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Newtons Schatten

Newtons Schatten

Titel: Newtons Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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der Schauspieler, wurde ermordet.»
    «Ach ja?»
    «Wisst Ihr nicht mehr? Lord Mohun kam doch deswegen vor Gericht.»
    «Ja, jetzt erinnere ich mich», sagte Newton. «Auch daran, dass er nicht seiner Schauspielkünste wegen ermordet wurde, sondern wegen einer Liaison mit einer Dame, welche ihm Lord Mohun nicht gönnte.»
    «Ich sollte besser in der Kutsche eine versteckte Pistole bei mir haben», sagte ich. «Damit wir uns verteidigen können, falls wir enttarnt werden. Denn Euer Plan, Oates und seine Hugenottenfreunde zu überlisten, scheint mir das Gefährlichste, was wir je getan haben.»
    «Wir werden zu unserem Schutz tun, was wir können. Mister Hall wird unser zweiter Kutscher sein. Und auch er wird bewaffnet sein. Mit Gottes Hilfe wird es glücken.»
    Er nahm ein leeres Blatt Papier und schrieb folgende Botschaft: TBT QEQ HHFL ZKR FUG ZEQ SAWN XNIZAT PD GOD
    TLEW JKSZ HWJ LB GNLHK PBZI GAOAD I LOZ NKK LN
    KRR CRACSS NHGT VJ QAM FKML NAW CZAASF
    GWOD DHK VEN BP COKXS JDS LTH QB

    Am Montagvormittag erstanden wir für mich eine gebrauchte Garderobe bei Mister George Hartley in der Monmouth Street, unter der Zusicherung, dass er die Sachen zurückkaufen würde, wenn wir sie nicht mehr brauchten. Ich trug einen Seidenanzug, Seidenstrümpfe, einen Samtumhang und einen Biberhut mit einer Straußenfeder; hinzu kamen ein vornehmer Knotenstock mit Silberknauf, ein kleines Florett mit vergoldetem Griff, ein großes Seidentaschentuch, eine silberne Allongeperücke, ein
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    Paar weiche, nach Jasmin duftende Handschuhe, eine blaue Schärpe und um die Taille ein dicker Pelzmuff, in dem ich eine kleine Pistole verbarg. Es waren die prächtigsten Kleider, die ich je getragen hatte, wenn es mich auch etwas bestürzte, dass Mister Hartley erklärte, die Sachen stammten vom Leichnam eines galanten Wegelagerers namens Gregory Harris, der auf dem Tyburn gehängt worden sei und dessen Kleider der Henker dann, wie es sein Privileg sei, verkauft habe. Ich vervollständigte meine hochherrschaftliche Erscheinung mit reichlich Puder auf Gesicht, Perücke und Rock, einer kleinen Schnupftabakdose und ein paar arroganten Verhaltensweisen.
    Tatsächlich fühlte ich mich als ein ungeheuer elegantes Geschöpf, umso mehr, als Newton erklärte, ich könne mit jedem Lord mithalten, welchen er je gesehen habe. Ich bedauerte nur, dass Miss Barton keine Gelegenheit hatte, mich zu sehen und sich der Meinung ihres Onkels anzuschließen.
    Am Abend, gegen sieben Uhr, holte Lord Halifax' Kutsche Newton und mich im Tower ab und brachte uns hinauf nach Hampstead, zum Kit Kat Club, welcher sich im Upper Flask Tavern in der Heath Street traf. Wo immer wir vorbeifuhren, sahen uns die Leute nach, denn die Kutsche war überaus prächtig, mit Glasfenstern, zwei livrierten Kutschern und sechs vorgespannten Rappen, in deren Mähnen und Schweife grüne Bänder, passend zur Livree, eingeflochten waren.
    Kurz vor acht Uhr hielt unsere Kutsche vor dem Wirtshaus in dem Örtchen Hampstead, welches ein höchst nobler Teil Londons ist, da es hoch droben auf einem gut belüfteten Plateau liegt. Der Kit Kat Club war ein eingeschworener Whig-Club und eine Zeit lang der berühmteste Club Londons und zu seinen Mitgliedern zählten unter anderem Mister Swift, Mister Addison, Mister Steele, Mister Vanburgh, Mister Dryden, Mister Congreve, Mister Kneller, Lord Ashley und ebenjener Lord Mohun, welcher den Schauspieler William Mountford getötet hatte und später den Herzog von Hamilton im Duell
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    töten sollte. Der Club war hell erleuchtet und scho n jetzt so laut, dass ich verstand, warum er sich hier befand und nicht in der City, zumal einige der jüngeren Mitglieder als ausgesprochen zügellose Gesellen galten und Scheiterhaufen auf der Heath Street, wo Papstpuppen verbrannt wurden, keine Seltenheit waren.
    Mein Herr und ich saßen eine Viertelstunde in der Kutsche und warteten, dass der niederträchtige Titus Oates endlich erschiene und langsam fürchtete ich schon, er käme gar nicht.
    «Vielleicht hat er ja Verdacht geschöpft, dass etwas nicht stimmt», sagte ich.
    «Warum sollte er?», fragte Newton, der mit seiner Augenklappe überaus gefährlich aussah. «Von den Verschwörern ahnt doch niemand, dass die Geheimschrift enträtselt ist. Er wird kommen.
    Da bin ich ganz sicher.»
    Noch während er sprach, sah Mister Hall, der als unser zweiter Kutscher fungierte, eine lange Gestalt auf der Höhe angelangen und als er uns warnte, dass unser Mann nahe, blieb

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