Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Nibelungen 08 - Der Ketzerfürst

Titel: Nibelungen 08 - Der Ketzerfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
Vom Netzwerk:
zogen die Sachsen zum großen Fluß, um von dort in ihre Heimat zurückzukehren.«
    »Und wie kommt es, daß du den Mordbrennern entgangen bist?« fragte Hagen scharf.
    »In meinen schmutzigen Fellen und mit meinem Bart haben sie mich für einen der ihren gehalten, Herr. Ich irrte durch die brennende Stadt und suchte nach Volker. Das letzte, was ich von ihm sah, war, wie er vom Gerüst stürzte. Dann wurde ich von den Stieren vom Platz gedrängt. Als ich Stunden später endlich wiederkehren konnte, waren beide Gerüste verbrannt. Es lagen mehrere Leichen dort, doch das Feuer hatte sie so sehr entstellt, daß es unmöglich war, zu erkennen, ob Volker einer der Toten war. Eine der Leichen jedoch hatte eine Wunde im Bein, und neben ihr lag ein verkohlter Krückstock.« Golo schluckte. Für einen Moment lang konnte er nicht mehr spr e chen.
    »Das heißt, du glaubst, mein Spielmann sei tot … «
    Der Ritter vermochte dem König nicht in die Augen zu sehen. »Unter den Lebenden konnte ich ihn nicht finden. Sieben Tage bin ich geblieben und habe ihn gesucht, habe die Leichen in weitem Umkreis aus dem Schnee gezerrt und in ihre Gesichter gestarrt. Doch nirgends konnte ich ihn finden. Eine Meile rings um die Stadt war der Schnee schwarz vor Asche. Alle Bäume in weitem Rund hatte der Sturmwind geknickt. Das Land sah aus, als sei das jüngste Gericht gekommen … Kein Haus in Icorigium war von den Flammen verschont geblieben. Die meisten waren bis auf die Grundmauern niedergebrannt. Flammen und Eis ließen die Festungswälle an vielen Stellen bersten … Nach si e ben Tagen brachten die Raben, die unter den Toten ihr Fes t mahl hielten, die Pest. Da habe ich gewußt, daß es sinnlos ist, noch weiter zu suchen … «
    Für lange Zeit herrschte Schweigen zwischen den dreien. Schließlich sagte G u nther. »Du hast mir treu gedient. Hast du einen Wunsch, Golo?«
    »Ja, Herr. Laßt mich in das Dorf zurückkehren, in dem ich aufgewachsen bin. Ich hoffe, daß ich dort vergessen kann, was mir auch jetzt noch jede Nacht den Schlaf raubt.«
    »Der Wunsch sei dir gewährt.«
    Obwohl die beiden offenbar erwarteten, daß er nun gehen würde, rührte sich der Ritter nicht von der Stelle. Abgemagert, in rußgeschwärzte Felle gehüllt und mit nur halb verheilten Brandwunden im Gesicht, sah der junge Ritter aus wie der Tod.
    »Gibt es noch etwas?«
    »Ja, Herr!« Golo blickte seinem König herausfordernd ins A n gesicht. »Ihr habt den Spielmann zurück in die Berge geschickt, weil er Euch den Kopf des Ketzerfürsten bringen sollte. Ihr ha t tet Angst, Ricchar würde schon bald seine Hand nach Eurem Thron ausstrecken. Zugleich habt Ihr auch gewußt, daß Volker nur mit einer Handvoll an Rittern und Waffenknechten kaum eine Aussicht auf Erfolg hatte. Ihr könnt nicht geglaubt haben, daß er siegt. War es nicht so? Doch ein Aufstand hätte den In t riganten am Hof des fränkischen Königs einen Vorwand geg e ben, Ricchar um sein Amt als Kriegsherr und um seinen Gau zu bringen. Deshalb habt Ihr ihn zurückgeschickt … «
    »Was fällt dir ein!« Hagen war hinter dem Thron hervorgetr e ten. »Wie wagst du es, so mit deinem König zu sprechen!«
    Golo blieb unerschütterlich stehen. Er griff unter seinen U m hang, zog eine verbeulte, rußgeschwärzte Eisenmaske hervor und warf sie dem König vor die Füße. »Der Spielmann hat se i nen Dienst getan. Das ist alles, was von Ricchar geblieben ist. Seine Leiche konnte ich finden. Sie lag nur ein paar Schritt von dem Gerüst entfernt, bei dem Volker gestorben sein muß.«
    Der König hob die Maske auf und starrte auf das eherne An t litz seines Feindes. Für einen Herzschlag lang spielte ein triu m phierendes Lächeln um Gunther s Lippen. Dann richtete er sich wieder auf, und obwohl er nur leise sprach, war der drohende Unterton in seiner Stimme unüberhörbar. »Du darfst gehen, Ritter!«

EPILOG

    er Winter war fast vorüber, und Schnee und Schlamm vermengten sich zu einem knöchelh o hen Brei in den Straßen von Worms, als eines Abends eine dunkle Gestalt die Königsburg ve r ließ. Es war Hagen. Tief in Gedanken schritt er durch die engen Gassen des Gerberviertels seinem Ziel entg e gen. Ohne Volker war es still geworden auf der Königsburg. Natürlich gab es auch andere Spielleute, doch jedesmal, wenn einer von ihnen bei Hofe spielte, schien die düstere Stimmung sich noch zu vertiefen, denn bisher hatte sich niemand gefu n den, der Volker ersetzen könnte. Der finstere Recke lächelte

Weitere Kostenlose Bücher