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Nevermore

Nevermore

Titel: Nevermore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly Creagh
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bissen hinein, rissen Fleisch und zogen Federn heraus.
    Ein Vogel, wurde Isobel mit Schrecken klar. Sie würgte. Er war dabei, einen Vogel zu fressen - eine der fetten Tauben, die immer auf dem Hof herumwatschelten, auf der Suche nach Leckereien, und die es wahrscheinlich nie für möglich gehalten hätten, dass sie eines Tages selbst zu einer Leckerei werden konnten.
    Isobel riss die Autotür auf und stieg ein. Eilig zog sie sie zu und verriegelte sie. »Okay, fahr los.«
    Gwen steckte den Schlüssel ins Zündschloss und drehte ihn um. Das Auto beschwerte sich mit einem hohen, quietschenden Klagen, erwachte dann aber rumpelnd zum Leben.
    Isobel blickte noch einmal in den Seitenspiegel und ihr blieb vor Panik fast das Herz stehen, als sie sah, wie die Kreatur den zerfetzten, blutigen Vogel sinken ließ und aufblickte. »Gwen, wir müssen hier weg. Jetzt sofort!«
    Gwen bewegte den Schaltknüppel hin und her, um den Rückwärtsgang einzulegen. »Wieso? Ist da etwa ein Lehrer?«
    Isobel schaute wieder in den Spiegel und beobachtete, wie das Wesen höhnisch lächelte und langsam seine Stiefel auf den Gehweg stellte. Sie rutschte auf ihrem Sitz herum, um aus der Heckscheibe sehen zu können. Doch sie sah lediglich in Reihen parkende Autos. Er war verschwunden.
    Zu Isobels Erleichterung parkte Gwen schnell aus und bugsierte das Auto in Richtung Ausfahrt.
    Mit einem dumpfen Klatschen prallte der Vogel gegen die Windschutzscheibe.
    Gwen schrie auf und trat mit dem Fuß auf die Bremse. Einen Augenblick lang saßen sie beide wie gelähmt da. Etwas bewegte sich und warf einen Schatten auf Isobels Seite. Ein leises klopf, klopf, klopf ertönte von ihrem Fenster.
    »Was war das?«, flüsterte Gwen.
    Isobel drehte den Kopf, um genauer hinzusehen.
    Jetzt waren es zwei. Der Erste - der mit dem fehlenden Auge - beugte sich mit seinem noch vorhandenen schwarzen, seelenlosen Auge näher zur Scheibe. Er blinzelte ihr zu und beobachtete sie wie ein Hai durch das Glas eines Aquariums. Der Zweite stand gleich dahinter, grinsend. Sein Gesicht war zwar vollständig, aber diagonal von einem Haarriss gespalten. Und er hatte nur einen Arm.
    Isobel spürte, wie sich jeder Muskel ihres Körpers anspannte, als sie in das verbliebene Auge von Pinfeathers Nummer eins starrte. Es sah aus wie das Auge eines Raubtiers. Langsam hob er die Faust und streckte den Daumen aus. Wie ein Anhalter zeigte er in die Richtung, in die sie fuhren.
    Isobel stupste Gwen an, die auf die verstümmelte Taube stierte, die langsam die Windschutzscheibe hinunterrutschte und dabei einen schmierigen Streifen hinterließ.
    »Gwen«, flehte sie.
    Die Kreatur mit nur einem Auge streckte jetzt die Hand nach der Tür aus und hakte ihre Finger in den Griff.
    Hatte sie abgeschlossen? Ja, fiel es ihr erleichtert ein, als er an dem Griff zog, der aber nicht nachgab. Gott sei Dank!
    Ohne Vorwarnung trat Gwen aufs Gaspedal und das Auto beschleunigte. Isobel wurde in ihren Sitz gepresst und hörte, wie Pinfeathers fauchte. Er befreite seine Hand aus dem Türgriff, viel zu schnell für Isobels Augen. Die Reifen des Cadillacs quietschten, als sie auf die Hauptstraße rasten. Erwischt zu werden war plötzlich ganz ans Ende der Liste von Dingen gerutscht, die sie beschäftigten.
    Aus Gewohnheit fasste Isobel nach dem Sicherheitsgurt. Sie schnallte sich an und drehte sich um, um über ihre Schulter aus dem Heckfenster zu schauen. Tote Blätter wirbelten in dem Windtunnel, der durch die Geschwindigkeit des Wagens entstanden war, und die Bäume, die die Straßen säumten, entfernten sich zusehends. Soweit sie es überblicken konnte, folgte ihnen niemand. Sie drehte sich wieder um und erhaschte einen Blick auf Gwens Gesicht, das blass vor Schreck war.
    »Ich werde den Eindruck nicht los, dass du mir nicht alles erzählt hast.« Gwen kniff die Augen zusammen und versuchte angestrengt, an der toten Taube vorbeizuschauen. An ihrem offenen Bauch und dem leuchtenden Weiß der Rippen darin.
    Isobel wandte den Blick ab und war plötzlich froh darüber, dass sie keine Zeit gehabt hatte, zu Mittag zu essen. Sie beugte sich nach vorne und suchte nach dem Schalter für die Scheibenwischer. Der Vogel sah ziemlich schwer aus, hoffentlich würde es funktionieren.
    »Bieg an der nächsten Ampel rechts ab«, sagte sie und betätigte versehentlich den Knopf für die Scheibenwaschanlage. Eine schaumige blaue Flüssigkeit spritzte über die Windschutzscheibe und weichte die Taube ein.
    »Iiih, widerlich«, murrte

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