Newtons Schatten
dass unsere Erfolgschancen hoch sind.»
«Die Feuersbrunst», sagte Newton, «wird man ja sicher den Papisten in die Schuhe schieben.»
«Ganz recht», sagte Oates, «weil es ja nur das ist, was sie täten, wenn sie Gelegenheit dazu hätten.»
«Wer würde das bezweifeln? Nach der Ailesbury-Verschwörung?», sagte Newton. «Oder Sir John Fenwicks Erhebung?»
«Und dennoch», sagte ich. «In diesem Jahr sind schon so viele Papisten verhaftet worden, dass ich fürchte, man hat sie in den Untergrund getrieben und wir werden weniger von ihnen finden, als es gibt. Wurden nicht im Februar alle Papisten zehn Meilen vor die Stadtgrenze verbannt?»
«Doch, Mylord», sagte Oates. «Aber die Bestimmung wurde bereits nach einem Monat wieder gelockert und die wenigen, die tatsächlich hatten gehen müssen, waren schon bald wieder zurück wie die Ratten nach dem großen Feuer.»
-337-
«Dann sagt doch bitte, Doktor Oates, wie akkurat sind Eure Listen derer, die getötet werden sollen? Wir wollen doch nicht, dass irgendwelche Papisten entkommen.»
«Ich versichere Euch, es wird keiner entkommen, Mylord», sagte Oates und an seinem fanatischen Grinsen sah ich, wie sehr ihn die Aussicht auf das Blutbad ergötzte. «Beginnen werden wir mit dem Haus des spanischen Botschafters in der Wild Street in Covent Garden, welches der ganzen Gegend eine katholische Aura verleiht. Dort erwarte ich Unterlagen zu finden, welche für den päpstlichen Gesandten in Flandern erstellt wurden, mit den genauen Zahlen und Namen der Katholiken in England und Wales. Ich glaube nicht, dass wir weniger Katholiken abschlachten werden, als damals in Paris Hugenotten ermordet wurden, Mylord.»
«Es scheint nur recht und billig, dass es genauso viele sein sollten», murmelte Newton. «Doch wann geht es los?»
«Dummkopf», sagte ich, um vor Oates so zu tun, als wüsste ich das längst, denn es schien mir nicht gut, wenn es so aussah, als wüssten wir gar nichts. «Das habe ich Euch doch schon erklärt.
Der Bursche hört einfach nie zu, Doktor. Sagt es ihm noch einmal.»
«Natürlich wenn der König aus Flandern zurück ist», sagte Oates. «Was sollte eine katholische Verschwörung zur Ermordung des Königs, wenn der König gar nicht da ist? Es geht los, wenn dieser Isaac Newton ermordet ist. Denn nach seinem Tod, welchen man den Katholiken in die Schuhe schieben wird, wird der Rest des abscheulichen Komplotts ans Licht kommen.»
«Wie soll er denn ermordet werden?», fragte ich nach. «Ich habe gehört, er sei ein äußerst gescheiter Bursche, dieser Isaac Newton. Er könnte Euch ein Schnippchen schlagen.»
«Die genauen Einzelheiten weiß ich nicht. Doch seine Gewohnheiten sind uns bekannt. Er wird auf der Straße
-338-
ermordet werden und zwar so, dass aller Verdacht auf einen Münzwerker fällt, welcher als Katholik bekannt ist.»
«Nach dem Friedensschluss also», sagte Newton so unbeteiligt, als erörterten wir die Ermordung eines Fremden.
«Natürlich warten wir den ab», sagte ich. «Sapperlot, was seid Ihr für ein Esel, John. Der Leibhaftige soll Euch holen.
Natürlich erst nach dem Friedensschluss, denn wann sonst sollte der König zurückkehren?» Ich sah Titus Oates an und schüttelte resigniert den Kopf. «Manchmal frage ich mich, warum ich ihn in meinen Diensten behalte, Doktor, er enerviert mich so.»
Wir unterhielten uns weiter, holten unauffällig immer mehr aus Oates heraus, sodass wir, als die Kutsche im Axe Yard hielt, der zwischen der King Street und dem Hahnenkampfplatz im St.
James's Park lag, scho n eine ganze Menge wussten, nur nicht, was in dem Pamphlet stand, welches ich jetzt höchst dringlich zu lesen verlangte.
«Ich hole es sofort», sagte Oates, öffnete den Schlag, stieg aus und ging in sein Haus.
«Welch widerwärtiger Schurke», bemerkte Newton.
«Wahrhaftig», sagte ich. «Un étourdie bête sondergleichen.»
«Ein dumpfes Tier, ganz recht», sagte Newton lächelnd. «Und Ihr, Sir, habt Eure wahre Berufung verfehlt. Was hättet Ihr für einen Schauspieler abgegeben, mein Freund. Euer französisiertes Englisch ist überaus zierlich und aristokratisch.
Bien tourné sozusagen. Ich bin wahrhaft beeindruckt.»
«Danke, Sir. Und jetzt werden wir herausfinden, was unser Mister Defoe geschrieben hat.»
«Das ist auch so ein Schurke», sagte Newton. «Ich hasse alle, die anonym verbreiten, wozu sie nicht offen zu stehen wagen.
Das ist schlichte Feigheit.»
Als Oates mit einem seiner abscheulichen
Weitere Kostenlose Bücher