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Nevermore

Nevermore

Titel: Nevermore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly Creagh
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legte einen Schalter um und zum ersten Mal, seit sie herausgefunden hatte, dass Varen nicht mehr zurückkehren würde, erwachten ihre Gedanken wieder zum Leben. Plötzlich war sie hellwach und die richtige, reale Welt schob sich wieder in ihr Bewusstsein. Sie hörte, wie um sie herum Spinde zugeschlagen wurden, Menschen lachten und sich unterhielten. Zu beiden Seiten liefen quietschende Turnschuhe an ihr vorbei, als sich alle zu den Schulbussen aufmachten.
    Mit der einen Hand hielt Isobel den Artikel umklammert, mit der anderen tastete sie nach ihrem Handy. Sie klappte es auf, schaltete es ein und war unendlich dankbar, dass der Akku noch halb voll war. Sie blätterte durch ihr Adressbuch und wählte den ersten Eintrag. Dann drückte sie auf: Anrufen.
    Sogar aus der Entfernung und trotz des Lärms auf dem Flur konnte Isobel den Klingelton von Gwens Handy deutlich hören. Durch das eng gestrickte Netz aus Schülern sah sie, wie ihre Freundin stehen blieb, in ihre Patchworktasche griff, das klingelnde Telefon herausfischte und das Display musterte. Vielleicht war sie gerade dabei zu entscheiden, ob sie nun abheben sollte oder nicht.
    Isobel stand auf. Bitte, flehte sie in Gedanken. Bitte. Ich brauche dich.
    Langsam hob Gwen das Handy ans Ohr. Dann hörte Isobel ihre Stimme und sah gleichzeitig, wie sich Gwens Lippen bewegten. »Du lässt mich also das alles runterbeten und diese ganze Show hier abziehen, bist aber nicht gewillt, mir meinen theatralischen Abgang zu lassen, richtig?«
    »Baltimore«, platzte Isobel heraus. »Am 19. Januar. Ich muss da hin.«
    Gwen drehte sich zu Isobel. Sie hielten beide ihre Handys ans Ohr gepresst und starrten sich durch das sich lichtende Gewühl auf dem Flur hinweg an.
    »Was?«, fragte Gwen und machte sich auf den Weg in Isobels Richtung, wobei sie sich an ein paar Nachzüglergruppen vorbeiquetschen musste.
    Isobel ließ ihr Handy sinken. Mit ausgestrecktem Arm hielt sie Gwen den Artikel hin.
    Gwen kam näher und riss ihn ihr aus der Hand. »Hey! Das ist doch dieser Typ! Der von The Grim Facade …« Plötzlich wurde sie ganz still und ihre Augen hinter der Brille weiteten sich, als sie den kurzen Absatz überflog.
    In der Zwischenzeit erlaubte Isobel es sich, zu dem Augenblick zurückzukehren, als Reynolds sie auf der Rattanbank vor ihrem Haus abgelegt hatte. Sie hatte ein sehr wichtiges Detail bisher völlig übersehen. Trotz all dem, was er über die Trennung der Welten und die Zerstörung der Verbindung gesagt hatte, war er vollkommen wirklich und greifbar gewesen - in ihrer Welt.
    Und hatte Varen die Verbindung zur Traumwelt nicht selbst geschaffen? Bedeutete das nicht, dass Poe dasselbe getan hatte?
    Isobels Augen verengten sich zu Schlitzen. Ihr Blick wanderte zurück zu dem Artikel in Gwens Hand. Im selben Augenblick ließ Gwen das Blatt sinken, einen fragenden Ausdruck im Gesicht, der sich mehrmals hintereinander blitzschnell veränderte, während die Räder in ihrem Gehirn ratterten, um dann denselben Schluss zu ziehen, zu dem Isobel auch gekommen war.
    Isobel würde auf jeden Fall nach Baltimore fahren. So oder so.
    Und im Gegensatz zu dem, was Reynolds dachte, würde sie ihn doch Wiedersehen.
    Dessen war sie sich vollkommen sicher.

 
     
    Aus dem Schatten
     
    An diesem Abend wartete Isobel, bis alle schliefen, und schlich dann den Flur entlang zu Dannys Zimmer. Sie drückte die Tür auf, die beim Öffnen leise knarzte.
    Ihr kleiner Bruder lag schnarchend auf der Seite zusammengerollt im Bett und hatte den Arm um ein riesiges Transformers-Kissen geschlungen. Sabber sammelte sich auf der plüschigen Schulter des Roboters. Isobel schüttelte den Kopf bei dem Anblick. Wenn sie in einer anderen Stimmung gewesen wäre, hätte sie es vielleicht riskiert, ein Erpressungsfoto zu schießen. Stattdessen wagte sie sich langsam vorwärts und bewegte sich auf Zehenspitzen durch das Minenfeld, das sein Schlafzimmerboden war.
    Leise glitt sie auf Dannys Schreibtischstuhl. Er quietschte, als Isobel sich darauf drehte, und sie spitzte die Ohren, als sie hörte, wie Danny sich hinter ihr regte.
    Sie ignorierte sein Seufzen und bewegte die Maus, damit der Bildschirmschoner verschwand. Der PC erwachte summend zum Leben, und als sich das Fenster mit der Google-Seite öffnete, fing Isobel an zu tippen.
    »Was machst du denn daaaaaaa?«, stöhnte Danny. »Verschwinde aus meinem Zimmeeeeeeeeer.«
    »Schhhh«, machte Isobel. »Schlaf weiter.«
    Die Website der Universität Baltimore öffnete

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