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Nibelungen 05 - Das Runenschwert

Titel: Nibelungen 05 - Das Runenschwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Kastner
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als er die Tür wieder schloß.
    »Ich glaube nicht, daß Otter spionieren wollte. Er ist ein guter Freund.«
    »Wenn du ein guter König sein willst, solltest du dir eins merken, Siegfried: Trau keinem, der sich als dein Freund ausgibt. Besonders dann nicht, wenn du nicht weißt, wer er ist und woher er stammt.«
    »Aber Otter weiß es selbst nicht.«
    »Das spricht nicht für, sondern eher gegen ihn«, brummte Reinhold und blickte zur Esse. »Das Feuer ist heiß genug. Nun wollen wir unsere Kunst versuchen. Jeder erhitzt eine Schwerthälfte. Vergiß nicht, auf was du zu achten hast!«
    »Das Wichtigste beim Feuerschweißen ist die richtige Hitze«, wiederholte Siegfried, was er einst von Reinhold gelernt hatte. »Bringt man die beiden Eisen nicht in die richtige Hitze, verschmelzen sie nicht. Macht man sie zu heiß, brennen sie.«
    »Und wie erkennt man, wann die Eisen die richtige Hitze erreicht haben?«
    »Weiß muß ihr Glühen sein, und die ersten Funken müssen aufstieben wie die liebestollen Männchen der Glühwürmchen.«
    »Gut«, lächelte Reinhold und zog grobe Lederhandschuhe über seine Hände. »Lassen wir die Glühwürmchen tanzen!« Er nahm die Schwertspitze und trat an die Esse.
    Auch Siegfried zog Handschuhe an und holte dann die zweite Schwerthälfte.
    »Achte darauf, daß wir die Eisen gleichmäßig erhitzen«, sagte Reinhold. »Das beste Weißglühen nutzt nichts, wenn ein Eisen später als das andere erglüht.«
    Zur gleichen Zeit schoben sie die abgebrochenen Enden der Eisen ins Feuer. Einer achtete auf die Eisenglut des anderen. Hin und wieder gab Reinhold kurze Anweisungen, wie Siegfried sein Eisen halten sollte.
    Siegfrieds Spannung war groß und wuchs noch, als die Eisen wie Feuer zu glühen begannen. Das stählerne Feuer wurde weiß, und dann spritzten die ersten Funken davon.
    »Es ist soweit!« rief Siegfried.
    »Bei mir noch nicht«, erwiderte Reinhold. »Zieh dein Stück ein wenig aus der Kohlenglut!«
    Siegfried befolgte die Anweisung augenblicklich, und nur noch wenige Funken stoben von seinem Eisen.
    »Jetzt tanzen auch meine Glühwürmchen«, sagte Reinhold zufrieden und nahm das Eisen aus der Esse. »Los, mein Sohn, auf den Amboß!«
    Beide legten ihre Schwertteile auf den großen Amboß in der Nähe der Esse. Und schon schwang Reinhold den Hammer. Kräftige, schnelle Schläge verformten das glühende Eisen. Immer wieder traf der klobige, schwere Kopf die beiden Schwerthälften und trieb sie ineinander.
    Reinhold arbeitete wie ein Besessener. Schweißtropfen flogen von seiner Stirn, rannen an seinem Gesicht entlang, liefen in seine Augen – es störte ihn nicht. Erst als er sich aufrichtete und den Hammer an den Rüstblock lehnte, wischte er mit dem rußigen Hemdsärmel über seine Stirn.
    »Das war’s«, keuchte er und starrte auf das Schwert, das wieder eins war. »Die Gabe der Götter ist nicht länger zerbrochen. Jetzt müssen wir die Klinge nur wieder in die richtige Form bringen, härten und schärfen.«
    Was Reinhold so beiläufig aufzählte, währte den Rest der Nacht. Er und Siegfried gaben sich Mühe wie niemals zuvor. Besonders Reinhold fand immer noch etwas zu verbessern. Er glättete Stellen, deren Unebenheit Siegfried gar nicht aufgefallen war. Wieder und wieder fuhr der Daumen des Schmieds prüfend an den Schneiden entlang. Endlich war er zufrieden. Durch den Rauchabzug schimmerte schon blaßrot die Morgendämmerung. Vögel zwitscherten jenseits der steinernen Wände. In der Schmiedehütte war es stickig. Siegfried schmeckte den Ruß auf seiner Zunge. Er und Reinhold waren vollkommen verschwitzt und hundemüde. So müde, daß Siegfried es kaum genießen konnte, als er das Runenschwert in der Hand hielt. Zweifel überfielen ihn.
    »Traust du unserer Arbeit nicht?« Reinhold schaute ihn fragend an.
    »Ich denke an die Schwerter, die ich zerbrach.« Mißtrauisch blickte Siegfried zu dem Abkühlblock, an dem seine Klinge zerschellt war.
    »Wenn wir gut gearbeitet haben, hält das Runenschwert auch dem Stahl des Blockes stand«, erriet Reinhold seine Gedanken. »Wenn nicht, sollten wir es möglichst bald feststellen. Also versuche es, Junge! Aber führe das Schwert der Götter nicht voller Zweifel, sondern mit Vertrauen!«
    Der junge Xantener spürte das schon bekannte Gefühl der Wärme, das von seinem gesamten Körper Besitz ergriff. Diesmal war es stärker als je zuvor. Wie ein Feuer brannte es in ihm, als würde Siegfried mit dem Runenschwert verschmelzen.
    Er

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