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Nibelungen 04 - Das Nachtvolk

Titel: Nibelungen 04 - Das Nachtvolk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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nahm meinen Körper, und als er begann, meiner überdrüssig zu werden, gab er sich nicht einmal mehr die Mühe, seine Gespielinnen, die er als Mägde in unseren Haushalt aufnahm, vor mir zu verbergen. Er war rac h süchtig und grausam. Rollo machte große Pläne. Er wollte den Sumpf entwässern und die heiligen Haine des Nachtvolks ze r stören. Die Morrigan ließ ihm eine Warnung zukommen, daß er sich auf einen gefährlichen Weg begeben habe. Doch Rollo lac h te darüber. Drei Nächte später kamen sie. Ich weiß nicht, wie sie in die Burg gelangten. Geschrei weckte mich in der Nacht des Überfalls. Sie hatten es geschafft, das Tor zu öffnen. Aus dem Hof ertönte Schwerterklirren. Dann brach das Feuer aus. Sie schienen überall zu sein. Ein Mann kam und zerrte mich aus meinem Schlafgemach. Vor der Burg hatten sie das Gesinde zusammengetrieben. Es regnete, und trotzdem griffen die Flammen immer gieriger nach dem Gebälk des kleinen Palas und des Bergfrieds. Jemand gab mir einen Umhang. Wir wu r den zum Ufer gebracht, wo etliche Boote lagen. Als wir schon eine Weile unterwegs waren, nötigte man mich, etwas aus e i nem alten Holzbecher zu trinken. Auch die Männer und Frauen des Gesindes mußten von diesem Trank kosten. Bald danach übermannte mich die Müdigkeit. Als ich wieder zu mir kam, war ich in dieser verwunschenen Stadt. Eine Frau fragte mich freundlich nach meinen Begabungen, und als ich erklärte, daß ich ein wenig in der Kräuterkunde bewandert sei, brachte man mich zu den Priesterinnen.«
    Gunbrid griff nach einem der Kräuterbündel vor ihr und hielt es Volker hin. »Seht Ihr dies? Man nennt es Eisenkraut. Als Sud wirkt es gegen Fieber, und wenn man es im Rachen gurgelt, so reißt es den eitrigen Schorf von Wunden. Im Heiligtum wurde ich nach der heilenden Wirkung verschiedener Kräuter befragt, und man war offenbar sehr zufrieden mit meinen Antworten. Man bot mir an, mich unter die Priesterinnen aufzunehmen, wenn dies mein Wunsch sei. Damals war ich noch verbittert und voller Trauer. Man begegnete mir sehr freundlich und z u rückhaltend. Die Priesterinnen der Morrigan ließen mir Zeit mit meinem Kummer. Auch zu den Männern und Frauen meines Gesindes war man sehr freundlich. Ein jeder wurde nach seinen Fähigkeiten gefragt und dann entsprechend seinen Begabungen eingesetzt. Nicht einen Tag lang gab man uns das Gefühl, Skl a ven oder Gefangene zu sein. Ich glaube, die Krieger des Nach t volkes haben uns nur deshalb mitgenommen, weil wir sie ges e hen hatten. Wir sollten den Dorfbewohnern nicht erzählen können, daß die Feenritter der Sümpfe nur ganz normale Me n schen sind. Einige von ihnen sind beim Kampf in der Burg s o gar getötet worden. Wer immer ihnen mit einer Waffe in der Hand entgegentrat, den haben die Feenritter niedergemacht. Doch sie haben kein unschuldiges Blut vergossen.
    Es vergingen einige Wochen, bis Zorn und Angst von mir a b ließen. Gewiß sind sie keine Christenmenschen, doch obwohl ich nun zu ihren Priesterinnen gehöre, gestatten sie mir weite r hin, zu meinem Gott zu beten. An manchen Abenden kommen sogar einige meiner alten Dienstmägde und zwei Stallburschen zu mir, um mit mir, so gut dies ohne Priester geht, die heilige Messe zu feiern. Dies, Herr Volker, sind die Gründe, warum ich die Stadt Galis und das kleine Reich des Nachtvolkes nicht mehr verlassen möchte. Ich habe hier meinen Seelenfrieden g e funden. Man hat mir eine Aufgabe gegeben und begegnet mir als Heilerin mit großer Achtung. Ich lerne von einigen der alten Priesterinnen, und auch sie nehmen Wissen von mir an.«
    »Aber Ihr seid von edler Geburt! Wie könnt Ihr unter diesen Barbaren leben? Habt Ihr nicht Angst um die Reinheit Eurer Seele? Und was ist mit den Männern? Wer soll Euch schützen, wenn es eine dieser Sumpfkreaturen nach Eurem Leib gelü s tet?« Volker war außer sich. Insgeheim glaubte er, daß man Gunbrid ein Gift gegeben haben mußte, das ihren Verstand verwirrte. Vielleicht war sie auch in jener Nacht der Schrecken, als die Burg des Barons Rollo niedergebrannt wurde, wahnsi n nig geworden?
    Gunbrid neigte den Kopf und lächelte schelmisch. »Sagt, wenn ich mich irre, Herr Volker, aber ist es nicht so, daß Ihr durch die Zeremonie der heiligen Hochzeit mit Neman zu so etwas wie dem König dieser Barbaren geworden seid? Was also sollte ich befürchten?«
    Der Spielmann machte eine ärgerliche Geste, als wolle er ihre Worte mit der Hand beiseite wischen. »Das war der einzige Weg für

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