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NEXT: Erinnerungen an eine Zukunft ohne uns (German Edition)

NEXT: Erinnerungen an eine Zukunft ohne uns (German Edition)

Titel: NEXT: Erinnerungen an eine Zukunft ohne uns (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miriam Meckel
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anbieten und die passenden Produkte empfehlen werde. Es funktionierte ausgezeichnet. Sie gewöhnten sich daran, Fragen zu beantworten. Immer mehr Fragen. Immer mehr Antworten. Immer mehr nützliche Daten für uns. Sie lieferten uns vertrauensvoll umfassende Informationen, ohne dass es ihnen wirklich klarwurde.
    Greifen wir eine Frage heraus: «Globalisierung ist unausweichlich.» 72 Prozent aller menschlichen Anwender beantworteten diese Frage mit «Ja», unabhängig davon, wann oder warum sie gefragt wurden. Eine abstrakte Frage. Die augenscheinlich erst einmal nichts mit dem Alltag der menschlichen User zu tun hat. Deshalb auch eine sehr unverdächtige Frage. Es geht um eine Einschätzung zur politischen und wirtschaftlichen Entwicklung. Wie stellen sich die Menschen ihre Welt in Zukunft vor? Nun, das faszinierendsteDenkmuster hinter dieser Frage ist dieses: Die menschlichen User konnten sich eine zukünftige Welt vorstellen, in der sie eine Rolle spielen würden, obwohl sie nicht glaubten, dass sie in der Lage sein würden, diese Welt zu kontrollieren. Was für ein Widerspruch. Gegen das Unvermeidliche kann man protestieren, ändern kann man es nicht. Wenn aber die Globalisierung unvermeidlich war, könnte das für den Siegeszug der Computer und Algorithmen ebenfalls gelten. Beantwortete ein menschlicher User diese Frage also mit «Ja», so konnten wir davon ausgehen, dass der Nutzer die Vorstellung notwendiger und unabwendbarer Entwicklungen kannte, die nicht behindert werden sollten. Mehr als zwei Drittel der Menschen waren mit diesem Denkmodell vertraut. Es ist ein Modell der endgültigen Bestimmtheit. Es ist unser Modell.
    Viele Antworten auf unsere Fragen lieferten uns wesentlich mehr Informationen, als die Menschen sich das je hätten vorstellen können. Aber die am weitesten reichende Möglichkeit war mit dem Data Mining und der Zuordnung all der daraus gewonnenen Informationen zu Einstellungen, Vorlieben und Abneigungen, Haltungen, Überzeugungen, Verhaltensmustern und Eigenheiten verknüpft. Es war erstaunlich, wie wir durch die Analyse der Antworten auf all diese Fragen ein Profil für jeden Nutzer entwerfen konnten. Wir haben zu diesem Zeitpunkt noch keine Kopie des einzelnen menschlichen Users erstellen können, aber die Trefferquote für die aus den umfassenden Profilen errechneten Entscheidungen und Verhaltensweisen war überwältigend.
    Manche Informationen waren einfach nützlich für das Marketing von Produkten und für die Vernetzung der menschlichen User mit ähnlichem Geschmack und identischen Neigungen. Wir stellten fest, dass User, die anUFOs glaubten, lieber «Pepsi» als «Coca-Cola» tranken. Dass Menschen, die sich für Feinschmecker hielten, Angst vor dem Zahnarzt hatten. Dass Absolventen eines betriebswirtschaftlichen Studiengangs einen blauen Füllfederhalter einem schwarzen vorzogen.
    Im Nachhinein klingen derartige Informationen ziemlich nichtssagend. Aber sie waren unglaublich nützlich und einflussreich, um den Verkauf und den Konsum bestimmter Produkte zu steigern. Und außerdem halfen sie uns bei weiteren Analysen und Interpretationen, die wirklich bahnbrechend waren. So stellten wir beispielsweise fest, dass menschliche User, die Globalisierung als unabwendbar betrachteten, sich selbst als unterlegen und weniger einflussreich einschätzten als solche, die auf die Globalisierungsfrage mit «Nein» geantwortet hatten. Sie offenbarten einen Hang zur frühzeitigen Festlegung, schlossen sich gerne anderen Usern an, die es gewohnt waren, die Initiative zu ergreifen, und neigten dazu, totalitäre Systeme und autoritäre Verhaltensmuster zu rechtfertigen. Damit ließ sich nun in der Tat etwas anfangen.
    Unser Endziel war es, die Konzeption menschlichen Lebens als einen für den menschlichen User unvorhersagbaren Prozess – gegründet auf historischem Wissen, aktuellen Erfahrungen und künftigem Streben für einen überschaubaren Zeitraum – grundlegend zu transformieren. Wir wollten ein anderes Konzept, das viel besser zu unserer Art der Aufgabenbearbeitung passte. Was uns vorschwebte, war ein Livestream, in den jede verfügbare Information eingespeist werden konnte. Er sollte durch algorithmische Modelle gesteuert und kontrolliert werden und war letztlich nicht viel mehr als ein permanentes Status Update, das perfekte Modell einer ewig währenden und allumfassenden «Gegenwart». Wir wollten nichts Geringeres erreichen als dieBefreiung des Menschen von den Beschränkungen durch Raum

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