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Nevermore

Nevermore

Titel: Nevermore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly Creagh
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ignoriert wurden.
    »Entschuldigen Sie, Mr Bruce? Ich bin auf der Suche nach Var-«
    »Nicht da«, grunzte er und stellte weiter Bücher ins Regal. Isobel war verblüfft. Das war nicht der nette, wenn auch etwas schrullige Mann, den sie in Erinnerung hatte.
    »Wissen Sie vielleicht, wo er sein könnte?«, fragte sie versuchsweise und ging auf ihn zu. Gwen blieb, wo sie war, ihre Autoschlüssel klapperten zwischen ihren nervösen Fingern.
    »Wenn ich es wüsste, würde ich es dir nicht sagen.«
    Isobel runzelte die Stirn und war sich nicht sicher, woher seine plötzliche Abneigung kam. Erinnerte er sich denn nicht an sie? »Ich … ich glaube, dass er in Schwierigkeiten sein könnte.«
    »Könnte!«, spottete Bruce. Er ließ das Buch, das er gerade in der Hand hielt, sinken und blickte sie an. Mit seinem guten Auge musterte er sie und runzelte die Stirn über ihre Cheerleaderuniform. Dann hustete er wieder, diesmal heftiger, und Schleim rasselte in seiner Brust. »Ich glaube, dass eine blutige Nase … und eine aufgeschlagene Lippe bedeuten, dass … die Schwierigkeiten ihn bereits gefunden haben. Und ich vermute, dass du mir als Nächstes erzählen wirst, dass du nichts damit zu tun hast.«
    Brad. Er hatte also die Wahrheit gesagt. Aber wie konnte das ein? Sie hatte Varen doch vor einer Stunde noch gesehen! Sein Gesicht… Es war doch alles mit ihm in Ordnung gewesen.
    Bruce sah sie missbilligend an und schien ihr Schweigen als Bestätigung seines Verdachts zu interpretieren. Seine Lippen wurden schmal und zitterten vor Wut. »Ich habe dir doch schon gesagt, dass ich nicht weiß, wohin er gegangen ist. Hat kein Wort zu mir gesagt, seit er heute Morgen so hier reingekommen ist. Ist nach oben gegangen und hat bis mittags geschlafen. Hat den Unterricht verpasst. Ist vor einer halben Stunde gegangen. Geh nach oben und sieh selbst nach.«
    Isobel fühlte sich wie in Watte gepackt, während sie versuchte, den Schwall widersprüchlicher Informationen zu verarbeiten, und wandte sich der Tür zum Dachboden zu. Eine sanfte Hand auf ihrem Arm hielt sie zurück.
    »Isobel«, sagte Gwen. »Komm schon. Er ist nicht hier. Sonst würde sein Auto draußen stehen. Wir müssen los.«
    Isobel drehte sich wieder zu Bruce und versuchte abzuschätzen, ob er die Wahrheit sagte. Wenn Varen erst vor einer halben Stunde den Laden verlassen hatte, wie konnte er dann in der Schule gewesen sein, um mit ihr die Projektpräsentation zu halten? Wie konnte jemand an zwei Orten gleichzeitig sein? Vielleicht hat Bruce ja unrecht, dachte sie. Er ist alt. Alte Leute verwechseln manchmal Dinge, richtig?
    »Müsstet ihr nicht eigentlich in der Schule sein?« Er scheuchte sie in Richtung Tür, so wie man lästige Fliegen verscheucht. »Ich rufe die Polizei, wenn es das ist, was ihr wollt.«
    »Isobel …« Gwen umschloss den Arm ihrer Freundin und Isobel machte unwillkürlich einen Schritt in die Richtung, in die Gwen sie zog. »Komm schon. Wir sehen ihn doch heute Abend.«
    Einen Augenblick lang schien Bruce’ gutes Auge überrascht aufzuleuchten. Ein Hoffnungsschimmer flackerte in ihm auf verglühte jedoch gleich wieder wie ein verlöschender Funke und löste sich in Bitterkeit und Resignation auf. Er schüttelte den Kopf. »Ich bin zu alt, um mir Sorgen um ihn zu machen. Richte ihm das von mir aus. Sag ihm …« Dann hustete er wieder. Er war krank. Wirklich krank.
    Isobel blieb stehen und beobachtete ihn, viel mehr konnte sie nicht tun. Der Hustenanfall hielt unerbittlich an, und ohne ein Wort zu sagen, polterte Bruce an ihnen vorbei in den Verkaufsraum. Er humpelte zur Ladentheke und griff nach einer Schachtel Papiertaschentücher.
    Isobel trottete hinter ihm her, innerlich zerrissen. Sie wollte zu ihm laufen und ihm in seinen Stuhl hinter der Theke helfen, genauso wie es Varen in ihrer Vorstellung tat. Sie wollte ihm sagen, dass es ihr leidtat, dass es nicht ihre Schuld war und dass sie Varen finden würde. Stattdessen biss sie sich aber auf die Zunge, denn ihr war durchaus bewusst, dass es eben doch ihre Schuld war. Sie hatte all das kommen sehen, zumindest teilweise. Pinfeathers hatte ihr genau das gesagt, bevor er versucht hatte, sie in Stücke zu reißen. Und wenn sie ehrlich war: Konnte sie wirklich sicher sein, dass sie Varen finden würde?
    Isobel schob diesen Gedanken schnell beiseite. Sie würde Varen auf jeden Fall finden. Sie würde ihn heute Abend sehen. Sie spürte es.
    Bruce fand alleine zu seinem Stuhl. Er ließ sich rückwärts

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