Nibelungen 08 - Der Ketzerfürst
sich gegen die Besatzer verschworen.
Die Garnison von Sarabodis war im Schlaf von aufständischen Bergarbeitern überrascht worden. Der Pferdedieb Claudius Marcellinus hatte die Männer aus den Minen rund um die b e festigte Villa angeführt. Dort waren Elitereiter einquartiert. Jene zwei Schritt großen Krieger mit den eisernen Masken, die Vo l ker schon in Castra Bonna gesehen hatte. Die Aufständischen mußten sie im Schlaf überrascht haben. Mehr als die Hälfte von ihnen war gefangengenommen worden.
Volker preßte die Lippen zusammen. Er war nur wenige Me i len entfernt gewesen, als dies geschah, doch als er endlich in Sarabodis eintraf, war es bereits zu spät. Marcellinus hatte alle Franken hinrichten lassen. Man hatte den Kriegern zunächst mit Schmiedehämmern jeweils den rechten Arm zertrümmert. Dazu hatte der Roßtäuscher ausgerufen, daß es jedem so erg e he, der sein Schwert gegen Gott den Herren erhebe. Dann ließ er den Franken die Schädel einschlagen. Ihre Leichen wurden nackt in die Villa getragen, wo man die Mauern einriß und schließlich die Ruinen in Brand setzte.
Als Volker Marcellinus am nächsten Tag zur Rechenschaft zog und von ihm wissen wollte, warum er dies getan habe, ha t te der Hüne nur grinsend geantwortet, es sei halt Krieg und im Krieg würde nun einmal getötet.
Zwei Tage später machte sich der Schurke bei Nacht davon. Dabei nahmen er und seine Männer sämtliche Pferde mit, die sie in Sarabodis erbeutet hatten. Seitdem wurde Volker das G e fühl nicht mehr los, daß Marcellinus den Überfall allein nur wegen der erstklassigen Pferde organisiert hatte, und der Spielmann fragte sich, wie viele Gesellen von ähnlichem Schl a ge sich wohl unter seinen Rebellen befinden mochten. Plünd e rer, die einfach desertieren würden, sobald sie genügend Beute zusammengeraubt hatten.
Wie lange würde das Glück ihm wohl noch hold sein? Das b e freite Gebiet reichte von Treveris im Süden bis nach Icorigium im Norden, quer durch das Bergland. Die Schmiedestadt hatte er belagern müssen, doch die Einwohner hatten ihm nachts die Tore geöffnet. Drei Tage später mußte sich die Garnison erg e ben. Er gewährte den Franken freien Abzug, was für einiges Murren sorgte. Doch egal, was die Bauern und der Pöbel de n ken mochten, die unter seiner Führung kämpften, für ihn galten die Regeln der Ritterlichkeit!
Zehn der zwölf Ritter, die mit ihm Treveris verlassen hatten, lebten noch. Sie hatten den Befehl, den Bauern das Kämpfen beizubringen. Sein Armee war inzwischen auf siebenhundert Mann angewachsen, und täglich meldeten sich neue Freiwill i ge. Sie hatten nicht genug Waffen, so konnte ein Teil der Stre i ter nur mit Sicheln, Hämmern oder Spitzhacken ausgerüstet werden. Diese Hinterwäldler waren zwar tapfer, aber ohne jede Disziplin. Die Ritter sollten ihnen beibringen, in Formationen zu kämpfen.
Wenn sie bis zum Frühling durchhielten, dann würde er aus diesem Sauhaufen eine richtige Armee machen, dessen war Volker sich sicher. Doch vielleicht blieb ihnen nicht so viel Zeit. Der Spielmann hatte Kundschafter ausgeschickt, um über Ri c chars Vorbereitungen für das nächste Frühjahr informiert zu werden. Doch keiner der Waldläufer, den er geschickt hatte, war zurückgekehrt. Es gab Gerüchte, daß der Graf irgendwo an der oberen Mosel war und Truppen sammelte.
Fast zwanzig Männer hatte Volker in den letzten beiden W o chen als Späher ausgeschickt. Sie alle waren verschwunden. Angeblich hatte Ricchar sächsische Söldner angeworben … Es gab auch Gerüchte, daß er eine Streitmacht von fast tausend Mann gesammelt hatte. Doch das konnte nicht stimmen. Er würde niemals mitten im Winter eine Armee aufstellen. Das verstieß gegen alle Regeln der Kriegskunst. Man konnte im Winter keinen Feldzug führen! Wenn es allerdings einen Fel d herrn auf dieser Welt gab, der dieses Risiko einging, dann war es Ricchar. Deshalb mußte Volker wissen, was der Frankenfürst unternahm. Das war der Grund, warum der Spielmann sich auf den Weg zum Bergdorf des Ebers gemacht hatte. Der Gesetzl o se und seine Truppe verwegener Halsabschneider waren die einzigen, von denen er noch hoffte, daß sie ihm Kunde über Ricchar verschaffen konnten.
Volker fluchte leise. Er hätte sich nicht allein auf den Weg zum Eber machen sollen. Es gab genug Männer, die sich hier in den Bergen auskannten. Aber um seiner Legende willen hatte er die Einsamkeit gesucht. Die ersten zwei Tage waren auch ganz gut gelaufen.
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