Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Nibelungen 08 - Der Ketzerfürst

Titel: Nibelungen 08 - Der Ketzerfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
Vom Netzwerk:
verschluckt.
    »Belliesa!«
    »Belliesa … Belliesa … « Fast höhnisch klang das Echo, das die Berge zurückwarfen. Dann war es wieder still. Dort, wo die Bardin gestanden hatte, war ein Loch in der Schneedecke. Der Wind, der über das Felssims wehte, verhinderte, das der Schnee hier höher als nur ein paar Zoll lag.
    Etwas hatte den Schnee schmelzen lassen. Es gab keine Asche. Ein Feuer hatte hier nicht gebrannt! Das Schmelzwasser war am Grund der flachen Mulde wieder zu Eis erstarrt und …
    Volker kniete nieder. Inmitten des Eises schimmerte es rot. Er zog seinen Dolch und begann wie von Sinnen auf die spiegel n de Fläche einzustechen, bis er endlich in Händen hielt, was dort im Eis gefangen war. Eine leuchtend rote Feder! Der Feuerv o gel! Er war hiergewesen. Er war …
    Volker hatte das Gefühl, ein faustgroßer Stein rutsche seine Kehle hinab. Der Feuervogel! Der Schnee hatte die Eisfläche noch nicht wieder zugeweht. Es mochten höchstens ein oder zwei Stunden vergangen sein, seit der Vogel dort gelandet war. Und er … Er hatte ihn verpaßt. Das konnte nicht sein. Warum …
    Er schluchzte leise. »Belliesa … « Was hatte die Bardin damit gemeint, sie wolle ihm seine Toten zeigen?
    Direkt hinter dem Eis waren Spuren von schmalen Füßen im Schnee. Sie war hier gewesen! Die Sängerin mußte die Feder gesehen haben. War der Feuervogel vielleicht ihretwegen g e kommen? Und wohin waren die zwei jetzt?
    Suchend sah Volker sich um. Ein paar Schritt hinter der Kli p pe erhob sich ein sanft ansteigender Berghang. Graue Buche n stämme ragten dort zum Himmel, und mitten zwischen ihnen klaffte ein finsteres Loch. Eine Höhle! Ob Belliesa dorthin g e gangen war? Funkelnde Eiszapfen hingen am Eingang hinab. Fast wie die Reißzähne eines Raubtieres!
    Der Spielmann mußte an die Geschichte denken, die der Mä r chenerzähler vor so langer Zeit an einem warmen Sommertag in Worms erzählt hatte. An den Ritter, der auf seiner Suche in den Bergen in einer Höhle erfroren war. Plötzlich erschien ihm die Höhle wie ein Maul, das der Berg geöffnet hatte, um ihn zu verschlingen. Er durfte dort nicht hinein! Dort wartete der Tod auf ihn!
    »Belliesa?« Volkers Stimme war kaum mehr als ein Flüstern.
    Er sollte der Spur der Bardin folgen! Sie führte auf dem Fel s sims entlang, fort von der Höhle. Das war ein Omen! Sie ve r hieß ihm das Leben … Wenn er sie nur finden könnte? Ob sie womöglich den Felsen hinabgestürzt war und irgendwo oh n mächtig im Schnee lag. Warum sonst antwortete sie nicht auf seine Rufe?
    Die Augen fest auf die Spuren geheftet, ging er knapp am Steilabsturz entlang. Hier lag fast gar kein Schnee, und es kost e te ihn weniger Kraft, voranzukommen.
    Der Weg wand sich um einen Felsvorsprung, führte in eine Senke und traf schließlich wieder auf den schwarzen Wald. Noch immer starrte Volker auf die Fußspuren. Es war, als läge ein Zauberbann auf ihm. Eigentlich war er längst am Ende se i ner Kräfte. Dennoch setzte er einen Fuß vor den anderen. Das Bild der Bardin stand vor seinen Augen und dann die Morr i gan. Dieser Weg würde ihn letztlich zu seiner Geliebten führen. Er durfte nur nicht schwach werden! Er mußte ihn bis zum E n de gehen! Egal, wohin immer er auch führen mochte!
    War da eine fremde Stimme in seinem Kopf? Waren das wir k lich noch seine Gedanken? Waren die Bäume nicht riesige rauchgeschwärzte Knochenhände? Hatte der Tod seine dürren Finger nach ihm ausgestreckt?
    Volker strauchelte. Eine Wurzel … Stöhnend richtete er sich wieder auf. Die Wurzel! Eine schwarze zur Kralle erstarrte Hand ragte aus dem Schnee. Er kniff die Augen zusammen. Das war ein Alptraum. Die Visionen, die er vor dem Sturz g e habt hatte … Sie verfolgten ihn. Ganz langsam öffnete er die Augen wieder. Die Hand! Sie war noch immer dort! Sie gehörte einem Mann in einem braunen Wollumhang, der halb vom Schnee begraben war. Sein Gesicht war grau. Die Lippen zu einem gräßlichen Grinsen zurückgezogen. Seine Augen waren weit offen. Die Angst vor dem Tod in ihnen gefroren.
    Voller Panik rutschte Volker von der Leiche weg. Überall ringsherum lagen Tote im Schnee, nur halb vom eisigen Le i chentuch des Winters bedeckt.
    »Ich werde nicht sterben!« Taumelnd kam er auf die Beine. Er würde nicht das Schicksal der anderen auf diesem eisigen Friedhof teilen!
    Wie von Wölfen gehetzt, begann er zu laufen, stolperte über Äste und Steine, die unter dem Schnee verborgen lagen, und richtete sich sofort wieder

Weitere Kostenlose Bücher