Eine Stunde später war ich immer noch zu erregt, um mich auf irgendeine Arbeit zu konzentrieren. Und der Hochzeitskram? Vergiss es! Ich überlegte, Evan anzurufen, aber dann hätte ich erklären müssen, was ich davor getan hatte. Ich schnappte mir die Autoschlüssel.
Lauren und Greg leben immer noch in dem Haus, das sie nach ihrer Hochzeit gekauft haben. Mom und Dad halfen ihnen bei der Anzahlung, was bedeutete, dass Dad ihnen sagte, was sie kaufen sollten. Es ist ein schlichter Siebzigerjahre-Kasten, fünf Zimmer, aber man hat einen phantastischen Blick auf die Departure Bay und die Fähren, die hinter Newcastle Island auftauchen. Ich wollte in dieselbe Gegend ziehen, aber als Evan und ich auf Haussuche waren, stand hier nichts zum Verkauf. Wir sind schließlich in einem neueren Viertel gelandet, aber ich liebe unser Haus. Es ist ein neueres Westküstenhaus mit Zedernholzverkleidung, Arbeitsplatten aus erdfarbenem Granit und Edelstahlgeräten.
Greg ist immer noch dabei, ihr Haus zu renovieren, aber wenn es einmal fertig ist, wird es sehr schön sein. Lauren hat es im Laufe der Jahre mit handgenähten Vorhängen, Wandfarben in Pastelltönen und Vasen voll frischer Blumen schon erheblich verschönert. Ich stibitze andauernd etwas aus ihrem Gemüsegarten.
Ich klopfte an die Hintertür und stieß sie auf. »Hey, ich bin’s, Sara.«
Sie schrie von oben: »Bin in Brandons Zimmer.«
Als ich das mit Eishockey-Motiven dekorierte Zimmer betrat, räumte Lauren gerade die Wäsche ein. Ich rollte mich auf der Steppdecke mit dem Wappen der Vancouver Canucks zusammen und klemmte das Kissen zwischen die Arme, während ich Lauren zusah und sie darum beneidete, wie zufrieden sie mit ihrem Leben war.
Mit einem Paar Socken in der Hand hielt sie inne. »Was ist los?«
»Ich will eigentlich nicht darüber reden.«
Mit neckender Stimme erklärte sie: »Sag es mir! Sofort!« Sie hielt eine Socke in die Höhe, als wollte sie damit nach mir werfen.
»Es geht mir gut. Ich wollte nur mal ein bisschen abhängen.«
»Bist du immer noch so mitgenommen wegen deiner leiblichen Mutter?« Sie drehte sich um, räumte die Socken weg und öffnete die nächste Schublade.
Ich hatte nicht vorgehabt, es ihr zu erzählen, wollte einfach nur eine Weile ihre Herzlichkeit genießen, aber ehe ich recht wusste, was geschah, sprudelten die Worte aus mir heraus.
»Ich habe herausgefunden, wer mein richtiger Vater ist.«
Sie drehte sich um, ein kleines blaues T-Shirt in der Hand.
»Du hörst dich nicht besonders glücklich an. Wer ist er?«
Ich war hin- und hergerissen zwischen Furcht, was Lauren denken könnte, und dem Bedürfnis, dass sie mir sagte, es sei in Ordnung. Ich wollte, dass sie mich dazu brachte, mich besser zu fühlen, wie sie es immer schaffte. Ich dachte daran, dass Evan mich gewarnt hatte, niemandem davon zu erzählen. Ich dachte daran, dass ich Julia geschworen hatte, niemandem davon zu erzählen. Aber Lauren war meine Schwester.
»Du darfst es
niemandem
erzählen – nicht einmal Greg.«
Sie legte eine Hand aufs Herz. »Versprochen.«
Mein
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