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Nibelungen 08 - Der Ketzerfürst

Titel: Nibelungen 08 - Der Ketzerfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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keine Reiter mehr, nachdem Marcellinus mit seinen Strauchdieben davongelaufen war. Auch Bogenschützen hatten sie viel zu wenige. Sie brauchten den Eber und seine Männer!
    Golo seufzte. Ihre Hoffnung war, daß ihnen wenigstens noch bis zum Frühling Zeit blieb, aus diesem Haufen so etwas wie eine Armee zu machen. Sie saßen in einer Stadt voller Schmiede und hatten etliche Wagenladungen Erz zur Verfügung. Mit j e dem Tag würde die Ausrüstung ihrer Armee besser werden. Volker hatte befohlen, vor allem Schildbuckel zu schmieden. Bis zum Frühjahr würden sie nicht einmal für alle Unterführer ihrer Armee Kettenhemden fertigen können, Schilde hingegen waren leichter herzustellen. Selbst wenn die Bauern nicht ler n ten, wie man mit ihnen im Nahkampf umging, so würden die Schilde ihnen zumindest Schutz vor dem Pfeilhagel gewähren, mit dem die Franken üblicherweise die Schlacht eröffneten.
    Golo beobachtete einen jungen rothaarigen Bauern, der mit einem der Waffenknechte Speerkampfübungen durchführte. Die übrigen Männer der Einheit hatten sich im Halbkreis um die zwei aufgestellt und sahen ihnen zu. Mit nur zwei Finten brachte der Soldat den Bauern in eine ungünstige Stellung und stieß dem Rothaarigen dann die stumpfe Spitze des Holzspeers in den Leib. Noch zweimal wiederholte er das Spiel, ohne daß der Bauer auch nur ein einziges Mal Gelegenheit zu einem G e genangriff hatte.
    Golo seufzte. Das waren Lämmer, die sie zur Schlachtbank führten. Wenn sie mit dieser Armee gegen Ricchar bestehen wollten, dann brauchten sie wahrlich die Hilfe eines Erzengels. Unten vor der Stadtmauer begann der Waffenknecht eine neue Übungsrunde mit dem Rothaarigen. Wieder führte er einen Stich gegen den Leib des Mannes. Diesmal ließ der Bauer se i nen Speer fallen. Geschickt griff er nach dem Schaft der Waffe des Soldaten und riß den Krieger mit einem Ruck auf sich zu, um ihm dann einen Kinnhaken zu versetzen. Die Männer im Halbkreis lachten. Taumelnd kam der Ausbilder wieder auf die Beine. Noch immer hielt er den Übungsspeer in Händen. Völlig überraschend versetzte er dem Bauern einen Stoß, der diesen wie vom Blitz gefällt in den Schnee stürzen ließ.
    Golo biß sich auf die Lippen. Das Lachen unten war ve r stummt. Der Soldat wandte sich seinen Leuten zu und erklärte irgend etwas. Mit versteinerten Gesichtern hörten ihm die Männer zu. Zwei kümmerten sich um den Bewußtlosen. Golo konnte sich denken, was der Ausbilder jetzt sagte. Der Rotha a rige hatte ihn zwar zu Boden geschlagen, aber die Gelegenheit dann nicht genutzt, ihm mit dem Holzspeer oder auf eine b e liebige andere Art den Todesstoß zu versetzen. In einer Schlacht wäre das ein verhängnisvoller Fehler. Aber das hätte er den Bauern auch auf andere Art klarmachen können. Von jetzt an würde diese Gruppe ihren Ausbilder hassen. Er sollte den Mann gegen einen anderen austauschen. Es war nicht gut, wenn Krieger, die in die Schlacht zogen, heimlich dafür beteten, daß die Feinde ihren Anführer umbrachten. Golo fluchte. Er wünschte, er wäre mit Volker in den Bergen!

14. KAPITEL

    ls Volker erwachte, war er in einer Kammer, die einzig vom matten Schein einiger glühender Scheite im Kamin erleuchtet wurde. Er ruhte auf einem Lager aus Fellen. Neben seinem Bett ka u erte eine alte Frau, die eingeschlafen war. Ihr Gesicht war von Falten durchzogen. Wangen und Lippen w a ren eingefallen, so als habe sie keine Zähne mehr. Sie mochte vielleicht vierzig Jahre sein, vielleicht war sie auch jünger. Das Leben in den Bergen und unter den Räubern hatte sie ausg e zehrt. Die wenigen grauen Strähnen in ihren langen, dunklen Haaren verrieten, daß sie noch nicht allzu alt sein konnte. Noch konnte man a h nen, daß ihr Gesicht einmal fein geschnitten und hübsch gew e sen war.
    Volker erinnerte sich nicht, wie er hierhergekommen war. Auf dem Weg zum Dorf des Ebers war ein Schneesturm aufgez o gen. Er wußte noch, daß er das Tor erreicht hatte und mit dem Knauf seines Dolches dagegengehämmert hatte. Doch es war niemand auf Wachtposten gewesen, und seine Rufe waren im Heulen des Sturmes untergegangen. Schließlich mußte er völlig entkräftet vor dem Tor zusammengebrochen sein. Wie lange er dort wohl gelegen hatte? Oder war er am Ende gar nicht in dem Dorf?
    Und was hatte die Kälte ihm angetan? Vorsichtig streckte er die Glieder. Er fühlte keine Schmerzen. Nur unendlich müde war er. Und doch … Er dachte an Geschichten von Männern, denen die eisige

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