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New York für Anfaengerinnen

New York für Anfaengerinnen

Titel: New York für Anfaengerinnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susann Remke
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Brunello später bestand kein Zweifel: Zoe Schuhmacher hatte ihr Ziel erreicht. Sie war sturzbetrunken. Während Ben mit der Rechnung beschäftigt war, musste sie plötzlich an den fatalen Sonntagmorgen mit Tom denken. Sie lachte leise in sich hinein bei der Erinnerung daran, wie sie in nicht zusammenpassender Unterwäsche auf den Flur der Four Seasons Residences gerannt war, weil sie ihre Küche angezündet hatte. Konnte das wirklich wahr sein? Sie hatte tatsächlich ihre Küche in Brand gesetzt? Sie sah Tom vor sich, in seinen Pyjamahosen, die ihm tief auf den Hüften hingen. Dann spürte sie förmlich, wie er sie zum ersten Mal küsste. Wie sie auf seinem Schoß saß und die Beine hinter seinem Rücken verschränkte. Sie schauderte. Verdammter Rotwein! Er machte sie sentimental.
    »Ein Königreich für deine Gedanken«, unterbrach Ben sie.
    »Ach nichts«, sagte sie, fühlte sich ertappt und betrachtete intensiv das Blumengesteck in der Mitte des Tisches.
    »Du denkst an ihn, nicht wahr?«, bohrte Ben nach und schaute sie eindringlich an.
    »Nein, natürlich nicht.«
    »Du denkst hinter deiner perfekten Maske jeden Tag an ihn«, sagte Ben resigniert. »Ich kann es förmlich spüren, wenn du es tust.«
    »Das bildest du dir nur ein«, sagte Zoe mit fester Stimme und versuchte, ihm überzeugend in die Augen zu schauen.
    »Bist du dir ganz sicher?«
    »Völlig sicher.«
    Zoe Schuhmacher dachte nicht jeden Tag an Thomas Prescott Fiorino. Das wäre untertrieben gewesen. Sie dachte fast jede wache Stunde an ihn, und nachts träumte sie von ihm. Es waren wirre Träume, nach deren Bedeutung sie am nächsten Morgen heimlich googelte, wenn Ben glaubte, dass sie Texte schrieb. Sie hatte zum Beispiel von zarten, grünen Kressesamen geträumt, die auf McDreamys behaarter Männerbrust sprossen, was nach Zoes eigener Einschätzung im besten Fall Stoff für einen grottenschlechten Schundroman war, im schlechtesten Fall eine sofortige Zwangseinlieferung in die Psychiatrie rechtfertigte. Das Online-Lexikon der Traumdeutung warnte außerdem vor »Kresse in einer Liebesbeziehung, insbesondere, wenn sie aus dem Wasser gepflückt wird«. Die Kresse wohlgemerkt, nicht die Beziehung. Andererseits stand eine geträumte behaarte Männerbrust für einen Lottogewinn. Und dann wies diese behaarte Männerbrust auch noch auf »regressive Wünsche hin, die sich oberflächlich sexuell geben«. Zoe Schuhmacher machte diese Recherche also nicht viel schlauer.
    »Bist du dir absolut sicher?«, fragte Ben erneut.
    »Ich bin mir absolut völlig ganz sicher!«, antwortete Zoe standhaft. Auf einmal wollte sie Ben – und sich selbst – dringend beweisen, dass sie Tom erfolgreich aus ihrem Herzen verdrängt hatte. Und nicht nur hermetisch abgeriegelt, wie man einen Ebola-Patienten, der bei der kleinsten Berührung immer noch hochansteckend war, auf der Isolierstation wegsperrte.
    Sie holte tief Luft. »Ben?«
    »Zoe?«
    »Ich will heute Nacht nicht alleine sein. Bleibst du da?«

MÄRZ

     
    Zoe war sich ganz sicher, dass sie in den nächstbesten Mülleimer brechen würde, wenn sie noch ein Mal kalte Pizza aus einem Pappkarton essen musste. Sie war schließlich vierunddreißigdreiviertel Jahre alt und keine Studentin mehr. Missmutig betrachtete sie den Stapel Pizzakartons im Flur, der nach unten zum Altpapier getragen werden wollte.
    »Jetzt mach schon, Ben. Beeil dich. Wir verpassen noch den verdammten Zug.« Zoe wartete mitsamt Gepäck schon seit mindestens zehn Minuten. Sie hasste es, wenn andere Leute nicht genauso pünktlich waren wie sie.
    »Mach nicht so eine Hektik. Ich probiere da gerade noch was aus«, rief Ben aus dem Wohnzimmer, und sie hörte ihn auf die Computertastatur einhacken.
    »Wenn wir geflogen wären, hättest du jetzt drei Stunden mehr Zeit zum Ausprobieren«, rief sie motzig.
    »Sind wir aber nicht.«
    »Aber nur, weil du dich wieder nicht entscheiden konntest und plötzlich das Economy-Ticket fast so teuer war wie Business-Class. Was probierst du überhaupt aus?«
    »Ich dachte, wir stellen die Channels einfach noch mal um.«
    »Spinnst du? Die Channels umstellen? Das haben wir doch vor Wochen schon abgesegnet. Und es sieht im Großen und Ganzen super aus, wie es ist.«
    »Das Wahre ist das Ganze«, versuchte Ben ganz philosophisch den sich anbahnenden Krach zu umschiffen.
    »Ach, lass mich doch mit deinem blöden Kant in Ruhe!«, rief Zoe, die wütend war über seinen völlig unnötigen, zeitverschwenderischen

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