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Neville, Katherine - Der magische Zirkel

Titel: Neville, Katherine - Der magische Zirkel Kostenlos Bücher Online Lesen
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bei diesem Gedanken.
    «Ich schaue auf nichts zurück», log ich. Dann senkte ich die Augen – aber zu spät.
    «O doch, das tust du», sagte Wolfgang und hob mein Gesicht zu sich empor. «Du blickst auf einen Schatten zurück, der von Anfang an zwischen uns stand – den Schatten deines verstorbenen Cousins Sam. Aber wenn diese Nacht vorbei ist, wirst du hoffentlich nie mehr zurückschauen.»
    Okay, nennt mich verrückt. In jener Nacht habe auch ich gedacht, ich sei verrückt und vielleicht mehr als das. Wolfgang hatte eine Wunde geöffnet, die tiefer ging als der zusammengeflickte Riß in meinem Arm – eine Wunde, die innerlich blutete, so daß ich nicht genau wußte, wie groß der Schaden war. Dieses Trauma, das ich bislang sogar vor mir selbst verheimlicht hatte, war die Tatsache, daß ich vielleicht mehr als nur ein bißchen verliebt in meinen Cousin Sam war. So, und nun stand ich da – ein ziemlich verwirrtes Ding, das für die Atomwirtschaft arbeitete.
    Aber diese widersprüchlichen Emotionen, die in meiner Brust Krieg führten, verwischten sich in jener Nacht zumindest zum Teil – zusammen mit allem anderen –, weil Wolfgang etwas in mir geweckt hatte, von dem ich weder gewußt noch geahnt hatte, daß es in mir existierte. Als sich unsere Körper in der Hitze der Leidenschaft trafen und verschmolzen, fühlte ich eine Mischung aus Schmerz und Sehnsucht in mir, die wie eine Droge wirkte und mit jeder neuen Kostprobe mein Verlangen steigerte. Wir gaben uns unserer Leidenschaft mit einer Gier und Besessenheit hin, bis jeder Muskel meines Körpers vor Erschöpfung zitterte.
    Schließlich lag Wolfgang neben mir auf dem weichen Teppich vor dem Feuer und preßte das Gesicht auf meinen Bauch. Unsere Haut war schweißnaß. Wolfgangs muskulöser Körper glänzte im Feuerschein wie aus Bronze gegossen. Ich strich mit der Hand über seinen Rücken, von den Schultern zur Hüfte, und er schauderte.
    «Bitte, Ariel!» Er hob den zerzausten Kopf und grinste mich an. «Überleg dir, was du tust. Du bist eine Hexe, die mich mit einem Zauber belegt hat.»
    «Du bist derjenige mit dem Zauberstab», gab ich lachend zurück.
    Wolfgang setzte sich auf die Fersen und zog mich hoch, so daß ich vor ihm saß. Das Feuer war bis auf die Glut heruntergebrannt, und uns wurde nun doch ein wenig kalt.
    «Einer von uns muß jetzt seinen Verstand gebrauchen», sagte Wolfgang, während er mir den Bademantel über die Schultern legte. «Du brauchst etwas, um dich zu entspannen.»
    «Was du vorhin getan hast, war dafür recht gut geeignet», versicherte ich ihm.
    Wolfgang schüttelte lächelnd den Kopf. Er stellte mich auf die Beine, hob mich hoch und trug mich nach oben in mein Zimmer und weiter ins Bad, wo er mich wieder abstellte und uns ein heißes Bad einlaufen ließ. Er streute eine Handvoll Badesalz ins Wasser. Dann holte er uns frische Anziehsachen und legte sie neben die Wanne. Als wir im aromatisch duftenden Wasser saßen, nahm Wolfgang einen dicken Naturschwamm und ließ das Wasser daraus über meine Schultern und Beine rieseln.
    «Du bist das begehrenswerteste Etwas, das ich je gesehen habe», sagte er und küßte mich von hinten auf die Schulter. «Aber jetzt sollten wir praktisch denken. Es ist kurz nach neun. Hast du großen Hunger?»
    «Ich habe einen Mordshunger», sagte ich, und es war wirklich so.
    Also zogen wir nach dem Baden unsere warmen Sachen an und spazierten zwischen Rebstöcken hinunter zu dem kleinen Gasthof, von dem Wolfgang gesprochen hatte. Als wir ankamen, brannte auch dort ein kräftiges Feuer im Kamin.
    Wir aßen eine heiße Suppe, grünen Salat und Raclette. Wir stippten den geschmolzenen Käse mit knusprigem Brot von den Tellern, leckten den würzigen Saft der sauren Gurken von unseren Fingern und tranken einen ausgezeichneten trockenen Riesling dazu.
    Als wir uns auf den Heimweg machten, war es gerade kurz nach zehn. Vom Fluß zogen weiße Nebelschwaden herauf, die sich g espenstisch zwischen die Reihen der Weinstöcke schoben, die ihre ersten Schößlinge trieben. Die Luft war frisch und kühl, und die Erde verströmte diesen besonderen, leicht dumpfigen Nachtgeruch, der den Frühling ankündigt. Wolfgang zog mir einen Handschuh aus und nahm meine bloße Hand, und wie immer, wenn er mich berührte, strömte Wärme durch meinen Körper. Er lächelte mich an, aber im selben Augenblick schob sich eine Nebelbank über den Mond, und es war plötzlich völlig dunkel.
    Dann war mir, als hörte ich nicht weit

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