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Nextopia

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Titel: Nextopia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Micael Dahlén
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interviewt, um nur einige zu nennen.
    Und ja, das war der Auslöser für eine »Musikerkarriere«. Laden Sie sich den Trance Mix bei iTunes herunter. Oder sehen Sie sich eins der vielen Videos auf YouTube und MySpace an.
    Nichts von alldem, was Britney (oder irgendein anderer Musiker) jemals getan hat, lässt sich mit Chris während seines 15-Millisekunden-Ruhms vergleichen …
    IV. MR. UNSTABLE An einem Montagmorgen im August 2008 erschien auf Timothy Tacketts MySpace-Profil ein Video, in dem er an seinem Arbeitsplatz ein Bad nahm. Bei diesem Arbeitsplatz handelt es sich um eine Burger-King-Filiale in Xenia, Ohio, und Tim taucht seinen nackten Körper unter Anfeuerungen und Kommentaren seiner Kollegen in die Küchenspüle. Noch ehe der nächste Tag anbrach, wurde das Video von seiner Website entfernt, doch bis dahin war Timothy Hackett bereits für die ganze Welt zu Mr. Unstable geworden.
    Drei Tage später wurden bei YouTube über 70 Clips von Tims Burger-King-Bad gezeigt, die weit oben in der Liste der meistgesehenen Videos rangierten. Nachrichtensendungen auf ABC, NBC, Fox und Fernsehsendern weltweit machten sein Erlebnis Millionen von Zuschauern zugänglich, während Blogs, Zeitschriften und Zeitungen dazu beitrugen, ihm Tausende und Abertausende von Google-Treffern zu bescheren.
    Nachdem Burger King von der kreativen Nutzung seiner Spüle erfahren hatte, wurden Tim und alle seine im Video erkennbaren Kollegen binnen weniger Stunden entlassen.
    Aber wenigstens 15 Millisekunden lang machte ihm das nichts aus. Durch das Bad in der Burger-King-Spüle erhielt der um Anerkennung bemühte Musiker, von dem niemand je zuvor gehört hatte, augenblicklich Millionen von Besuchern auf seiner Mr.-Unstable-Seite bei MySpace, und die Zahl der Hörer seiner Songs wie Illness und I’m Garbage bewegte sich im sechsstelligen Bereich.
    V. SENG-HUI CHO Die Welt beliebiger Verfügbarkeit ist nicht ganz gesund. Genau genommen war die Gesellschaft nie völlig gesund, und Seng-Hui Cho folgt einer jahrhundertealten Tradition. Aber nur in unserem Zeitalter der Konsumbeschleunigung, in dem wir Produkte im selben Augenblick konsumieren, da sie verfügbar sind, und sie augenblicklich vergessen, sobald etwasNeues auftaucht (Sekundenbruchteile später), konnte diese Tradition eine 15-Millisekunden-Berühmtheit hervorbringen.
    Ich bin ziemlich sicher, dass Sie nicht genau wissen, wer Seng-Hui Cho ist. Oder besser gesagt: war. Er nahm sich am 16. April 2007 das Leben. Sich und 32 weiteren Menschen. Jetzt fällt es Ihnen vielleicht wieder ein – das tragische Massaker an der Virginia Tech.
    Es gibt darüber ungefähr 600 Clips bei YouTube. Ich weiß, dass Sie sie gesehen haben. Jeder hat sie gesehen. Absolut jeder Fernsehsender auf der Welt hat sie ausgestrahlt, und keine Nachrichten- oder Zeitschriften-Website hat es versäumt, den Link zu veröffentlichen. In dem Video zeigt sich Cho mit einem Gewehr und geifert: »Ihr hättet das auf Millionen verschiedene Arten verhindern können.«
    Massaker, Massenmorde, Amokläufe – solche Tragödien ziehen sich durch die Menschheitsgeschichte und sorgen schon länger für Öffentlichkeit, als es das Wort Öffentlichkeit überhaupt gibt. Doch nie zuvor haben sie alle anderen globalen Nachrichten so stark überschattet, und nie zuvor gerieten sie so schnell wieder in Vergessenheit.
    Mörder sind auch früher schon zu Kultfiguren geworden, genau wie Seng-Hui Cho. Früher mussten sie dafür allerdings einigermaßen charismatisch sein und blieben langfristig Stars (wie etwa Charles Manson). Seng-Hui Cho erlangte den Rockstar-Status ohne einen Hauch von Charisma: im Hinblick auf die Aufmerksamkeit jedes Einzelnen und in Form der Bewunderung einer schockierend großen Zahl von Personen.
    Aber nur 15 Millisekunden lang.
    KONTROLLIERE, WAS DU LIEBST John Lennon, Brad Pitt, Ronald Reagan, Julius Cäsar, Samson – getötet oder attackiert von Menschen, die behaupteten, sie zu lieben. Die Personen, vor denen sich Idole – Musiker, Filmstars, Politiker – am meisten fürchten, sind ihre Fans. Und wann immer ein Nicht-Prominenter ermordet wird und der Täter unbekannt ist, fällt der erste Verdacht auf – seinen Partner. Einfach weil die Geschichte nahelegt, dass er oder sie es in den meisten Fällen gewesen ist.
    Warum also gibt es so viele Beispiele dafür, dass Menschen töten, wen sie lieben? Weil eins unserer grundlegendsten menschlichen Bedürfnisse darin besteht, Kontrolle auszuüben. Je wichtiger uns

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