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Nevermore

Nevermore

Titel: Nevermore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly Creagh
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von seinem Kopf abstand, als hätte er an diesem Morgen eine Gabel in die Steckdose gesteckt.
    Er sah sie finster und mit durchdringendem Blick aus einem großen grauen Auge an - das andere hielt er geschlossen. Auf seinem Schoß lag aufgeschlagen ein riesiges Buch mit Ledereinband.
    »Ach, äh …«, stotterte Isobel und deutete mit dem Daumen über ihre Schulter, als müsste sie erklären, dass sie durch die Eingangstür hereingekommen war. »Ich suche nur jemanden.«
    Der Mann starrte sie weiter mit seinem Auge an, sein Stieren erinnerte Isobel an einen Vogel, der einen Wurm beäugte. »Ahm. Sie wissen … nicht vielleicht …« Sie verstummte, als sich der Blick seines Auges weiter in sie hineinbohrte.
    Gab es etwas Gruseligeres als das? Er blinzelte nicht einmal Isobel machte einen Schritt zurück und zeigte wieder über ihre Schulter. »Ich werde einfach -«
    Er schnaubte laut und abrupt auf.
    Sie erschrak und war drauf und dran, auf dem Absatz kehrtzumachen und draußen auf Varen zu warten. Sie konnten doch einfach zu Starbucks gehen und dort lernen, das hier war einfach etwas zu seltsam für sie. Aber bevor sie auch nur einen einzigen Schritt machen konnte, sprang das geschlossene Auge des Mannes plötzlich auf. Er rutschte auf seinem Sessel herum, blinzelte und zog die Nase hoch.
    »Oh, oh«, grunzte er. Er setzte sich auf und sah sie nun mit beiden Augen an. Eins war dunkel, von matschbrauner Farbe, sah aber in dem schummrigen Licht fast schwarz aus. »Wo kommst du denn her, junge Dame?«
    Isobel starrte ihn an und musste ihren Blick regelrecht loseisen, um zurück zur Tür zu sehen - zum Sonnenlicht, dem Gehweg und den geistig gesunden Leuten, die ihre Hunde spazieren führten.
    »Ach, lass dich davon nicht einschüchtern«, sagte der alte Mann und zeigte mit der Fingerspitze auf das große graue Auge. »Es ist aus Glas.« Er stieß ein keuchendes Lachen aus. »Ich freue mich, dass du hereingekommen bist.« Sein Lachen verwandelte sich in einen lockeren Husten. »Sonst hätte ich sicher den ganzen Tag verschlafen«, fügte er hinzu.
    »Ich … ich soll mich hier mit jemandem treffen«, murmelte Isobel und bereute gleich darauf, dass sie den Mund aufgemacht hatte. Alles, was sie tun wollte, war, zurück nach draußen auf die Straße zu gehen. Sie war auf dem Hinweg an einem netten Café vorbeigekommen, wo sie stattdessen arbeiten konnten. Hier gab es ja noch nicht einmal Sitzgelegenheiten.
    »Ach ja?« Er hustete noch einmal, vielleicht war es aber auch ein Lachen. Sie war sich nicht sicher. Er hielt sich eine faltige Faust vor den Mund und seine Schultern zitterten heftig, als er in seine Hand hineinkeuchte. Seine Wangen bliesen sich dabei auf wie die eines Kugelfischs.
    Als der Hustenanfall vorüber war, seufzte der Mann erleichtert auf. »Er ist oben«, brummte er und zeigte mit einem knotigen Finger auf einen Türbogen, der zu einem Hinterzimmer führte, das (Überraschung, Überraschung) mit noch mehr Büchern gefüllt war. »Bis ganz nach hinten durch und die Treppe hoch. Ignorier einfach das Schild an der Tür.«
    »Äh, danke«, sagte Isobel, doch er hatte bereits den Kopf gesenkt und las weiter. Oder schlief weiter. Das war schwer zu sagen.
    Sie drehte sich um und ging durch den Türbogen in den hinteren Teil des Ladens. Die Tür, von der der alte Mann gesprochen hatte, sah aus wie ein Sargdeckel. Isobels erster Gedanke war, dass dahinter eine Besenkammer liegen musste, doch sie sah weit und breit keine weitere Tür und auf dieser befand sich immerhin ein Schild. Eigentlich sogar zwei.
    Kein Zutritt.
    Das war das erste. Das zweite Schild bestand aus grobem gelbem Papier und darauf stand, mit der Hand geschrieben, eine weitere Warnung.
    Vorsicht vor Bess.
    Wer, oder was, war Bess?, fragte Isobel sich. Wichtiger noch, Welches von beiden war das Schild, das sie ignorieren sollte? Sie blickte zurück in den vorderen Raum. Sie hatte wirklich keine Lust, zurückzugehen und Huste-Opa danach zu fragen, und er hatte schließlich gesagt, dass sie nach oben gehen sollte.
    Sie griff nach dem angelaufenen Messingtürknauf und dreht ihn. Die Tür öffnete sich quietschend und gab den Blick frei auf ein langes, enges Treppenhaus, das steil nach oben führte. Durch ein Fenster weiter oben schien weißes Sonnenlicht herein und Millionen von Staubmotten tanzten um die Strahlen herum und durch sie hindurch.
    Okay, dachte sie. Wenn das die Treppe war, die sie hinaufgehen sollte, wo war dann diese oder dieser

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