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Never tell a lie - Lügen können töten - Psychothriller

Never tell a lie - Lügen können töten - Psychothriller

Titel: Never tell a lie - Lügen können töten - Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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herunterhing, und zog vorsichtig daran. Über ihr ertönte ein Quietschen. Das Kabel ließ sich etwa fünfzehn Zentimeter weit herunterziehen, dann hing es fest. Sie zog mit aller Kraft daran, bis ihr Arm zitterte. Als sie die Hand wieder aus dem Schacht zog, waren ihre Finger mit Rost bedeckt, und über ihre Handfläche verlief ein roter Striemen, wo das Kabel in ihre Haut geschnitten hatte.
    Ivy wog die Möglichkeiten ab. Das Kabel. Der Schacht. Wenn es ihr gelang, hinunterzuklettern, konnte sie durch die Schiebetür auf den Treppenabsatz im ersten Stock entkommen. Es war eine Fluchtmöglichkeit, wenn sie den Mut aufbrachte, es zu versuchen, und ihre Entschlossenheit und ihre Kraft ausreichten, um es zu schaffen. Verzweifelt genug war sie jedenfalls.

    Schließlich war es nichts anderes als das Klettern an einem Seil - Coach Reiners Lieblingsübung und, wie er behauptete, das ultimative Fitnesstraining. Angeblich gab es nichts Besseres, um Durchhaltevermögen und Konzentration zu verbessern.
    Ivy hätte schon immer lieber hundert Liegestützen mit einem Fünfzehn-Kilo-Sack auf dem Rücken gemacht, als ein Seil hinaufzuklettern, doch solange es aufwärts ging, hatte sie sich konzentrieren können. Abwechselnd mit beiden Händen hatte sie sich hinaufgezogen, das Seil um ein Bein gewickelt und mit dem anderen fixiert. Der Abstieg galt als Kinderspiel - man brauchte nur zu bremsen und wieder loszulassen und die Arbeit den Beinen und der Schwerkraft zu überlassen.
    Aber so oft Coach Reiner ihr auch eingeschärft hatte, nicht nach unten zu schauen, sobald es abwärts ging, hatte sie es doch getan. Ihr Mund war trocken und ihre Hände waren glitschig geworden, sie hatte zu schwitzen begonnen und das übelkeiterregende, magenverdrehende Gefühl gehabt, dass der Boden auf sie zuraste und ihr ins Gesicht schlug. Es war jedes Mal blamabel gewesen, wenn der Trainer hinter ihr her klettern und sie überreden musste, ihre verkrampften Finger vom Seil zu lösen und sich mit dem Hinterteil in eine Rettungsschlinge zu setzen.
    Aber dieses Kabel war nicht einmal ein Viertel so dick wie ein Kletterseil, und es hatte scharfe Kanten. Um daran herunterrutschen zu können, würde sie etwas brauchen, das ihre Hände schützte und das ihr Haftung gab. Und es war nicht biegsam, sie würde es nicht um ihr
Bein wickeln können, um zu bremsen und wieder loszulassen. Sie würde eine Schlinge brauchen, die ihr Gewicht trug, so wie die, die Coach Reiner benutzt hatte, um sie herunterzuholen.
    Aber was konnte sie dafür verwenden?
    Ivy sah sich im Zimmer um. Bettdecken und Laken waren verschwunden. Alle Handtücher und der Duschvorhang waren aus dem Badezimmer entfernt worden. Nur ein einziger Gegenstand war noch da. Ihr Blick wanderte zu der Zwangsjacke, die zusammengeknüllt auf dem Boden lag.
    Sie ging hinüber und hob sie an den Ärmeln hoch. Das dicke Material schien haltbar genug zu sein. Sie hielt sie ausgebreitet vor sich wie eine leere Vogelscheuche. Sie zerrte an einem der Lederriemen und untersuchte die Schnallen. Sie waren fest angenäht.
    Sie hörte Geräusche aus der Küche. Eine Schranktür wurde zugeschlagen, dann noch eine. Eine Schublade wurde aufgerissen und wieder geschlossen, dann eine weitere Schublade und noch eine. Melinda suchte nach etwas.
    Stellt es euch bildlich vor . Das hatte Coach Reiner ihnen immer wieder empfohlen. Sie sah genau, wie sie es machen musste. Es könnte funktionieren. Es musste funktionieren.
    Ivy rollte die Zwangsjacke zu einer dicken Wurst zusammen, die um das Kabel geschlungen werden konnte, so dass sie es besser fassen konnte. Die Ärmel mit den langen Riemen an den Enden konnten als haltbare Schlinge dienen.

    Sie ging zum Schacht zurück, beugte sich vor und streckte die Hand hinein. Der Schacht war kaum mehr als eine Armlänge breit, und die Entfernung von der Vorderseite zur Rückwand war ebenso groß. Sie strich mit der Hand über die verputzten Wände und die ungehobelten Kanthölzer, mit denen der Schacht in unregelmäßigen Abständen ausgekleidet war. Auf deren Kanten und auf die Holzrahmen der fensterartigen Öffnungen in jedem Stockwerk konnte sie ihre Füße abstützen.
    Die Geräusche, die von unten heraufdrangen, hörten sich an, als würde die Kühlschranktür geöffnet und wieder geschlossen. Schritte wurden erst leiser und waren schließlich gar nicht mehr zu hören.
    Vielleicht kam Melinda zurück.
    Ivy schloss die Schiebetür des Speiseaufzugs und warf die Zwangsjacke an die

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