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New York - Love Story

New York - Love Story

Titel: New York - Love Story Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Lankers
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Protest
angezogen. Erst seit ich ihnen verkündet habe, dass wir dem
Programm ihrer Mutter folgen und ins Metropolitan Museum
gehen werden, sind sie unausstehlich. Okay, ich gebe
zu, dass der Besuch von Kunstausstellungen eher nicht zu den
Lieblingsbeschäftigungen siebenjähriger Mädchen zählt. Ehrlich
gesagt zählt er trotz meiner Künstlergene nicht einmal
zu meinen. Aber ich habe diese Woche schon einmal unangenehm
erfahren, was es heißt, Madeleines Anweisungen zu ignorieren.
Und das werde ich sicher kein zweites Mal riskieren!
    Hinter einer Gruppe japanischer Touristen drängen wir
durch die Eingangstür. Im Inneren ist das Gebäude noch
beeindruckender als von außen. Die Eingangshalle allein –
ein hoher Kuppelsaal, gerahmt von zahllosen Säulen – wäre
schon groß genug, um ein ganzes Museum zu beherbergen.
An dem Infoschalter in der Mitte organisiere ich mir einen
Raumplan und versuche vergeblich, mich zu orientieren.
Gwyn und Gwen streiten unterdessen.
    »Lass uns zu den Impressionisten gehen, ja?«
    »Du mit deinen blöden Impressionisten! Ich hasse Monet!
Ich will zu Brueghel und Rembrandt!«
    »Nein, die Bilder finde ich gruselig!«
    Erstaunt schaue ich von dem Plan auf, den ich ohnehin
nicht kapiere. Woher, bitte, kennen diese beiden Zwerge
Künstler wie Monet, Brueghel und Rembrandt? Und woher
wissen sie so genau, dass sich alle diese Gemälde im Metropolitan
Museum befinden? Offenbar scheint unser heutiger Besuch
hier keine Ausnahme zu sein, sondern eher die Regel. So
langsam dämmert mir, dass es für die Abneigung der beiden
gegen Museumsbesuche gute Gründe gibt.
    »Wartet«, unterbreche ich die Diskussion. Mir ist etwas
eingefallen, das ich im Reiseführer gelesen habe. »Kennt ihr
den Tempel von Dendur?«
    Die beiden verdrehen ihre hübschen blauen Augen und
seufzen theatralisch. Egal.
    »Den schauen wir uns jetzt an.«
    Ägyptische Abteilung: rechts. So viel kapiere sogar ich auf
dem Museumsplan. Während wir uns von Raum zu Raum
vorarbeiten, höre ich die Zwillinge hinter mir weiter motzen.
Immerhin streiten sie jetzt nicht mehr miteinander, sondern
sind sich einig darin, dass sie überhaupt keine Lust auf »den
doofen Tempel« haben.
    Auf die Idee, sich den ägyptischen Tempel anzugucken, sind
außer uns noch ein paar Leute gekommen, denn der Raum ist
voller Besucher, die sich um die alten Steine drängen. Trotzdem
kann ich mich der Magie dieses Bauwerks kaum entziehen.
Sonnenlicht fällt durch die schräge Fensterfront auf die
hellen Quader und lässt sie warm leuchten. Der Tempel war
einst dem Totengott Osiris und seiner Frau Isis geweiht, lese
ich den Zwillingen aus meinem Reiseführer vor.
    Auf der Plattform gehe ich um die Überreste des Tempels
herum. Auf der anderen Seite des Raumes befindet sich ein
großes Wasserbecken, in dem sich die hohen Fenster mit
Blick auf die Bäume des Central Park spiegeln. Einige Besucher
haben sich für eine Pause auf die Steinstufen gesetzt
und genießen den Anblick der schimmernden Wasseroberfläche.
Ich spüre, dass dieser Ort Ruhe ausstrahlt, trotz all der
Menschen, die hier herumlaufen.
    Auch Gwyn und Gwen sind plötzlich ganz ruhig geworden.
Ich drehe mich zu ihnen um, will etwas Freundliches zu
ihnen sagen – und erstarre. Die Zwillinge sind nicht mehr da!
    Hektisch blicke ich mich um. Wo sind sie bloß? Gerade
standen sie noch neben mir. Ich sehe im ganzen Raum nur
Touristen, aber keine Zwillinge! Was hatten die beiden heute
noch mal an? Ach ja, karierte Röcke und weiße Blüschen.
Nein, ich kann sie wirklich nirgendwo entdecken.
    Adrenalin schießt durch meinen Körper, mein Herz beginnt
zu rasen, meine Hände kribbeln.
Shit!
    Ich schaue hinter die dicken Säulen des Tempels. Vielleicht
verstecken sich die Zwillinge bloß dahinter, um mich zu ärgern.
Nein, hier sind sie auch nicht. Halblaut rufe ich ihre
Namen.
    »Gwyn! Gwen!«
    Keine Antwort.
    Auch auf der anderen Seite der Tempelruinen sind keine
karierten Röcke und keine wippenden Pferdeschwänzchen in
Sicht. Eilig umrunde ich die beiden steinernen Bauten.
    »Gwyn! Gwen!« Mein Ruf hallt unter der hohen Decke
nach. Die anderen Besucher schauen sich irritiert nach mir
um.
    Shit!
Wo stecken die kleinen Monster bloß?
    Monet, Brueghel, Rembrandt – die Namen schießen durch
meinen Kopf. Ob sie auf eigene Faust losgezogen sind, um
sich irgendwelche Gemälde anzugucken? Zutrauen würde ich
es den beiden. Immerhin scheinen sie sich in diesem Museumslabyrinth
zehnmal besser auszukennen als

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