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Nevermore

Nevermore

Titel: Nevermore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly Creagh
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ist.« Er sah sie nicht an, sondern schrieb einfach weiter, sein Stift bewegte sich in langsamen, sorgfältigen Zügen. »Warum? Würde er dich dann rausschmeißen?«
    »Nein, das nicht. Aber er hat schon genug Sorgen.«
    »Arbeitest du hier auch?«, wollte sie wissen und blickte sich um. Sie nahm ihren Rucksack ab und ließ ihn auf den Boden fallen. Dann setzte sie sich auf den Stuhl ihm gegenüber.
    »Nicht wirklich.«
    »Was dann, hängst du einfach hier herum? Mit Bruce? Und Bess?«, fügte sie hinzu und versuchte, ein Lächeln zu unterdrücken.
    »Hast du die Sachen gelesen?«, fragte er.
    Sie stutzte. Ach ja, richtig. Der Lesestoff.
    Isobel dachte zum ersten Mal seit dem Treffen in der Bibliothek an die Liste, die Varen ihr gegeben hatte. Seitdem war ziemlich viel passiert. Sie verzog das Gesicht. »Mmh. Also deswegen …«
    Er seufzte. Ein sanftes Geräusch, wie ein verklingender Atemzug.
    »Hast du sie gelesen?«
    »Mehrmals.«
    »Natürlich«, sagte sie, als ihr klar wurde, dass sie genauso gut den Papst hätte fragen können, ob er die Bibel gelesen hatte.
    »Weißt du, die meisten, wenn nicht sogar alle Geschichten und Gedichte von Poe stehen auch im Internet«, sagte er in einem sehr entschiedenen und warnenden »Beim nächsten Mal gibt es keine Entschuldigung«-Ton.
    »Ja sicher. Lass mich nur meinen idiotischen Bruder bitten, ein paar Stunden lang keine Zombie-Ninjas abzuschlachten, damit ich mir den Computer ausleihen und meine Kenntnisse in viktorianischer Horrorliteratur auffrischen.kann.«
    »Doomed Kingdom Teil eins oder Teil zwei?«
    »Hä?«
    »Spielt er Doomed Kingdom Teil eins oder Teil zwei? Das sind die einzigen Spiele mit Zombie-Ninjas.«
    Isobel starrte ihn ungläubig an. »Woher soll ich das denn wissen?«
    »Hm«, machte er, als wäre sie eine weitere Stufe auf seiner Respektleiter nach unten gefallen, und sah wieder auf seinen Block. »Nicht so wichtig.« Sie funkelte ihn wütend an, während er sich zur Seite beugte, um etwas aus seiner Schultasche zu ziehen.»Hier. In der Zwischenzeit kannst du dir das hier ausleihen.« Vorsichtig legte er ein großes, goldgeprägtes schwarzes Buch vor sie auf den Tisch. Die Gesammelten Werke von Edgar Allan Poe stand da in glänzenden goldenen Buchstaben. »Aber wenn da irgendwas drankommt, gehört deine Seele mir.«
    »Äh, danke«, murmelte Isobel und ging unter seinem argwöhnischen Blick so vorsichtig wie möglich damit um. »Es ist auch so schön handlich.«
    »Wir werden uns morgen noch mal treffen müssen. Nach der Schule.«
    »Ich kann nicht. Da habe ich Training.« Obwohl sie sich noch gar nicht überlegt hatte, wie sie es hinkriegen würde, morgen in der Schule Brad oder Nikki ins Gesicht zu sehen, durfte sie das Training nicht vernachlässigen. So kurz vor den Landesmeisterschaften wagte sie es nicht zu fehlen.
    »Egal«, sagte er. »Dann eben am Dienstag.«
    »Okay. Um wie viel Uhr?«
    »Irgendwann nach der Schule. Aber ich muss arbeiten, also musst du in die Eisdiele kommen.«
    Isobel biss sich auf die Lippe und dachte darüber nach. Ihr war nicht klar gewesen, wie kompliziert das alles werden würde. Abgesehen davon, dass sie Hausarrest hatte, war es nach der Trennung von Brad schwierig für sie, irgendwo hinzukommen. »Kannst du mich mit dem Auto mitnehmen?«
    Er zuckte mit den Schultern.
    Okaaay, sie würde jetzt einfach mal davon ausgehen, dass das ein Ja war. Jetzt musste sie nur noch einen Weg finden, hinterher wieder nach Hause zu kommen. Vermutlich konnte sie einfach zu Fuß gehen, wenn sie sich eine gute Ausrede einfallen ließ, wo sie so lange gewesen war.
    Isobel richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf Poes gesammelte Werke und bemerkte ein dünnes Seidenband, das wie eine beigefarbene Zunge unten aus dem Buch herausschaute. Isobel fuhr mit den Fingern am Buch entlang und schlug es an der markierten Stelle auf. Traumland hieß der Titel. Isobel überflog die erste Strophe:
     
    Wege, einsam und voll Grausen,
    wo nur böse Engel hausen,
    wo ein Eidolon DIE NACHT
    hoch auf schwarzem Throne wacht,
    führten jüngst in diese Lande
    mich von Thules düsterm Rande -
    das da wild und weit erhaben leit
    fern dem RAUM -fern der ZEIT
     
    Äh, ja, das ergab ungefähr so viel Sinn wie Suppe mit einer Gabel zu essen.
    Isobel blätterte weiter, bis sie einen der Titel, den Varen sie in der Bibliothek hatte aufschreiben lassen, wiedererkannte: Die Maske des Roten Todes . Die Erzählung war sechs Seiten lang, das sah ja gar nicht so schlimm

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