New York für Anfaengerinnen
anzurufen und nicht nur das eher auf freie Parkplätze spezialisierte Universum.
»Deine Mutter hat mir erzählt, dass deine Freundin Mimi dich zur Preisverleihung nach Hamburg entführen wird. Ich wollte einfach nur sehen, dass es dir einigermaßen gut geht«, antwortete Ben nüchtern.
»Du hast noch Kontakt zu meiner Mutter?«
Ben lachte verschmitzt. »Wieder.«
Zoe fiel jetzt erst auf, dass sie vor Anspannung die Luft angehalten hatte. Sie atmete erleichtert aus. Keine männliche Reue, keine Geständnisse und vor allem kein Hoffnungsschimmer in den Augen.
»Gut ist eine Sache der Definition«, sagte sie dann.
Beide rührten schweigend in ihren Kaffeetassen. Eine gespiegelte Geste, wie es nur Paare taten, die sehr vertraut miteinander waren.
»Das mit der Todesanzeige war echt pubertär, Zoe«, sagte Ben schließlich und fing an zu lachen.
Auch Zoe prustete los. »Im Nachhinein ist es mir auch ein bisschen peinlich. Dabei war ich damals richtig stolz auf diesen Mordseinfall!«
»Ich habe sie übrigens ausgeschnitten und aufgehoben.«
»Du hast was?«
»Die Todesanzeige hängt jetzt eingerahmt bei mir auf dem Klo.«
So viel Humor hatte sie dem guten Ben gar nicht zugetraut. Wenn er lachte, rahmten kleine, sympathische Fältchen seine Augen. Doch dann wurde er plötzlich ernst. »Du hast ihn sehr geliebt, nicht wahr?«
Zoe schaute Ben nachdenklich an. Was um Himmels Willen hatte ihre Mutter dem guten Ben alles erzählt? Es war ja kein Geheimnis, dass Frau Schuhmacher Senior die einzige Tochter gerne wieder unter ihren mittelfränkischen Fittichen hätte. Aber als Kupplerin den Ex-Freund dazu zu benutzen, das ging in Zoes Augen doch etwas zu weit. Sie betrachtete Ben nachdenklich. Sollte sie diese Diskussion über ihren Ex wirklich mit ihrem Ex-Ex haben? Warum eigentlich nicht? Schließlich kannte sie keiner so gut wie Benni, der jetzt ganz erwachsen Ben hieß und über den Dingen zu stehen schien.
»Ja, Hals-über-Kopf-auf-den-ersten-Blick-sehr«, antwortete sie ehrlich.
Ben guckte etwas betrübt, nahm die Tatsache dann aber offenbar sportlich und wechselte das Thema. »Was willst du jetzt machen?«
»Mit Allegra zusammen eine Online-Plattform aufbauen.« Zoe erklärte das Konzept von Sehnsucht , und Ben hörte aufmerksam zu. Er stellte ein paar intelligente Zwischenfragen zu Finanzierung und Monetarisierung und feilte mit Zoe an der Ausrichtung der einzelnen Channels.
»Soll ich euch Sehnsucht programmieren?«, fragte er nach ihrem gemeinsamen Brainstorming und der dritten Tasse Kaffee. »Mein letztes Start-up ist gerade an der zweiten Finanzierungsrunde gescheitert. Ich hätte also Zeit. Und ein bisschen Geld ist auch noch übrig. Ich könnte sogar bei Sehnsucht mit einsteigen.«
Das kann kein Zufall sein, dachte Zoe. Das muss eine Fügung des Schicksals sein. Sie hatte schon überlegt, woher sie einen fähigen Programmierer kriegen sollte, der sich einer solch ungewissen Sache wie Sehnsucht annahm – und vor allem, wie sie ihn überhaupt bezahlen sollte. Benni, nein, Ben war die ideale Lösung! Sie würde das Konzept einbringen und er, im Gegensatz zu seinen vorherigen Unterfangen, lediglich für die Umsetzung zuständig sein. Was sicherstellen würde, dass ihr gemeinsames Unternehmen realistische Aussichten auf Erfolg hatte. Zoe sprang begeistert auf, lief um den Frühstückstisch herum und umarmte den überraschten Ben freundschaftlich.
»So machen wir’s! Das ist ein Deal!«
FEBRUAR
Zoe Schuhmacher fand es seltsam erfrischend, wieder Pizza direkt aus dem Pappkarton zu essen und Bier aus der Flasche zu trinken. Wie damals zu Studentenzeiten. Es herrschte Aufbruchsstimmung in der Zweizimmerwohnung in der Hegestraße in Eppendorf, die Allegra, egal ob sie in München oder Berlin arbeitete, immer als Zufluchtsort behalten hatte. Überall standen Kisten mit Technikkram herum, und das Wohnzimmer war in eine Programmierhölle verwandelt worden, mit Kabelgewirr, in dem sich nur ein Profi wie Ben halbwegs zurechtfinden konnte. Während Zoe Texte schrieb, schrieb Ben Codes. Sie diskutierten stundenlang über Benutzerführung, Site-Management und Serverkapazitäten. Die Tage und Nächte, die Ben und Zoe – und manchmal auch die über Skype aus Indien zugeschaltete Allegra sowie ein auf Stundenbasis angeheuerter Grafik-Designer – tüftelten, verbesserten oder wieder völlig von vorne anfingen, verschwammen ineinander.
»Ich hab Hunger. Was gibt’s zum Frühstück?«, rief Ben eines
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