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New York für Anfaengerinnen

New York für Anfaengerinnen

Titel: New York für Anfaengerinnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susann Remke
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dieser Art reagieren sollte, schließlich hielt kaum ein Mann in Deutschland einer Frau die Tür auf. Diese grundlegende Wohlerzogenheit hatte die Emanzipation in den Siebzigern abgeschafft – behaupteten zumindest die deutschen Männer frei nach der These: »Wenn die Weiber schon emanzipiert sein wollen, dann sollen sie sich ihre Türen gefälligst auch selbst aufmachen«.
    Der Aufzug bewegte sich völlig geräuschlos in den siebenundvierzigsten Stock, wo Devon beim Aussteigen die Führung übernahm und am Ende des Flures das Apartment 47C aufsperrte.
    »Es war mir eine Freude, Madame«, sagte er, bevor er sich mit einem kleinen Tippen an die Portiersmütze wieder nach unten in seine Kommandozentrale verabschiedete.
    Zoe betrat zögerlich ihr neues Reich. »Der Architekt scheint eine Diele für überflüssige Platzverschwendung gehalten zu haben«, kommentierte sie die offensichtliche Sachlage, als sie nach nur einem Schritt direkt im möblierten Wohnzimmer stand, das ein bisschen aussah wie ein Showroom von Calvin Klein Interiors. Die Wände waren in einem Farbton gestrichen, den Innenarchitekten vermutlich »Düne« nannten. Der Teppich kam passend dazu in der Schattierung »Treibholz« daher und das Sofa in »Kieselstein«. Das Wartezimmer eines Luxus-Psychiaters hätte nicht beruhigender sein können.
    Fehlen nur noch ein plätschernder Zimmerspringbrunnen und die Statue irgendeiner buddhistischen Gottheit.
    Zoe ging ein paar Schritte weiter, ließ die Finger über die Bar der eingebauten Edelstahlküche gleiten und öffnete eine Tür, die zum Schlafzimmer mit einem riesigen Kingsize-Bett und einem (fast) ebenso großen Flachbild-Fernseher an der Wand führte. Auf dem Bett standen sieben Kissen in unterschiedlichen Größen und Farbschattierungen in Grauolivelila, unter Nagellackfetischisten auch Mauve genannt, stramm. Ganz offensichtlich gekonnt drapiert durch einen exakten Handkanten-Karateschlag in die jeweilige Kissenmitte.
    »Möbliert. In Boutique-Hotel-Qualität«, hatte die halbe Sekretärin zu Hause noch beteuert, aber erst jetzt glaubte es Zoe ihr auch.
    Seltsam war nur, dass es in der gesamten Wohnung keinen einzigen Schrank gab. Zoe lief zwischen Wohn- und Schlafzimmer hin und her. Kein Garderobenschrank im nicht vorhandenen Eingangsbereich und definitiv weit und breit kein Schrank im Schlafzimmer. Dafür aber zwei Badezimmer. Zoe war verwirrt.
    »Soll ich meine Klamotten etwa im Backofen unterbringen, wie Carrie?«, fragte sie den Kühlschrank. Zoe Schuhmacher redete gerne mit sich selbst, wenn sie alleine war – und/oder wütend –, am liebsten aber mit unbelebten Gegenständen, die nicht widersprechen konnten.
    Der Portier musste wieder her.
    »Devon, könnten Sie bitte wieder raufkommen?«, fragte sie ihn wenige Sekunden später über das Haustelefon, das mit seinem digitalen Touchdisplay direkt aus dem Cockpit eines Raumschiffs hätte stammen können und mit dem man anscheinend alles erledigen konnte – Besuch anmelden, Pizza bestellen, Wäsche zum Reinigen abholen lassen, vermutlich aber nur, wenn man einen Softwareingenieursabschluss hatte. »Ich habe ein Problem.«
    »Aber selbstverständlich, Miss Zoe.«
    Zwei Minuten später stand er tatsächlich wieder in ihrer Wohnungstür. »Was kann ich für Sie tun, Madame?«
    »Calvin, wie Sie sehen, habe ich jede Menge Gepäck, und das wird wohl nicht alles in den Backofen passen. Ich weiß, dass die Platzverhältnisse in New Yorker Wohnungen immer sehr beengt sind, bei Carrie war das ja auch so, aber das geht nun wirklich nicht.« Die Luft über dem Atlantik musste wirklich dünn gewesen sein, denn Zoe merkte selbst, dass sie heillosen Quatsch redete. Aber sie war einfach zu aufgekratzt-müde, um erst zu denken und dann zu sprechen. Devon schaute erst Zoe an, dann ihre Koffer, dann den Backofen und schließlich wieder Zoe.
    »Und was genau kann ich nun für Sie tun, Madame?«
    »Ich brauche einen Schrank.«
    »Sie brauchen einen Schrank«, wiederholte er langsam.
    »Ja, von mir aus kann die Hausverwaltung irgendein Billigmodell kaufen. Oder haben Sie ein anderes Apartment für mich? Mit Schrank und ohne zweites Badezimmer?«
    »Zweites Badezimmer?« Jetzt schien Devon das berühmte Licht aufgegangen zu sein. Seine Mundwinkel zuckten verdächtig. Bemühte er sich etwa, nicht zu lachen?
    »Miss Zoe, haben Sie schon einmal in Ihr zweites Badezimmer geschaut?«, fragte er freundlich und öffnete die Tür zu selbigem.
    In diesem Moment wäre es Zoe

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