New Heroes - Die Zeit der Superhelden
Fernseher war zwar an, aber der Ton war auf stumm geschaltet; offenbar hatten seine Eltern gar nicht ferngesehen. »Nicht sehr gut. Ich weiß eigentlich nicht sehr viel über Supermenschen. Wie war es denn damals, als es sie noch gab? Das muss doch seltsam gewesen sein.«
»Ich war ungefähr in deinem Alter, als die ersten Supermenschen in Erscheinung traten«, antwortete sein Vater. »Du weißt doch, dass sie eigenartige Vorkommnisse immer ganz am Schluss der Nachrichtensendungen bringen? Nun, so ungefähr war es damals auch, jedenfalls eine Zeit lang. Es hieß immer nur: ›Offenbar ist in New York eine neue Gruppierung aufgetreten, die das Böse bekämpfen will.‹ Oder so ungefähr.«
»Aber hatten denn die Leute keine Angst?«
»Nein, denn eine ganze Zeit lang glaubten sie diese Berichte einfach nicht. Jedenfalls nicht bis zu dem Tag, an dem sich Paragon Facade entgegenstellte.«
»Warum? Was war anders als zuvor?«
»Alle konnten es mitverfolgen. Es war zum ersten Mal live im Fernsehen. Das war in Detroit, bei einer der riesigen Wohltätigkeitsveranstaltungen, die im Fernsehen übertragen werden. Mit der Veranstaltung sollten zwanzig Millionen Dollar an Spenden zusammengebracht werden, die für … ich weiß nicht mehr, wofür sie bestimmt waren.«
»Bildung«, warf Colins Mutter ein.
»Genau, Bildung. Jedenfalls war die Sendung fast zu Ende, und sie wollten gerade verkünden, wie viel Spenden zusammengekommen waren, als plötzlich einer der Musiker vortrat und sich einfach in Facade verwandelte. Er hatte eine ganze Bande von Schlägertypen mitgebracht. Facade forderte 50 Millionen Dollar und drohte, er und seine Kumpel würden die gesamte Zuschauermenge im Studio und sämtliche anwesenden Promis und VIPs töten, wenn sie das Geld nicht herausrückten. Facade stolzierte auf der Bühne hin und her und führte seine Superkräfte vor, indem er sich ständig in andere Leute verwandelte, bis sich plötzlich Paragon von der Decke direkt auf Facade fallen ließ. Bumm! Ein kräftiger Schlag auf den Schädel und Facade sah schwarz! Ein paar von seinen Schlägern feuerten auf Paragon, der aber einfach in die Bande hineinstürmte und sie alle umhaute. Dann feuerte er mindestens ein Dutzend Gasgranaten ab. Das Gas verbreitete sich im ganzen Studio, und sofort schliefen alle ein – sogar die Geiseln. Allerdings auch die Fernsehtechniker und Kameraleute, deshalb liefen die TV-Kameras weiter, und so konnte die halbe Welt zuschauen, wie Paragon Facade und seine Bande fesselte.«
»Und hinterher hätte es noch eine große Gerichtsverhandlung gegeben«, fügte Caroline hinzu, »wenn Facade auf dem Weg zum Gerichtsgebäude nicht entwischt wäre.«
»Aber was war mit Paragon? Wenn er so schnell erschien, muss das doch bedeuten, dass er in der Nähe wohnte? Ich meine, nach allem, was ich über ihn gelesen habe, konnte er sich nicht sehr schnell bewegen.«
»Vielleicht war er zufällig aus einem ganz anderen Grund in der Nähe«, sagte Caroline.
»Ja, aber … Vermutlich hat doch die Polizei das ganze TV-Studiogebäude umstellt, oder nicht? Das bedeutet, dass Paragon erst mal an der Polizei vorbeikommen musste, um ins Studio zu gelangen. Wollt ihr wissen, was ich glaube?«
»Na, was denn?«, fragte sein Vater.
»Ich glaube, Paragon könnte selber ein Bulle gewesen sein. In seinem wirklichen Leben, meine ich. Vielleicht wussten sie längst über ihn Bescheid.«
»Das bezweifle ich, Colin. Selbst wenn er Polizist gewesen wäre, hätte er niemandem verraten, dass er Paragon war. Die einzigen Helden, deren Namen bekannt geworden sind, waren die Daltons. Und das auch nur, weil sie reich genug waren, um sich selbst schützen zu können. Alle anderen führten wahrscheinlich ein ganz normales Leben.« Warren blickte auf den Fernsehbildschirm. »Und wenn wir schon von den Daltons reden … Es sind nur noch ein paar Minuten bis zur Talkshow mit Max Dalton. Also dann, Colin – setz schon mal das Teewasser auf.«
»Ich bin nicht dran!«
»Du bist dran, wenn du aufbleiben willst, um dir anzuhören, was Dalton zu sagen hat.«
Als Colin mit dampfenden Teetassen wieder ins Wohnzimmer zurückkehrte, ging die Sondersendung der Abendnachrichten ihrem Ende zu. Gerade lief ein Livebericht aus New York, der eine riesige Menschenmenge auf dem Times Square in Manhattan zeigte. Ein Meer aus Fahnen und Bannern war zu sehen. Jubelnde Menschen hatten sich als ihre jeweiligen Lieblingshelden verkleidet, während sich die berittene Polizei
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