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Never Knowing - Endlose Angst

Never Knowing - Endlose Angst

Titel: Never Knowing - Endlose Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chevy Stevens
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wollten Lauren und ich uns als Cheerleader verkleiden. Melanie wollte auch so ein Kostüm, aber wir hatten nur zwei gemacht, also erklärte ich ihr, sie würde als Prinzessin gehen. Sie schnappte sich meine Puschel, rannte aus dem Zimmer und schrie, sie würde sie ins Feuer werfen. Ich jagte ihr nach, rutschte im Flur aus, stieß eine Lampe um und zerbrach den Schirm. Als ich Dad davon erzählte, wurde er wütend – nicht wegen der Lampe, sondern weil ich Melanie hätte einbeziehen sollen. Er verbot mir, selbst Süßigkeiten einzusammeln, und erlaubte Melanie, mein Kostüm anzuziehen. Das Schlimmste war, dass er mich zwang, mit ihnen von Haus zu Haus zu ziehen. Ich erinnere mich noch, wie Melanie zu den Türen hochhüpfte, in dem Kostüm, an dem ich wochenlang gearbeitet hatte. Der kleine Rock schwang bei jedem Schritt mit. Mir brach das Herz, wenn die Leute ihr sagten, wie niedlich sie darin aussähe.
    Als wir alle in den Zwanzigern waren und keine mehr von uns zu Hause wohnte, kamen wir langsam besser miteinander klar. Nach Allys Geburt besuchte Melanie mich manchmal und hing bei mir herum, wir sahen uns zusammen Filme an, lachten und aßen Popcorn. Es war klasse, als wären wir endlich Schwestern. Wir stritten immer noch hin und wieder, aber richtig heftig wurde es nur, wenn ich versuchte, ihr Ratschläge zu ihren Freundschaften zu erteilen oder zu den Typen, mit denen sie zusammen war. Als sie mit Kyle zusammenkam, machte ich mir Sorgen, er könnte sie ausnutzen, weil sie in einer Bar arbeitet. Ich sagte es ihr, und sie flippte total aus. Wir sprachen eine ganze Weile nicht mehr miteinander. Dann lernte ich Evan kennen, und Dad begann, uns zum Abendessen einzuladen – er rief nur an, wenn Evan zu Hause war – und Familienbrunchs oder Grillabende zu organisieren.
    Melanie verpasste ziemlich viele dieser Abendessen, weil sie arbeitete, aber wenn sie es zu einem schaffte, giftete sie mich an, vor allem, wenn ihr Freund dabei war. Ich weiß nicht, ob sie einfach nur sauer war, weil Dad Evan lieber mochte als Kyle oder weil ich Kyle ebenfalls nicht ausstehen konnte, aber sie war ganz versessen darauf, mich schlecht dastehen zu lassen. Wenn ich dann die Beherrschung verlor, fuhr Dad mich hart an, sagte aber keinen Ton gegen Melanie. Je mehr ich versuchte, nicht zu reagieren, desto stärker provozierte sie mich. Inzwischen hatte ich jedes Mal, wenn wir über die Hochzeit sprachen, das Gefühl, wir rüsteten uns für einen Kampf.
    Lauren hing immer irgendwo dazwischen, und ich wusste, dass es ihr wahrscheinlich peinlich war, wie es früher gelaufen war, was wiederum
mir
peinlich war. Aber mich plagten noch aus einem anderen Grund Schuldgefühle, und ich notierte mir, dass ich sie daran erinnern musste, niemandem von meinem leiblichen Vater zu erzählen.
    Am nächsten Morgen verschlief ich und musste mich abhetzen, um Ally zur Schule zu bringen. Dann rief ein Kunde an, für den ich ganz dringend in letzter Sekunde eine Flurgarderobe reparieren sollte, die bei einer Antiquitätenausstellung gezeigt werden sollte. Ich hatte keine Gelegenheit, Lauren anzurufen, und als ich ins Bett fiel, schwor ich mir, mich am nächsten Tag darum zu kümmern. Doch ich tat es nicht, und als aus den Tagen eine Woche geworden war, rutschte ich wieder in eine Depression.
    Die einfachsten Aufgaben schienen unüberwindlich, und mein ganzer Körper tat mir weh. Allein die Vorstellung, zur Therapie zu gehen, erschöpfte mich. Ich schlief zu viel, aß zu viel und blieb den ganzen Nachmittag auf dem Sofa liegen und sah mir Filme an. Ich musste mich zwingen, mit Elch rauszugehen, führte ihn von seinem Lieblingsweg durch den Wald fort und in den sicheren, belebteren Freizeitpark in der Nähe. Normalerweise sehe ich ihm gern zu, wenn er Kaninchen über den Platz jagt, ich liebe den erdigen Geruch nach Heu und Tieren, der immer noch in der Luft hängt. Aber jetzt sahen die Buden nur alt und verlassen aus, während ich durch die Pfützen schlurfte.
    Ansonsten riss ich mich nur um Allys willen zusammen. Mit aller Kraft, die mir noch geblieben war, versuchte ich zu verstecken, wie ich mich fühlte. Aber ich war nicht besonders erfolgreich damit. Eines Tages fuhren wir in einem Wolkenbruch nach Hause, was für März nichts Ungewöhnliches ist oder für irgendeinen anderen Monat an der Küste, doch diesmal drückte es noch weiter auf meine ohnehin düstere Stimmung. Wir hielten an einer roten Ampel an, und ich starrte durch die Windschutzscheibe.
    Ally

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