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Nevermore

Nevermore

Titel: Nevermore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly Creagh
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des Jungen.
    »Wo denn?«, fragte Gwen. »ich sehe niemanden.«
    »Er sitzt genau dort. Direkt neben Brad. Nikki, du siehst ihn doch, oder?« Isobel blickte zu ihrer ehemaligen besten Freundin, die sie mit einer Mischung aus Kränkung und Zweifel ansah.
    »Willst du mich verarschen oder was?«
    »Was? Nein! Ich -«
    »Iz«, warf Stevie ein, »Nikki hat versucht, sich bei dir zu entschuldigen.«
    »Ja, ich weiß!«
    »Zzsss!« Nikki schob ihr Tablett beiseite, holte ihre Straußenbeine unter dem Tisch hervor und stand auf. »Ich wusste doch, dass du mir nicht zuhören würdest.« Sie ließ ihr Tablett stehen und stolzierte hastig Richtung Innenhof davon.
    Mit einem tiefen Seufzer richtete Stevie sich auf. Bevor er Nikki nachlief, warf er Isobel einen bösen, missbilligenden Blick zu.
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein, darum geht es doch gar nicht! Schau doch nur!« Sie deutete mit dem Finger. »Genau da drüben! Er sitzt genau dort. Er hat -«
    Stevie ignorierte sie und wandte sich zum Gehen.
    Isobel sah den beiden nach. Sie bemerkte, dass der Junge, der neben Brad saß, sich zu ihr umgedreht hatte und sie anstarrte. Rasch ließ sie den Arm sinken. Irgendetwas in ihrer Magengrube sagte ihr, dass sie besser nicht mit dem Finger auf ihn gezeigt hätte.
    »Isobel«, begann Gwen, »sei mir nicht böse, aber ich muss mich ausnahmsweise den Cheerleadern anschließen. Das ist nicht witzig.«
    Völlig fassungslos beobachtete Isobel, wie der Junge mit den blutroten Haaren seine dünne, unnatürlich lange Hand hob, deren Fingerspitzen in langen, klauenartigen roten Krallen endeten. Er winkte ihr zu und Isobel spürte, wie ihr das Herz in die Hose rutschte. Ihr Mund wurde plötzlich trocken wie Papier.
    Sie konnten ihn nicht sehen! Niemand konnte ihn sehen! Niemand außer ihr. Noch nicht einmal Brad, der direkt neben ihm saß, schenkte ihm Beachtung. Er beugte sich über den Tisch und beriet sich mit Mark, der anscheinend auch nichts bemerkte. Genau wie Alyssa, die gleichgültig mithörte und sich die Fingernägel lackierte.
    »Ich … ich bin gleich wieder da«, murmelte Isobel und stützte sich auf der Tischplatte ab, als sie aufstand.
    »Was? Warte mal, wo willst du hin? Isobel! Du hast doch nicht allen Ernstes vor, da rüberzugehen. Hey! Bist du verrückt geworden? Setz dich wieder hin!«
    Sie spürte, wie Gwen ihren Faltenrock zu fassen bekam. Doch Isobel riss sich los. Ihr Herz pochte rhythmisch in ihren Ohren, als sie sich zu der breiten Fensterfront aufmachte und geradewegs auf den Tisch zusteuerte, an dem ihre früheren Freunde saßen. Leises Gemurmel und das Scheppern und Klappern von Besteck und Tabletts umgab sie. Irgendwo hinter ihr brach ein ganzer Tisch in Gelächter aus. Es fühlte sich alles so echt an, so normal.
    Das Gespräch zwischen Brad und Mark verstummte, als Alyssa mit einem noch nicht lackierten Nagel auf den Tisch klopfte. »Seht mal, wer hier ist, um zu quatschen.«
    Doch Isobel war nicht nach Reden zumute. Zumindest nicht mit ihnen.
    Der merkwürdige Typ mit den blutroten Haaren saß ganz dicht am Fenster, einen Platz von Brad entfernt, und wandte jsobel den Kopf zu. Jetzt konnte sie auch die andere Seite seines Gesichts sehen. Isobel erstarrte. Sie konnte den Blick nicht von dem zerklüfteten schwarzen Loch lösen, das seine Wange entstellte. Als ob ein ganzes Stück aus seinem Gesicht herausgeschlagen worden war wie aus einer Porzellanvase. Sie konnte geradewegs auf seinen Kiefer und zwei Reihen roter, dolchartiger Zähne sehen.
    Angst pulsierte durch ihren ganzen Körper, wie hypnotisiert stand Isobel da. Er wirkte schrecklich und faszinierend zugleich, wie ein zum Angriff bereiter Skorpion, eckig und kantig und bedrohlich.
    Ihre Nerven waren zum Zerreißen gespannt. Sie setzte sich wieder in Bewegung, entschlossen, sich zu beweisen, dass sie sich das hier nicht einbildete - dass sie wach war und dass das hier echt war. Die Augen des Jungen folgten ihr. Augen, die, wie sie jetzt erkennen konnte, keine Iris hatten. Sie waren durch und durch schwarz.
    »Ja hallo, Isobel«, begrüßte Brad sie mit gespielter überschwänglicher Freude, »was für eine Überraschung.«
    »Du kannst mich also sehen«, sagte der unheimliche Junge. Es verblüffte Isobel, dass richtige Worte aus seinem Mund kamen. Seine Stimme klang ruhig, sanft und irgendwie säurehaltig, zerfressen, so als ob er durch ein feines Radiorauschen hindurch sprechen würde.
    Sie klang auf unheimliche Weise vertraut.
    So nah, wie sie ihm

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