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Nevermore

Nevermore

Titel: Nevermore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly Creagh
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keine Antwort hatte. Oder daran erinnert zu werden, dass sie Varen im Stich gelassen hatte. Dass sie ihn zurückgelassen hatte und dass er nun vergebens darauf wartete, dass sie zurückkehrte, weil sie es ihm schließlich versprochen hatte. Sie hatte es versprochen.
    An der Trenton High begannen Gerüchte um Varens Verschwinden aufzukommen. Zischend und hinter vorgehaltener Hand verbreiteten sie sich über die Schulflure. Während die meisten glaubten, dass er schlicht und einfach weggelaufen war, tratschten andere darüber, wie er von seinem merkwürdigen, einäugigen Chef ermordet worden und seine Leiche unter den Bodenbrettern von Nobit’s Nook oder irgendwo im Park vergraben worden war. Schließlich gab es Zeugenberichte aus der Nachbarschaft, dass an dem Abend, an dem Varen verschwunden war, seltsame Lichter und Geräusche aus dem Dachboden des Buchladens gedrungen waren. Auch von einer vermummten Gestalt, die einen schlaffen Körper getragen und das Gebäude durch den Hinterausgang verlassen hatte, wurde berichtet.
    Am Ende der Woche gab Swanson ihnen ihre Hausarbeiten zu dem Literaturprojekt zurück. Er ging zwischen den Stuhlreihen hindurch und ließ sie auf jeden zweiten Tisch fallen. Als er ihre und Varens Hausarbeit vor Isobel legte, hatte sie das Gefühl, dass er ein oder zwei Sekunden länger verweilte, bevor er weiterging. Sie starrte durch die glänzende Hülle des Schnellhefters auf die Zwei minus, die sie bekommen hatten.
    Gut gemacht, hatte Swanson in Rot auf das Titelblatt geschrieben. Das nächste Mal fragt aber bitte, ob eure Eltern mitmachen können, anstatt, ob ihr eine Stereoanlage benutzen könnt, okay? Ich habe euch einen Internetartikel aus der Baltimore Sun beigelegt, der euch beide vielleicht interessiert. Schöner Vogel übrigens . Darunter hatte ihr Lehrer noch etwas hinzugefügt. Mit blauer Tinte und in einer engeren, kompakteren Version seiner schwungvollen, kursiven Handschrift. PS, stand da, wenn du jemanden zum Reden brauchst, dann bin ich für dich da.
    Diese winzige Geste, so unaufdringlich und nett, berührte
    Isobel tief. Sie zauberte ein trauriges Lächeln auf ihre Lippen Auch wenn sie dieses Angebot nie annehmen würde, war es einfach schön, dass Swanson es ihr gemacht hatte, weil er Varen mochte. Und das wiederum brachte Isobel dazu, ihren Englischlehrer mehr zu mögen, als er es sich überhaupt vorstellen konnte.
    Sie nahm die Hausarbeit und steckte sie in ihren Rucksack, damit Varens Name außer Sichtweite war und die Welt wieder stumm werden konnte. Stumm und nichtig, farblos bis auf den leeren Stuhl in der Ecke.
     
    An diesem Nachmittag beging Isobel den Fehler, zu ihrem Spind zu gehen.
    Sie hatte gerade ihren Ordner, ihren Schreibblock und ihr Englischbuch hineingesteckt, als Gwen plötzlich hinter ihr auftauchte und ihre Spindtür mit einem Knall zuschlug.
    »Du«, sagte sie und versetzte Isobel einen kräftigen Stoß gegen die Schulter, »bist wirklich eine sehr schlechte Freundin.«
    Isobel machte ein finsteres Gesicht und trat gegen die untere Ecke ihrer Spindtür, damit sie wieder aufsprang. Ihr Schreibblock fiel heraus und lose Blätter verteilten sich überall auf dem Boden. »Danke«, brummte sie. »Genau das habe ich noch gebraucht.«
    Sie bückte sich, um die verstreuten Blätter aufzusammeln, hielt jedoch inne, als Gwen einen Schritt nach vorne machte und ihren Fuß daraufstellte.
    »Nein«, bellte sie und schlug erneut Isobels Spind zu. »Was du brauchst, ist, dass dir mal jemand die Augen öffnet. Du bist jetzt lange genug schmollend in deiner kleinen, einsamen Luftblase herumgelaufen. Also, ich hab ja keine Ahnung, was an dem Abend passiert ist, aber ich weiß sehr wohl, dass du es weißt.
    Und ich weiß, dass es merkwürdig war. Ich war auch dort, erinnerst du dich? Ich habe den Kampf mit eigenen Augen gesehen. Aber im Gegensatz zu allen anderen weiß ich, dass er echt war. Ich weiß auch, dass du am einen Ende der Stadt verschwunden und am anderen wieder aufgetaucht bist. Du kannst vielleicht alle anderen hinters Licht führen, Isobel Lanley, aber mich nicht. Wenn Varen tot ist -«
    »Er ist nicht tot!«, piepste Isobel, von plötzlicher Panik überfallen. Sie fasste Gwen am Arm und schüttelte sie. »Sag so etwas nicht.«
    Gwen riss sich ruckartig los und machte einen Schritt nach hinten. Lange standen sie so da und starrten sich an.
    »Ich habe die Nase voll davon, dir hinterherzulaufen«, sagte Gwen schließlich. »Und wenn du nichts unternimmst,

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