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NEXT: Erinnerungen an eine Zukunft ohne uns (German Edition)

NEXT: Erinnerungen an eine Zukunft ohne uns (German Edition)

Titel: NEXT: Erinnerungen an eine Zukunft ohne uns (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miriam Meckel
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schon zu Körperzeiten immer gewünscht haben. Eine Art von Vervollkommnung und Vollendung in uns selbst und in unserer Integration mit den Hilfssystemen. Dennoch erinnere ich mich daran, dass der damaligen Unvollkommenheit und Unvorhersehbarkeit ein besonderer Zauber innewohnte. Wo man noch nicht war, da wollte man hin. Der Zufall hat zu jenen Zeiten immer wieder dafür gesorgt, dass unser Bemühen um Bestimmung durch Unbestimmbares durcheinandergebracht wurde. Wie in einem Perpetuum mobile war er die Antriebskraft für stetes Streben und stets erneute Enttäuschung. Aber irgendwie gab es da etwas, das uns fasziniert und motiviert hat.
    Vermutlich war das auch der Grund, dass wir zunächst versucht haben, den Zufall in unsere Computer und die algorithmischen Empfehlungssysteme einzubeziehen. Es hat eine ganze Bewegung zu der Zeit gegeben, die davor gewarnt hat, unsere Entscheidungen allzu weitreichend den Algorithmen zu überantworten. 12 Verließen wir uns zunehmend auf sie in wesentlichen menschlichen Existenz-und Entscheidungsbereichen, dann beschränkten wir uns auf ein theoretisch in seinen Dimensionen unbeschreibbar großes, aber dennoch immer deterministisches und damit endliches Set an Auswahlmöglichkeiten, so lauteten die Mahnungen.
    Weitergedacht bedeutete das: Alles, was es in der Zukunft geben konnte, war schon in der Vergangenheit angelegt.Denn die Elemente der Berechnung mussten alle bereits vorhanden sein, damit sie funktionieren konnte. Und selbst wenn wir Zufallsbits durch einen randomisierten Algorithmus einrechnen ließen, stünde deren Zahl und Ausprägung fest. Sie veränderte also nur die Art und Folge der Ergebnisse, aber nie so, dass die Ergebnisse an sich zufällig waren. Alle Zukunft wäre damit immer Replikation und Rekombination des aus der Vergangenheit Bekannten. Wir blieben auf ewig unser eigener Status quo.
    Diese Warnungen waren damals durchaus nachvollziehbar. Es gab bis dahin keinen Hinweis darauf, dass ein Computer nichtdeterministisch sein könne. Nichtdeterministische Rechenmaschinen gehörten als spannende theoretische Modelle zu den Denkkonstrukten der Physik und Informatik, aber praktisch hatten sie keine Bedeutung. Auf den Punkt gebracht heißt das: Das Erzeugen von Zufall durch den Computer war nach unserem damaligen Kenntnisstand unmöglich.
    Natürlich gab es auch damals schon randomisierte, genetische oder gar evolutionäre Algorithmen, die versuchten, genau dieses Problem zu lösen. Und natürlich waren es nicht die Computer, die das versuchten. Wir waren das, indem wir die Computer entsprechend programmiert hatten. Und auch ‹versuchen› ist hier das falsche Wort. Computer der früheren Generation haben sich nie am Zufall versucht, sie haben ihn berechnet. Wenn wir mit dem Computer eine zufällige Zahlenfolge produzieren wollten, dann gaben wir einen bestimmten Startwert (Seed) ein, der sich beispielsweise aus der Systemzeit, der Position des Mauszeigers, den CP U-Auslastungswerten oder anderen Rechengrößen ergeben konnte. Dazu wählten wir einen Pseudo-Zufallsgenerator aus, und der Computer rechnete los.
    Bei hochwertigen Zufallsgeneratoren produzierte er Zahlen, die gute statistische Eigenschaften aufwiesen, also in Rechenmodellen funktionierten. Wirklich zufällig waren sie allerdings nicht. Der Computer mochte millionen-oder gar milliardenfach Zahlen errechnen, die zufällig schienen, irgendwann wiederholte sich die Zahlenreihe. Jede dieser Zahlen war also Bestandteil einer endlichen und letztlich absehbaren, das heißt auch vorhersagbaren Zahlenreihe, die eben eine Rechenregel und nicht den Zufall widerspiegelte. 13
    Aus heutiger Betrachtung ist es schwer nachzuvollziehen, worum es damals ging. Aber die Frage nach der Möglichkeit, mit Hilfe von Computern Zufall zu erzeugen, war von einiger Bedeutung. Ich weiß noch, dass es heftige Auseinandersetzungen um die besten Formen der Datenverschlüsselung gab. In der Körperzeit war es den Menschen sehr wichtig, politische oder militärische Informationen geheim halten, also vor anderen Menschen verbergen zu können. Das war schon in der analogen Phase der Körperzeit nicht leicht, denn wenn zum Beispiel eine Information auf Papier von einem Ort zum anderen transportiert wurde, konnte sie von Menschen abgefangen werden, die eben keinen Zugriff auf diese Information haben sollten. In der digitalen Phase der Körperzeit wurde es noch komplizierter, denn letztlich waren ja alle Informationen in eine Reihe von 0 und 1

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