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Nevermore

Nevermore

Titel: Nevermore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly Creagh
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Dachboden. Sie war schließlich nicht verrückt - oder vielleicht doch? Isobel konzentrierte sich auf einen Knubbel im Holz und versuchte sich daran zu erinnern, was Reynolds zu ihr gesagt hatte. Was hatte er gleich noch gesagt über -
    »Varen?«, fragte sie atemlos. Abrupt stand sie auf und blickte auf den Stuhl neben ihr. Doch da lag nur ihre Hausarbeit, sauber in einen Plastikordner eingeheftet.
    Sie beobachtete, wie die anderen ihre Hausarbeiten daraufstapelten und die saubere gotische Schrift, die Varen für den Titel gewählt hatte, darunter begruben.
    Isobel sah auf und richtete den Blick auf Varens Tisch in der Ecke. Leer. Seine Schultasche, sein schwarzes Buch - weg.

 
     
    Pinfeathers
     
    Isobel war bereits halb zur Tür hinaus, als sie mit ihrem Vater zusammenstieß. In hohem Bogen segelte der zusammengebastelte Rabe auf den Boden.
    »Achtung, Iz!« Er fasste sie an den Schultern, damit sie nicht hinfiel. »Wie haben wir abgeschnitten? Was meinst du?« Ihr Dad sah auf die Uhr. »Ich sollte Zusehen, dass ich ins Büro komme. Sonst schaffe ich es nicht, rechtzeitig vor dem Spiel zurückzukommen und dich abzuholen.« Er bückte sich, um den Plüschtukan aufzuheben, und bevor Isobel auch nur den Mund aufmachen konnte, um etwas zu erwidern, erschien Bobby Bailey und stellte sich zwischen sie und ihren Vater - mit seinen zwei Metern verdeckte er Isobel völlig.
    »Mann, das war echt stark«, sagte er und verwickelte Isobels Vater in eine ganze Reihe komplizierter Handschläge und Fauststöße.
    »Danke«, antwortete ihr Dad und manövrierte sich, so gut er konnte, durch das Willkommen-im-Klub-Ritual. »Äh, freut mich, dass es dir gefallen hat… Mann.«
    Isobels Augen grasten den Flur nach Varens vertrauter Gestalt ab - doch sie konnte ihn nicht entdecken. Sie schob Bobby mit dem Ellbogen zur Seite. »Dad, hast du gesehen, in welche Richtung Varen gegangen ist?«
    Bobby stieß ein letztes Mal mit seiner Faust gegen die von Isobels Dad, bevor er davonstob, ihr Vater klemmte sich den Stoffvögel unter den Arm und runzelte die Stirn.
    »Ja«, sagte er und zeigte mit dem Finger den Gang hinunter, »in die Richtung ist er abgerauscht. Hat nicht mal Hallo oder Danke gesagt.«
    »Daddy, danke. Das war wirklich super, echt.« Sie umarmte ihn kurz und drückte ihm dann den Gettoblaster in die Hand. »Kannst du den bitte für mich mitnehmen? Ich muss los!« Ohne eine Antwort abzuwarten, drehte Isobel sich um und lief davon. Sie bahnte sich einen Weg durch die Menge und sprang immer wieder hoch, um über die wippenden Köpfe sehen zu können. In solchen Situationen hasste sie es, so klein zu sein. Sie hasste es auch, ihren Vater einfach so stehen zu lassen, mitten in dem wuseligen Chaos, immer noch als Poe verkleidet und mit ihrer blauen Stereoanlage beladen.
    Zunächst konnte sie Varen nirgendwo sehen. Dann lichteten sich plötzlich die Schülermassen vor ihr und gaben die Sicht auf ihn frei. Isobel kämpfte sich zu ihm durch. »Varen!«
    Hatte er sie nicht gehört? Sie rannte ihm nach und hatte ihn fast eingeholt. Wieder rief sie nach ihm. Warum drehte er sich denn nicht um? Varen bog um die Ecke, ohne einen Blick zurückzuwerfen. Isobel bog gleich hinter ihm um die Kurve - und kam schlitternd zum Stehen.
    Er war verschwunden.
    Es war keine zwei Sekunden her, dass er direkt vor ihr gewesen war, und jetzt war an der Stelle, wo er hätte stehen müssen … nichts.
    Isobel warf einen Blick in das nächstgelegene Klassenzimmer. Leer. Sie drehte sich langsam im Kreis. Spinde wurden zugeschlagen. Irgendwo in der Ferne ertönten die Rufe ihres Lieblings-Sprechgesangs: »Ich sage Trenton, ihr sagt Hawks! Trenton! Hawks! Trenton! Hawks! Ich sage nieder, ihr sagt Bulldogs! Nieder! Bulldogs! Nieder! Bulldogs!« Schüler strömten lachend und plaudernd an ihr vorbei und niemand schien zu bemerken, dass hier gerade ein Mensch vom Erdboden verschluckt worden war.
    Als Isobel die Kantine betrat, sah sie sofort Gwen an ihrem Tisch sitzen. Und Stevie, was keine große Überraschung war. Neben ihm saß allerdings jemand, den sie dort nicht erwartet hatte. Dieser Jemand saß am Tischende, stocherte in einem Tacosalat herum und blies, den fröhlichen Hängeohrringen zum Trotz, Trübsal. Nikki.
    Für einen Moment trafen sich ihre Blicke. Isobel widerstand dem Drang, wegzusehen und einen verstohlenen Blick zum Tisch ihrer früheren Clique zu werfen. Oder besser gesagt zu dem, was davon noch übrig war. Wenn Nikki tatsächlich gerade

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