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Nevermore

Nevermore

Titel: Nevermore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly Creagh
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Brad, weil er mit ihm über Sport und diese Sachen reden konnte - denn Danny war nicht gerade ein Sportfreak. Was ihre Mutter und ihr Vater nicht so gut fanden, war, wie »ernst« (in den Augen ihrer Eltern) das mit ihr und Brad geworden war. »Du solltest an ein Studium denken«, sagte ihre Mutter immer. Aber Isobel war sich gar nicht sicher, auf welche Uni sie gehen oder was sie überhaupt studieren wollte. Sie hatte wenig Lust, diesen Streit schon wieder zu führen.
    »Verstehe.« Einen Augenblick später hielten sie an einem Stoppschild. »Um was geht es bei diesem Projekt eigentlich?«, fragte ihr Vater.
    »Poe.« Isobel seufzte.
    »Poe? Der Edgar Allan: >Sprach der Rabe, nimmermehr    »Ganz genau«, sagte sie. Sie nahm eins der Bücher von ihrem Schoß, schlug es auf und suchte darin nach einem Foto. Sie stieß auf ein größeres (für sie sahen sie alle gleich aus) und hielt ihrem Dad das geöffnete Buch hin.
    Er warf einen kurzen Blick darauf, fuhr in ihre Einfahrt, parkte das Auto und drehte sich dann zu ihr um. Er hob eine Augenbraue. »Vielleicht sollte ich mir die Haare auch mal so wachsen lassen.« Er legte den Kopf schief und wartete auf eine Reaktion. »Und wie wäre es mit einem Schnurrbart?« Er legte einen Zeigefinger über seine Oberlippe. »Was meinst du?«
    Erst musste Isobel bei dem Gedanken nur schmunzeln, aber plötzlich prustete sie lauthals los. Sie stellte sich ihren Vater mit wirren schwarzen Locken und einem kleinen, adretten Schnauzbart vor. In ihrer Vorstellung sah er mehr wie Charlie Chaplin als wie Poe aus.
    Ein siegessicheres Grinsen umspielte seine Mundwinkel.
     
    Isobel schlug ihren Spind zu.
    »Ah!«, schrie sie auf und ihr Schreibblock landete auf dem Boden.
    Varen. Er stand genau an der Stelle, wo sich eben noch ihre Spindtür befunden hatte. Seine Augen waren so bewegungslos, dass sie beinahe leer wirkten, und schienen direkt durch sie hindurchzusehen.
    »Kannst du das bitte lassen!«, piepste sie.
    Er sagte nichts, stand einfach nur da und starrte durch Isobel hindurch, so als wäre sie auf einmal durchsichtig geworden oder so.
    »Was ist?«, wollte sie wissen.
    Er machte Anstalten, an ihr vorbeizugehen, und Isobel wollte ihm am liebsten auf dem mit Schülern gefüllten Flur eine Standpauke halten, weil er diesen Zombie-Mist mit ihr abzog, da spürte sie seine Hand - noch ganz kalt von der Morgenluft - auf ihrer Haut.
    Die Worte blieben ihr im Hals stecken und sie riss die Augen weit auf. Was glaubte er bloß, was er da tat? Was, wenn sie jemand sah?
    Er drückte ihr etwas in die Hand. Ihre Finger schlossen sich darum und für einen winzigen Augenblick berührten sie seine Hand. Im nächsten Moment war er auch schon weitergegangen und Isobel ertappte sich dabei, wie sie sich umdrehte und ihm hinterherblickte. Mit dem Daumen strich sie über das glatte, zusammengefaltete Stück Papier in ihrer Hand.
    Sie konnte fühlen, wie es in ihrer Faust zerknitterte, während sie Varen nachsah. Er trug eine dunkelgrüne Jacke, auf deren Rücken mit Sicherheitsnadeln ein weißes Stück Stoff befestigt war - darauf war die Silhouette eines auf dem Rücken liegenden, toten Vogels abgebildet, dessen gekrümmte Beine in den Himmel ragten.
    Er ging zu der Gruppe Goths, die vor dem Fenster neben der Heizung standen, und legte einem dunkelhaarigen Mädchen mit kupferfarbener Haut die Hand auf die Schulter. Sie drehte sich um und ein sinnliches Lächeln zierte ihre vollen, dunkel geschminkten Lippen. In der Hand hielt sie einen roten Umschlag, den sie Varen gab.
    Als sie in dem überfüllten Flur verschwanden, hatte Isobel das Gefühl, als würde jemand den Finger vom Slow-Motion-Knopf nehmen.
    Sie sah sich vorsichtig um, ob irgendjemand etwas mitbekommen hatte, und tat dann so, als hätte sie etwas in ihrem Spind vergessen. Diesmal ließ er sich problemlos öffnen. Isobel beugte sich hinein und faltete in dem dunklen Schrank den Zettel auseinander.
    Sie wissen, dass du gelogen hast.
    Zuerst war Isobel sich nicht sicher, was das zu bedeuten hatte. Wann hatte sie wen angelogen? Und woher sollte er überhaupt davon wissen? Genau dieser Gedanke ließ ihr einen kalten Schauer über den Rücken laufen. Vielleicht hatte Nikki recht gehabt. Vielleicht versuchte Varen wirklich, ihr Angst einzujagen.
    Wie aufs Stichwort kam Nikki gerade in diesem Moment vorbei.
    »Hey, Nikki! Warte!«, rief Isobel. Sie brauchte einen Augenblick, um die kryptische Nachricht wieder zusammenzufalten und in die Tasche ihrer

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