Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Newtons Schatten

Newtons Schatten

Titel: Newtons Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
Vom Netzwerk:
dem Kutschfenster und wies den Kutscher an, sobald wir in London wären, zum Axe Yard zu fahren.
    «Aber mehr noch besorgt mich, ob Eure Bundesgenossen auch vom rechten Schlage sind, Doktor Oates», erklärte ich. «Lord Lucas ergeht sich aufs Glühendste über die Männer der Ordnance und ihre bedingungslose Ergebenheit. Aber ein großer Teil dieser Leute sind doch Franzosen. Was ist mit aufrechten Engländern? Und bei unserem letzten Treffen sagte ich nur à d'autres, à d'autres. Erzählt das anderen, guter Mann, aber nicht mir. Denn mir schien er ganz Prahlerei und Pose und seine Erklärungen überzeugten mich nicht im Geringsten. Aber ich habe gehört, Ihr seid ein Mann von großer Raffinesse, Doktor Oates. Das hat mein Großvater immer gesagt. Und deshalb treffe ich Euch heute à la dérobée, was so viel heißt wie im Geheimen.
    Will besagen, Lord Lucas weiß nicht, dass ich mit Euch spreche.
    Er nicht und auch sonst niemand und es wäre mir lieb, wenn es dabei bliebe.»
    «Eure Lordschaft erweisen mir eine große Ehre», sagte Oates, wobei er den Kopf senkte und das selbstgefällige Grinsen, welches über seinem enormen Kinn erschien, zu unterdrücken suchte.
    «Raffinesse und Integrität, Doktor Oates. Ihr seid ein Mann, der die Dinge beim Namen nennt.»
    «Eure Lordschaft sind zu gütig», sagte Oates grienend.
    «Ich möchte also wissen, wie viele wir wirklich sind und nicht, was Lord Lucas mir zu erzählen für opportun hält. Und wie unsere Erfolgschancen stehen.»
    «Wir sind nicht so viele», sagte Oates. «Aber genügend.»
    «Meiner Treu, Doktor, jetzt klingt Ihr wie Lord Lucas. Nicht so zurückhaltend, wenn ich bitten darf, sonst glaube ich noch, diese Verschwörung existiert nur in der Phantasie. Der kluge Mann
    -335-

    baut sein Haus nicht auf Sand, sondern auf Fels. Ich möchte also wissen, auf wen wir bauen können, denn ich vertraue nicht auf Männer, die keine Namen haben.»
    Oates' Augen wurden schmal und er starrte aus dem Kutschfenster, während draußen jetzt Hampstead von Tyburn abgelöst wurde, dem Grünland mit seinen vielen Milchviehhöfen, welche London mit Milch und Käse versorgten. Ich glaubte schon, er hätte Verdacht geschöpft und schloss die Hand um die Pistole in dem Pelzmuff, welcher auf meinem Schoß lag wie ein toter Spaniel. Doch schließlich nickte er nachdenklich.
    «Mylord», sagte er fast schon flehentlich. «Es ist sicherer, wenn Ihr es nicht wisst. Dennoch wundert mich, dass Euch Lord Lucas nicht besser unterrichtet ha t. Das ist höchst seltsam.»
    «Lucas ist kein konsiderater Mann», sagte ich. «Ja, ich will Euch insgeheim verraten, dass ich ihn gar nicht mag.»
    «Er ist höchst ungeduldig und unbeherrscht, das ist wahr», gab mir Titus Oates Recht. «Nun gut, ich will Euch sagen, was ich weiß. Im Tower sind da er selbst, Captain Lacoste, Captain Martin, Sergeant Rohan und einige Männer der Garnison, Cousin, Durel, Lasco, Devoe, Harald. In der Münze sind es Fauquier, der Stellvertretende Münzmeister, Mister Collins, einer der Billonprüfer und Abkömmling des berühmten hugenottischen Admirals Coligny, welcher in der Bartholomäusnacht von den französischen Katholiken niedergemetzelt wurde, dann Valière, der Gießer, Mister Silvester, der Schmied und Peter Bayle, der Marketender. Das sind insgesamt dreizehn Mann in der Festung selbst.
    Außerhalb des Tower sind da fast hundert Mann in den Kasernen von Whitehall und Somefset House, darunter wiederum einige Hugenotten: Colonel Quesnal, Major Laurent, Major Sarrazin, Captain Hesse, Captain Popart, Lieutenant Delafons und Sergeant Barre.
    -336-

    An Zivilisten sind es noch einmal etwa hundert, darunter ich, Sir John Houblon von der Bank von England, Sir John Peyton, Monsieur Piozet, der Pastor im Savoy, die Messieurs Primerose, La Mothe, Chardin und Moreau vom grand comité franòais. In Soho haben wir Monsieur Guisard, dessen Vater als Ketzer verbrannt wurde und Monsieur Peyferie und dazu kommen noch sechs bis sieben Dutzend Hut- und Knopfmacher, Seidenweber, Tuchhändler, Kerzenzieher, Apotheker und Perückenmacher in der City.
    Und schließlich haben wir noch Mister Defoe, den Pamphletisten, Mister Woodward, den Verleger und Mister Downing, den Drucker, ganz abgesehen von dem Trupp Brandstifter, welche mir helfen werden, Whitehall in Brand zu stecken, darunter der junge Mister Tongue, welcher viel vom Feuerlegen versteht.
    Das sind alles gute Protestanten, Mylord», erklärte Oates. «Also seid versichert,

Weitere Kostenlose Bücher