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Nibelungen 08 - Der Ketzerfürst

Titel: Nibelungen 08 - Der Ketzerfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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Offizier gab ihnen einen Wink, und die kleine Gruppe b e trat die Stadt. Nach der Finsternis vor der Stadt war Golo vom Licht unter dem Mauerbogen geblendet. Hinter sich hörte er das schwere Tor in den Angeln knirschen. Der Eingang zur Stadt der Schmiede war damit wieder verschlossen. Jetzt, wo sich seine Augen an das Licht gewöhnt hatten, erkannte er, wie viele Fackeln hinter dem Tor brannten! Der Spitzel des Ebers hatte gelogen, oder aber er war ein Trottel. Der Mann hatte b e hauptet, daß die Wachen eine Stunde vor Sonnenuntergang abgelöst würden. Nach seinen Angaben bestand die Torwache auch lediglich aus drei oder vier Mann … Hier waren allerdings deutlich mehr als zehn Krieger versammelt. Jeder zweite von ihnen hielt eine Fackel in der Hand.
    Golo wurden die Knie weich. Ob man sie vielleicht verraten hatte? Der Spitzel wäre jetzt ein reicher Mann, wenn er b e schlossen hatte, das Kopfgeld einzukassieren, das auf sie ausg e setzt war. Mit dumpfem Poltern schloß sich das Stadttor. Der junge Ritter warf einen kurzen Blick über die Schulter. Zwei Krieger legten einen massiven Eichenbalken vor die mächtigen Torflügel. Sie saßen fest!
    Volker stand noch immer neben dem Offizier. Die beiden b e sprachen etwas, doch Golo konnte nicht verstehen, worum es ging. Verstohlen musterte er die Krieger ringsherum. Fast die Hälfte der Franken trug Kettenhemden. Sie alle waren mit la n gen Schwertern bewaffnet. Neben dem Eingang zum Torhaus lehnten ein paar Speere und Schilde. Die meisten Männer gaf f ten unverhohlen zum Eber. In ihren Blicken mischten sich Feindseligkeit und Bewunderung. Sie verhielten sich, als stü n den sie einem gefährlichen Fabeltier gegenüber. Einer der Männer verpaßte dem Räuber einen Stoß mit dem stumpfen Ende seines Speeres, so als wolle er sich davon überzeugen, daß der Mann vor ihm wirklich aus Fleisch und Blut sei. Der Eber fuhr herum und funkelte den Krieger wütend an, doch sagte er nichts.
    »Achtung!« ertönte plötzlich die schrille Stimme des Offiziers. »Torwache zu mir! Nehmt den Gefangenen in eure Mitte.« Der Anführer nickte einem Krieger in einer kostbar bestickten T u nika zu. »Geron, ich übergebe dir hiermit das Kommando über das Südtor.«
    Der Angesprochene salutierte kurz, während sich der Offizier jetzt Golo zuwandte. »Du und deine Männer, ihr bleibt hier beim Tor. Ihr könnt auch zur Schenke dort drüben gehen, aber bleibt in der Nähe für den Fall, daß der Statthalter euch sehen will, um auch euch zu diesem glücklichen Fang zu beglüc k wünschen. Mit dem Eber in unseren Händen werden endlich wieder Ruhe und Frieden zurückkehren.«
    Golo verneigte sich. Dann sah er dem Trupp Krieger nach, der mit Volker und dem Eber die Straße hinuntermarschierte. Sechs Mann waren beim Tor zurückgeblieben. Und sie waren nur zu dritt, um die Wachen auszuschalten.
    Volkers Plan war gründlich schiefgelaufen! Der Spielmann war davon ausgegangen, daß sie die Torwachen einfach übe r rumpeln würden, dann Verstärkung in die Stadt holten und das Spiel am Tor der Garnison noch einmal wiederholen würden. Und jetzt … Volker war ein Adeliger. Ihm hatte man beig e bracht, wie man Kriege führte und Städte eroberte. Und Golo … Als Sohn eines Unfreien hatte er gelernt, wie man Felder b e stellte oder wie man ein Schwein schlachtete und ausweidete. Von Kriegsführung hatte er keine Ahnung.
    Der junge Ritter hatte den Eindruck, daß der wachhabende Offizier vom Tor schon mißtrauisch zu ihm herüberstarrte. Also winkte er die beiden Gefährten des Ebers zu sich, die genauso verloren wie er selbst am Tor standen und ihren beiden Anfü h rern nachstarrten. »Laßt uns einen trinken! Zum Morgengrauen schon werden unsere Geldkatzen schwer von rotem Gold sein. Das will gefeiert werden!«
    Wenn er erst einmal einen großen Humpen Bier intus hätte, würde er wieder klarer denken können, überlegte Golo. Und nach dem zweiten Humpen hätten sie sicherlich einen Plan. Zu dritt die sechs Männer am Stadttor zu überrumpeln, mochte ihnen ja vielleicht noch gelingen … Aber was war mit der Ga r nison? Da sie keine Gefangenen mehr vorzeigen konnten, gäbe es für die Wachen auch keinen Grund, sie in die Festung hi n einzulassen. Und ohne Leitern oder einen Rammbock würden sie das Tor niemals stürmen können.
    Golo stieß die Tür zur Schenke auf und fluchte leise, dann b e stellte er lautstark drei Bier und blickte sich nach einem ruhigen Tisch um. Er mußte jetzt nachdenken!

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