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Nibelungen 08 - Der Ketzerfürst

Titel: Nibelungen 08 - Der Ketzerfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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hinabstiegen, würden sie die hölzerne Leiter mitnehmen. Wer dann ins Erdgeschoß wollte, würde sich abseilen müssen, denn es gab in der ganzen Siedlung keine Leiter, die lang genug war, um hinunterz u reichen.
    »Wie ist es, einen Mann zu ermorden?« Der Spielmann sprach leise, und er blickte nicht auf, um Belliesa anzusehen.
    »Wovon redest du?«
    »Hatte der Eber eine andere Wahl, als sich für den Tod zu en t scheiden?«
    »Du willst mir doch jetzt nicht sagen, du hättest Mitleid mit ihm.« Belliesa füllte in die Tonschalen, die vor ihr standen, ein gelbes Pulver. »Ich habe ihm einen Weg gezeigt, zum Helden zu werden. Das hat er sich gewünscht … «
    »Hat er?«
    Der Eber drehte sich zu ihnen um. Er war zu weit entfernt, um die leise Unterhaltung mitgehört haben zu können. »Sie kommen! Die ersten fränkischen Späher sind im Dorf. Sie scheinen sehr verwundert zu sein, auf keinerlei Widerstand zu stoßen.«
    Die Bardin warf Volker einen vielsagenden Blick zu. Der Spielmann verstand und schwieg. Er blickte auf das riesige Pentagramm, das Belliesa auf den Boden des Turmzimmers gemalt hatte. Mit einer Spitze zeigte es genau auf den Eingang. Die Bardin war inzwischen aufgestanden und verteilte die kle i nen Räucherpfannen, die sie vorbereitet hatte, an den Schnittl i nien des Pentagramms.
    »Leg Mechthild in die Mitte!«
    Volker erschauerte und murmelte ein leises Gebet. Durfte er als Christ sich an einem solchen Possenspiel beteiligen? Die Bardin plante, den Raum so herzurichten, daß er aussah, als habe man ein schwarzmagisches Ritual abgehalten. Da sie bei den Franken als Zauberin verurteilt worden war, würden z u mindest die einfachen Soldaten auf diesen Trick hereinfallen und es nicht wagen, den Turm zu betreten. Vor allem aber war so eine Erklärung für das spurlose Verschwinden aller Verte i diger außer dem Eber gegeben. Wenn sie diese Lösung vor A u gen hatten, würden sie vielleicht nicht mehr allzu aufmerksam nach einem anderen Fluchtweg suchen. Womöglich würde s o gar Ricchar sich damit abfinden. Er brauchte einen schnellen Sieg, wenn er zum Christfest seinen Triumph feiern wollte.
    »Mach schon«, herrschte ihn die Bardin an. Sie hatte inzw i schen damit begonnen, die Räucherschalen in Brand zu setzen.
    Widerwillig beugte der Spielmann sich über den Leichnam des Mädchens. Man hatte ihr das Leichenhemd wieder ausg e zogen. Es sollte so aussehen, als habe man einem Dämonen eine Jungfrau geopfert. Die Ziege meckerte ängstlich, so, als ahne sie, was ihr bevorstünde.
    Die Tote war schon ganz steif. Vorsichtig nahm Volker sie auf den Arm. Ob Mechthild noch leben würde, wenn er sie damals bei dem Gehöft zurückgelassen hätte? Behutsam legte der Spielmann den Leichnam in der Mitte des Pentagramms nieder. Dann holte er die Ziege und legte sie neben das Mädchen.
    »Heho, ihr Bastarde! Seht ihr mich nicht? Kommt her, hier wartet der Tod auf euch!« brüllte der Eber lauthals.
    Belliesa kniete sich neben Volker. »Mach! Wir haben nicht mehr viel Zeit. Sie sollen uns hören und den Gestank des Schwefels riechen! Dann müssen wir hier so schnell wie mö g lich fort. Allein die Götter wissen, wie lange der Eber durchha l ten wird.«
    Der Spielmann zog sein Messer und schnitt der Ziege die Kehle durch. Er hob das zuckende Tier hoch und verspritzte sein Blut über den Leichnam des Mädchens. Dabei betete er stumm. Wohin hatte ihn der Befehl seines Königs nur gebracht!
    Einige Pfeile schlugen in den Eingang ein. Der Eber hatte sich hinter seinen Schild geduckt.
    Belliesa beugte sich über eine der Räucherschalen. Aus den Augenwinkeln sah Volker, wie sie etwas hineinwarf, das die Flammen auflodern ließ.
    »Ich erhebe die Fa ckel, ich verbrenne die Figuren
    des utukku, des shedu, des Hockers, des Totengeistes,
    der lama shtu, des labahsu, des Packers,
    des Nachtmännchens, des Nachweibchens, der Nachtmagd
    und alles Bösen, was die Menschen packt.
    Zertropft, zerrinnt und zerfließt!
    Euer Rauch steige zum Himmel empor!
    Eure Aschenglut lösche die Sonne!«
    Einen Atemzug lang verstummte die Bardin. Vom Tor ertönte Kampflärm. Die ersten Angreifer waren die Treppe hinaufg e kommen. Belliesa erhob sich. Sie öffnete einen kleinen Gürtel an ihrem Beutel und verstreute einige getrocknete Blätter über dem Leichnam des Mädchens. Der Raum war inzwischen ang e füllt mit erstickendem Schwefelgeruch. Volker stand der blanke Angstschweiß auf der Stirn. Unablässig betete er zur Jungfrau Maria. Da

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