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Nibelungen 08 - Der Ketzerfürst

Titel: Nibelungen 08 - Der Ketzerfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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direkt neben dem Tor zur Stadtmauer hinaufführte. Er hielt Golo ein großes Methorn entgegen und schob mit der anderen Hand die flache Lederkappe zurück, die ihm in die Stirn g e rutscht war.
    »Komm, trink, Freund! Auf unseren Sieg!«
    Golo blickte den Mann verwirrt an. »Sieg?«
    »Ja, Kerl! Der Auserwählte hat es geschafft, die Stadt ohne e i nen einzigen Schwertstreich zu erobern. Gott liebt ihn! Als der Statthalter der Heiden hörte, daß eure Armee in Richtung Beda marschiert, hat er sich schleunigst mit all seinen Truppen aus dem Staube gemacht!«
    Golo musterte den Mann mißtrauisch. Das war die mit A b stand dreisteste Lügengeschichte, die er seit langem gehört ha t te! »Er ist also einfach so abgezogen?«
    »Ja, er hat nicht einmal die Zeit gehabt, die Lagerhäuser zu räumen. Die Franken sind kurz vor Morgengrauen Hals über Kopf aus der Stadt geflohen.«
    »Und wo ist der Auserwählte jetzt?«
    »Er ist mit seinen Rittern zum Praetorium. Wir feiern dort u n sere Befreiung von den Franken. Wahrscheinlich inspiziert er schon eure Quartiere. Das Lager war früher zwar einmal sehr groß, zu Zeiten der Römer konnten dort sechshundert Krieger untergebracht werden, doch für euch wird es nicht reichen … Aber in den Wachräumen der Türme kann man auch noch Schlafplätze herrichten und die restlichen Männer werden wir gerne in unseren eigenen Häusern bewirten. Wann kommt die Armee eigentlich? Ich habe dich von der Mauer aus mit der Vorhut gesehen. Sind die anderen tausend noch im Wald?«
    Golo schluckte. Tausend Mann! Das mußte eine der Geschic h ten Belliesas sein. Er durfte jetzt nichts Falsches sagen. Golo reckte den Hals und blickte noch einmal zum Marktplatz hi n auf. Jetzt konnte er einen der burgundischen Ritter erkennen. Ein paar Kerle hatten ihn auf ihre Schultern gehoben und ihm ein Methorn in die Hand gedrückt. Das war keine Falle. Bei a l len Heiligen! Sie hatten die Stadt!
    »Mann, was ist mit dir? Du schaust ja drein, als hättest du g e rade die Jungfrau Maria gesehen.« Der Brauer nahm einen ti e fen Schluck aus seinem Horn und seufzte. »Endlich darf man den Namen Maria wieder in den Mund nehmen, ohne Angst zu haben, daß die Franken einen dafür in den Kerker werfen. Wir müssen zur Kirche! Es ist höchste Zeit, den ganzen heidnischen Stierplunder herauszuwerfen, den die Franken dort aufgestellt haben. Oder wollt ihr das lieber tun? Gehört das zu eurem Tr i umph, Ritter? Sollen wir warten, bis die ganze Armee da ist, um dann vor aller Augen das Mithrasbild von der Stadtmauer zu stoßen. Das macht sich sicher gut!«
    »Ähm … tut das nur ruhig jetzt schon. Die Armee … ähm Vo l ker hat beschlossen, sie auf die eroberten Dörfer und Städte aufzuteilen. Wegen des Nachschubs … Damit alle versorgt und untergebracht sind.«
    »Wie? Ihr seid alle?« Der Mann glotzte ihn an wie eine Kuh. Dann begann er schallend zu lachen. »Das ist ein Zeichen! Der Auserwählte wird wahrlich von Gott selbst geführt. Kommt mit einer Handvoll Männer und vertreibt eine Garnison von fast hundert bis an die Zähne bewaffneter Franken.«
    Golo nickte. »Ja, ein Wunder.« Im stillen aber fragte er sich, wie lange das gutgehen mochte. Es schien, als wolle keiner die Wahrheit sehen. Keinen Atemzug hatte der Mann überlegt, ob er ihn vielleicht belog. Statt nachzudenken, war er sofort mit einer neuen Geschichte über den Auserwählten bei der Hand. Was sie sich über den heutigen Tag wohl erzählen würden. In dem Lied, das Belliesa dazu dichten mochte, würde sich alles sicher wie eine außergewöhnliche Heldentat anhören. Wo die Bardin wohl steckte?

13. KAPITEL

    iemand, nicht einmal die Ältesten, konnten sich erinnern, daß jemals so früh der Winter angefangen hatte. Es war, als wolle die Natur den Kämpfen ein Ende setzen. Volker schlug sich die Hände vor die Brust, damit das Gefühl in seine tauben Finger z u rückkehrte. Er war ein gottverdammter Narr! Jetzt könnte er an einem warmen Feuer sitzen! Die Art, in der ihn die meisten se i ner Männer verehrten und für einen Auserwählten hielten, war zwar nervtötend, aber im Vergleich zu der Kälte wäre es das kleinere Übel gewesen.
    In den letzten drei Wochen war er von Sieg zu Sieg gezogen. Seine Erfolge waren ihm selbst zum Schluß schon unheimlich gewesen. Alle kleineren Dörfer, die großen Gutshöfe und M i nen waren von den Franken verlassen worden. Nur in den b e festigten Städten leisteten sie Widerstand. Doch die Bevölk e rung hatte

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