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Nibelungen 08 - Der Ketzerfürst

Titel: Nibelungen 08 - Der Ketzerfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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daß noch lange vor den ersten warmen Frü h lingstagen der Tod zu Gast sein würde in diesem Dorf. Kalte Verzweiflung kroch in eure Herzen, noch bevor der erste Wi n tersturm an den hölzernen Läden eurer Hütten rüttelte.
    Doch dann brachte der Eber einen Fremden mit goldenem Haar hierher. Es gefiel dem Krieger bei euch. Er legte seine Rü s tung ab und trug schon bald die Kleider der Männer aus den Bergen. Als er eure Verzweiflung erkannte, faßte er einen Plan, vor dem selbst die mutigsten Ritter zurückgeschreckt wären. Mit nur dreißig Mann wollte er die reiche Stadt hinter den Be r gen erobern, um dort aus den übervollen Lagerhäusern der fränkischen Tyrannen genug Korn zu holen, um das Dorf über den Winter zu bringen.«
    Fasziniert verfolgte Volker, wie die Bardin die Geschichte vom Überfall auf Castra Corona zu einem wahren Heldenepos verdrehte. Es war das erste Mal, daß er Zeuge wurde, wie sie ihn als den Auserwählten beschrieb, und er begann zu begre i fen, was jene in ihm sahen, die nur Belliesas Lieder kannten.
    » … ganz allein trat der Eber unter das Portal des Hauses, in dem er den Tyrannen besiegt hatte, und forderte dessen Knec h te, die sich in schimmernder Wehr auf dem Hof versammelt hatten, zum Kampfe. Er sah, daß der Auserwählte in tödlicher Gefahr war, daß sie das Tor besetzen und ihn töten würden. Doch der Eber lachte der Gefahr nur ins Gesicht. Und er stürzte sich ins Gefecht, um sein Leben zu schenken, damit der Ause r wählte entkommen konnte. Doch als das Tor endlich offen war und der Fluchtweg frei, kehrte der Ritter um, um an der Seite seines Freundes zu streiten.«
    Volker starrte auf das schmutzige Stroh zu seinen Füßen. Zu gut erinnerte er sich an sein Zögern. Daran, wie er ernsthaft erwogen hatte, den Eber im Stich zu lassen. Der Räuberfürst hatte den Statthalter schließlich nicht im Zweikampf besiegt, so wie die Bardin es in ihrem Lied schilderte, sondern ihn einfach ermordet. Und der junge Wachsoldat, den er am Boden liegend gemeuchelt hatte, wurde auch mit keinem Wort erwähnt.
    »So fochten sie Rücken an Rücken und trotz all ihres Mutes wären sie verloren gewesen, wäret nicht ihr gekommen, um sie zu retten. Die Männer des Waldes!« Belliesa drehte sich um und zeigte mit ausgestrecktem Arm auf Volker.
    »Und dort ist er, der Auserwählte … Er hat das Krankenlager verlassen, um wieder an eurer Seite zu sein und mit seinem Freund, dem Eber, aus einem Methorn zu trinken und mit ihm zusammen zu neuen Taten aufzubrechen, um den Tyrannen Ricchar auf immer aus den Bergen zu vertreiben, damit kein freier Mann sich mehr unter der Knute der Franken beugen muß und ihr nicht mehr kämpfen müßt, um das Korn, das auf euren Feldern gewachsen ist, aus den Vorratshäusern der B e satzer zu holen! In dieser Nacht soll gefeiert werden, doch ve r geßt nicht jene, die der Graf aus den Städten am großen Fluß vertrieben hat, weil sie an eure Sache glaubten.«
    Volker horchte auf. Wovon sprach Belliesa? War das wieder eine ihrer Lügen? Lauter Jubel brandete durch die Halle, als die Bardin vom Tisch steigen wollte. Der Spielmann spürte, wie der Lehmboden unter seinen Füßen vibrierte, als die Männer und Frauen johlend mit den Füßen stampften. Die Krieger hatten die Bardin auf ihre Schultern gehoben.
    Auch Volker packten sie nun und trugen ihn durch die Halle bis hin zum Eber, der ihm die Hand reichte. Der Räuber wirkte verändert. Die Grausamkeit und Härte schien aus seinen Zügen gewichen. Er lächelte.

    Als Volker erwachte, schmerzte sein Kopf vom vielen Met, den er am Abend zuvor getrunken hatte. Er setzte sich auf und sah sich blinzelnd um. Irgend jemand hatte ihn in die Hütte der alten Frau zurückgebracht. Er konnte sich an nichts mehr eri n nern.
    »Gut, daß du endlich wach wirst. Ich hatte schon überlegt, ob ich eine Handvoll Schnee holen sollte, um dich aus deinen Träumen zu reißen, Ritter!«
    Volker war jetzt hellwach. Deutlich erkannte er im Zwielicht die Gestalt des Ebers. Der Gesetzlose stand über sein Lager g e beugt und blickte zu ihm herab.
    »Was willst du von mir? Bist du gekommen, um mich an Ste l le der Alten mit Suppe zu füttern? Stimmt etwas nicht?«
    »Ja … «
    »Und?«
    »Es ist wegen der letzten Nacht.« Der Räuber schien mit j e dem Wort zu ringen, das er über die Lippen brachte. »Wir beide wissen, daß sie gelogen hat … Daß es anders war … «
    Volker seufzte. »Worauf willst du hinaus?« Er konnte sich beim besten

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