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Nibelungen 07 - Das Zauberband

Nibelungen 07 - Das Zauberband

Titel: Nibelungen 07 - Das Zauberband Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Held
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rasten, solange Inmee noch lebt.«
    Ohne die Heilerin weiter zu beachten, nahm er ihr die Zügel aus der Hand, führte das Pferd zum See hinunter und hob Mirka dort von der Stute herab. Behutsam legte er sie nahe am Ufer des heiligen Wassers nieder.
    »Verzeiht mir, edle Frau«, flüsterte er. »Mehr werde ich jetzt nicht mehr für Euch tun!«
    »Was habt Ihr vor?« Antana trat ebenfalls zum Ufer hinunter.
    »Ich werde Inmee und die Wölfin suchen!« Mit einem geschmeidigen Sprung schwang er sich auf den Rücken von Antanas Stute. »Ich werde Euch das Pferd zurückbringen, sobald ich kann.«
    Er nahm die Zügel auf und schaute Antana noch einmal an.
    »Habt Dank!« sagte er. »Dank für alles!«
    Antana schaute ihn lächelnd an. »Die weiße Göttin möge Euch auf Eurem schweren Weg begleiten!«
    Norwin nickte und trieb das Pferd den Pfad hinauf.
    Eine Weile schaute die Heilerin dem Krieger nach, der allmählich zwischen den versteinerten Bäumen verschwand. Der Bann, den die schwarze Priesterin gewoben hatte, war gebrochen; seine Seele gehörte wieder ihm. So leicht würde Norwin sich nicht noch einmal betören lassen, dafür hatte sie gesorgt. Sie raffte ihr Gewand zusammen und kniete sich neben Mirka nieder.
    »Pyros?« Sie schaute sich um. »Pyros, bist du da?«
     

     
    Brunhild atmete den kühlen Morgenwind ein und betrachtete die rote Glut der verlöschenden Flammen. Leise begann sie das Lied des erwachenden Feuers zu singen, das die alte Ramee ihr als Prüfung für die Weihe abverlangt hatte. Ganz allmählich züngelten wieder kleine mutige Flämmchen aus der Glut heraus, wurden größer und heller, je länger Brunhild sang. Die Flammen stiegen zu einem prächtig, orangeroten Lagerfeuer an, wie sie es kaum schöner gesehen hatte.
    Zufrieden betrachtete Brunhild das flackernde Ergebnis ihres Liedes und fühlte sich plötzlich wieder besser. Es schien, als fielen Trauer, Wut und Enttäuschung, ja selbst die Sehnsucht nach Raban von ihr ab, und statt dessen erfüllte eine tiefe Kraft und Liebe zu der Göttin ihr Herz.
    »Das heilige Feuer wird dir einst zu Diensten sein, Hüterin des Feuers, und dann wirst du auch die wundervolle Sprache der Göttin verstehen.« Mirkas Worte klangen ihr wieder im Ohr. Sie war noch ein Kind gewesen, als die Hohepriesterin sie auf den Weg der Auserwählten geschickt hatte, und jetzt schienen sich die Worte der weisen Frau zu bewahrheiten.
    Noch einmal wiederholte Brunhild das Lied des heiligen Feuers, um sicherzugehen, daß es während des Orakels nicht vorzeitig niederbrannte. Dann schaute sie gebannt zu, wie die Flammen zu tanzen begannen. Schillernd rote Figuren schienen inmitten der Glut ihre Schatten zu werfen. Es war, als wären es lebendige Bilder, die zu wachsen begannen und sich zu einem Ganzen zusammenfügten. In ihrem Inneren konnte sie es deutlich wahrnehmen und verstehen. Plötzlich sah sie Raban, der in gestrecktem Galopp auf den See des Wasserfalls zuritt. Sie sah, wie er einer kämpfenden Frau entgegenritt und ihr nach einem Blitz, der vom Himmel herabfuhr, das Schwert aus der Hand schlug.
    Genau so ist es geschehen, dachte Brunhild und überließ sich weiter den schimmernden Bildern, die das Feuer in ihrem Kopf erzeugte. Es wurde dunkler. Die Szenen wurden vorübergehend ungenauer, sie sah Feuer und schwarzes Gestein, dann einen glühenden Lavaring, in deren Mitte eine stolze Burg emporragte. Für einen Augenblick glaubte sie flüchtig, die Gestalt einer Frau zu erkennen, die sie nie zuvor gesehen hatte und die sie doch sehr berührte. Dann verdunkelte sich das Bild der Burg, als würde eine endlos lange Nacht dort anbrechen, und vor den Toren lag mit schillernden gelben Augen die Wölfin. Lauernd, als warte sie auf ihre Beute, lag die schwarzpelzige Jägerin da, hob den Kopf und schien sie durch die Flammen hindurch anzuschauen. Brunhild fühlte, wie sich eine eisige Kette um ihren Hals legte.
    »Hüterin des Feuers, ich warte auf Euch!« flüsterte eine Stimme in ihr. Erschrocken schloß sie die Augen, doch die Wölfin verschwand nicht aus ihrem Kopf. Die gelben Augen des Tieres schienen weiter in sie einzudringen. »Ich warte im Ring des Feuers auf Euch! Dorthin wird Euer Weg Euch führen.« Ein lautes Lachen erklang. Brunhild riß die Augen auf und starrte auf die Flammen, die sich langsam veränderten. Die Farbe wurde dunkler, blutiger. Ein Opferfeuer, dachte sie und sah im gleichen Augenblick ein Dorf vor sich, in dem der Tod grausam gewütet hatte.

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