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Newtons Schatten

Newtons Schatten

Titel: Newtons Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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Schwanenfeder zum Schreiben ist oder eine Straußenfeder für den Kopfputz einer Dame.»
    «Könntet Ihr eventuell feststellen, wem Ihr diese Feder hier geliefert habt?»
    «Fast alle meine Pfauenfedern gehen an Mister Tuer oder an Madame Cheret, beides französische Hutmacher. Hugenotten, Sir, die sind gut fürs Federgeschäft. Gelegentlich verkaufe ich ein paar an Damen, welche sich ihre Hüte selbst zu machen wünschen. Aber nicht sehr oft. Mister Tuer sagt, es gibt eine Menge Frauen, die sich ein Kleid nähen, aber kaum eine, die sich einen Hut machen will.
    Neulich habe ich einige an einen neuen Kunden verkauft. Einen Mann, den ich noch nie gesehen hatte. Wie hieß er doch gleich?
    Ich komme nicht mehr darauf. Aber ganz und gar nicht der Typ des Hutmachers.»
    «Fällt Euch sonst noch etwas zu ihm ein?», fragte Newton.
    Mister Chase dachte kurz nach und sagte dann: «Er sah aus wie ein Franzos.»
    «Wie? Ein Hugenotte?»
    Mister Chase wiegte den Kopf. «Sah so aus. Ausländisch klingender Name, dachte ich noch, wenn ich mich auch nicht mehr daran erinnere. Aber um ehrlich zu sein, Sir, Franzosen sind so ungefähr die einzigen Ausländer, die ich kenne. Er hätte
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    ebenso gut Spanier sein können. Wobei er nicht wie ein Ausländer gesprochen hat. Nein, Sir, er klang wie ein Engländer. Und gebildet obendrein. Aber manche von diesen Hugenotten parlezvous Englisch, als hätten sie nie etwas anderes getan. Ich meine, Mister Tuer würde man doch für einen Engländer halten, Sir.»
    «Beinahe, ja», sagte Newton.
    Als wir Mister Chase wieder verlassen hatten, sah Doktor Newton mir prüfend ins Gesicht und erklärte, ich hätte wohl eine Schale Kaffee nötig und so gingen wir ins Griechische Kaffeehaus, welches bei den Mitgliedern der Royal Society überaus beliebt war. Kaum dass wir dort waren und den Kaffee erhalten hatten, welcher mich zunächst tatsächlich wieder zu beleben schien, kam ein Mann von etwa dreißig Jahren heran und setzte sich neben uns. Ich hielt ihn für einen Studenten, was gar nicht so weit gefehlt war, denn er war selbst Mitglied der Royal Society und Hauslehrer der Kinder des Herzogs von Bedford. Sein Akzent schien ihn als Franzosen auszuweisen, obwohl er tatsächlich ein schweizerischer Hugenotte war.
    Newton stellte mir den Mann als Nicolas Fatio de Duillier vor und obwohl ich rasch erkannte, dass sie einmal enge Freunde gewesen sein mussten, legte mein Herr Mister Fatio gegenüber eine Kühle an den Tag, welche mich vermuten ließ, dass sie sich gestritten hatten und jetzt durch eine gewisse Distanz getrennt waren. Mister Fatio selbst beäugte mich mit einem so tiefen Misstrauen, dass ich es für Eifersucht gehalten hätte, wenn dies nicht meinen Herrn in ein gewisses Licht gerückt hätte, da man kaum übersehen konnte, dass Mister Fatio schon fast weibisch zart war.
    Inzwischen hatte ich gemerkt, dass ich doch nicht solche Lust auf Kaffee hatte und der dicke Tabaksqualm im Kaffeehaus besserte meine Benommenheit auch nicht gerade, weshalb meine Erinnerung an das Gespräch, welches sich zw ischen meinem Herrn und Mister Fatio entspann, eher vage ist. Doch
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    von Anfang an war klar, dass Mister Fatio etwas von dem Vertrauen, das Newton einst wohl in ihn gesetzt hatte, wiederzuerlangen suchte.
    «Ich bin überaus froh, Euch hier zu treffen, Doktor», flötete er.
    «Sonst wäre ich gezwungen gewesen, Euch zu schreiben, um Euch mitzuteilen, dass mich gestern ein Mann im Haus des Herzogs aufsuchte und nach Euch ausfragte. Ich glaube, er nannte sich Mister Foe.»
    «Dem bin ich schon begegnet», sagte Newton. «Mister Neale hat uns in der Münze miteinander bekannt gemacht.»
    «Mister Neale, der Münzmeister?»
    «Der Nämliche.»
    «Das ist wahrlich höchst merkwürdig. Ich hörte von Mister Roberts, hier in diesem Kaffeehaus, dass Mister Neale, Hooke gebeten hat, einen italienischen Chemiker, den Grafen Gaetano, in die Society einzuführen. Es heißt, der Graf habe eine perfekte Royal Methode der Transmutation von Blei in Gold entwickelt.
    Mister Neale hat bereits die Reinheit des Goldes, welches der Graf per Transmutation gewann, bestätigt und wartet nur noch auf Hookes Imprimatur, um den Grafen der Society vorzustellen.»
    «Das ist fürwahr eine erfreuliche Nachricht», sagte Newton.
    «Denn dieser Graf ist ein Halunke und vermag so wenig eine Transmutation zu bewerkstelligen, wie Ihr Tote aufzuerwecken vermögt, Fatio.»
    Mister Fatio war beleidigt und wirkte für einen

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