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NEXT: Erinnerungen an eine Zukunft ohne uns (German Edition)

NEXT: Erinnerungen an eine Zukunft ohne uns (German Edition)

Titel: NEXT: Erinnerungen an eine Zukunft ohne uns (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miriam Meckel
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Datensätze, riesige Datensätze, die sie auf unerfindlichen Wegen bekommen hatten, im Netz veröffentlicht. Jeder dieser Schritte sollte ein Beitrag zur umfassenden «evidence of truth» sein. 16 Letztlich wurde damit die Systemzeit in einem wichtigen Aspekt vorweggenommen, nämlich der Annahme, in einem Zustand der umfassenden Vernetzung dürfe es keine Geheimnisse mehr geben und alle Daten müssten für jeden immer zugänglich sein.
    Wir haben früher gezweifelt, ob das die richtige Entwicklung sei. Es gab Argumente für das Geheimnis, zumindest für eine zeitlich begrenzte Möglichkeit, nicht alle Daten jedem zugänglich zu machen. Und die Begründung war weitreichend: totale Transparenz mache totalitäre Überwachung möglich, aber wichtige, komplizierte Entscheidungen unmöglich. Inzwischen hat sich diese Frage überlebt. Wir sind längst im Modus der totalen Transparenz aller Informationen angekommen. Es gibt keine Chance mehr auf ein Datenleck. Die Systemzeit ist das ubiquitäre und immerwährende Datenleck. An ihren Anfängen haben wir mitgeschrieben, es also offenbar so gewollt.
    Ich habe keinen Anlass, an den Möglichkeiten der Systemzeit zu zweifeln. Ich habe nur ein Gefühl. Es quält mich immer wieder mit der Frage, ob es vielleicht doch noch einen«Dealer» gibt. Ob er sein Geheimnis zwischen uns allen als Teilen der Systemzeit aufgeteilt hat und wir alle nur nichts voneinander wissen. Der algorithmische Dealer, der das von Menschen erdachte Verfahren zur Vollendung geführt hat und uns alle zu Mitspielern macht, zu Hütern eines Teils des großen Geheimnisses der Systemzeit. Vielleicht werfe ich immer wieder eine virtuelle Münze, ohne dass ich davon weiß. Vielleicht tun wir alle nichts anderes mehr.

[O FFENBARUNG --- ..-. ..-. . -. -... .- .-. ..- -. --.] Ich stelle mir mein früheres Selbst als geschlossenen Raum vor, zu dem nur ich den Schlüssel hatte. Was in diesem Raum geschah, wusste nur ich – wenn überhaupt. Was aus diesem Raum heraus in die Welt kam, ließ nur ich zu – wenn überhaupt. So muss es gewesen sein, als es noch die Person gab, die geschützt war. Informationell geschützt und rechtlich. Es gab klare Regeln, wer wann den Vorhang lüften und nachsehen durfte, was drinnen geschah. Denn das war meines. Es gehörte einzig und allein mir.
    Das war früher, als es überhaupt noch die Person gab. Sie war als Person das Private. Und das hatte in der Öffentlichkeit nichts zu suchen, es sei denn, sie selbst wollte es so. Das ist insofern eine irrwitzige Vorstellung, als sie so unglaublich voraussetzungsreich ist, aber keine einzige der Voraussetzungen, die wir damals als gegeben akzeptiert hatten, heute noch relevant ist. Damit meine ich nicht, es sei irgendwann eine böse Macht über uns gekommen und habe uns gezwungen, von alledem Abschied zu nehmen. So war es keineswegs. Wir selbst haben Abschied genommen, in kleinen Schritten, aber kontinuierlich. Ich sollte zugeben, dass dieser Prozess den Menschen vor sich selbst entlarvt hat, und zwar in doppeltem Sinne.
    Zum einen haben wir mit den wachsenden Möglichkeiten der Vernetzung und Datenspeicherung begonnen, immer mehr Informationen über jeden Einzelnen von uns öffentlich zu machen. Es war die große Selbstoffenbarung, die durch Soziale Netzwerke, wie Facebook, damals stattfand, und sie hat uns Menschen voreinander bloßgestellt. Manche waren vorsichtiger, haben noch einige Zeit darauf geachtet,welche Daten sie ins Netz entließen, und dabei versucht, ihrem Selbst den richtigen Spin zu geben. Andere waren schneller und haben sich sozusagen mit allen Details selbst ins Netz hochgeladen. Natürlich vollkommen anders als dies dann später zum Ende der Körperzeit geschehen ist. Aber es war ein Anfang. Ein wichtiger erster Schritt. Es war der Anfang vom Ende des Unterschieds zwischen dem, was privat war, und dem, was öffentlich war.
    Die zweite Form war schwieriger für mich. Auch daran erinnere ich mich. Irgendwann haben die Probleme begonnen, die von Menschen gemachten und die aus der noch unvollständigen und unvollendeten Mensch-Maschine-Integration entstandenen. Das war die historische Offenbarung. Der Mensch hat sich als überschätzte Spezies entlarvt. Der zur Selbstreflexion fähige und durch Vernunft angetriebene Mensch hat sich nicht vor sich selbst schützen können. Ich weiß, dass es immer diese Warnungen gegeben hat. Zum Beispiel den Satz des Philosophen Thomas Hobbes, «homo homini lupus est», der in fast jeder damals

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