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Nibelungengold 02 - Das Drachenlied

Titel: Nibelungengold 02 - Das Drachenlied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander (Kai Meyer) Nix
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Gras, schrien und krümmten sich in Agonie.
    Alberich nahm das Horn von den Lippen und wollte sich zu Mütterchen herabbeugen, wollte sie auf die Beine ziehen, um gemeinsam mit ihr dem gefallenen Riesen aufzuhelfen. Im selben Augenblick aber zischte etwas an seinem Gesicht vorbei und bohrte sich zwei Schritte neben ihm ins Gras. Ein Armbrustbolzen!
    Es gelang ihm gerade noch, die drei Wächter auf den Felsen wahrzunehmen, die auf die Vorgänge am Boden aufmerksam geworden waren. Dann zuckten schon die nächsten Bolzen heran. Einer schlug nur einen Fingerbreit neben Mütterchens Kopf in den Boden, ein anderer verfehlte Alberichs Schulter.
    Er hatte keine Wahl. Er mußte fliehen und die Gefährten zurücklassen. Die beiden waren wehrlos, man würde ihnen – hoffentlich – nichts antun. Er aber war so gut wie tot, wenn sie ihn fingen. Falls ihn nicht schon vorher ihre Bolzen durchbohrten.
    Hakenschlagend floh Alberich den Hang hinunter. Zahllose Geschosse gruben sich rings um ihn ins Gras. Zum ersten Mal kam ihm seine geringe Größe zugute. Die Wächter hatten sichtliche Schwierigkeiten, ihr kleines, wendiges Ziel zu treffen.
    Eine Stahlspitze schrammte an seiner Schulter vorüber, harmlos aber schmerzhaft. Alberich fluchte, rannte jedoch weiter. Das Horn wippte am Lederband auf und ab, die goldene Geißel an seinem Gürtel klimperte wie ein Glockenspiel.
    Er hatte etwa die Hälfte der Wiese hinter sich gebracht, als der Pfeilhagel aufhörte. Im Laufen sah er sich um und erkannte den Grund: Eine Horde von Kriegern, acht oder neun, hatte seine Verfolgung aufgenommen. Es waren nicht die Männer von den Felsen, denn sie hatten keine Hörner dabei. Von der fernen Sklavenkette lösten sich mehrere Reiter und gaben ihren Pferden die Sporen. Aus dem Augenwinkel sah Alberich mindestens drei von ihnen, die im Galopp auf ihn zupreschten.
    Seine kurzen Beine schmerzten vor Anstrengung, sie waren das Rennen nicht gewohnt. Unter Mühen erreichte er den Waldrand. Die letzten Sonnenstrahlen vermochten das Gebüsch nicht zu durchdringen, zwischen den Bäumen herrschte Dunkelheit. Wenn er seine Gegner ins Unterholz locken und dann noch einmal das Horn benutzen würde…
    Vor ihm teilten sich Büsche und Äste. Zwei Krieger sprangen auf ihn zu. Sie mußten im Wald auf Patrouille gewesen sein. Einer holte mit einer schartigen Axt aus, doch Alberich war schneller. Er ließ die Goldgeißel wirbeln und setzte gleichzeitig unter dem Hieb des Feindes hinweg. Die Axt sauste über ihn hinweg, die Bänder der Geißel schlangen sich um die Beine des Mannes. Alberich riß die Waffe mit einem Ruck nach hinten. Sein Gegner verlor den Halt und stürzte. Der zweite Krieger lernte aus dem Fehler seines Kameraden; statt den Zwerg zu unterschätzen und blindlings auf ihn einzuschlagen, nahm er sorgfältig eine Kampfstellung ein. Seine Augen hinter dem Sehschlitz blickten abwartend, lauerten auf eine Blöße. Damit aber gab er Alberich Zeit, das Horn zu ergreifen. Ein kurzer Stoß hinein, und schon lag der Krieger am Boden.
    Es geht zu leicht, dachte Alberich unheilschwanger. Magie forderte oft einen Preis, und fraglos war der Zauber eines Drachen keine Ausnahme. Plötzlich fürchtete er sich vor dem Horn.
    Bevor die Männer von der Wiese ihn erreichen konnten, setzte er sich erneut in Bewegung. So schnell er konnte hetzte er weiter, betete zu den Albenvätern, daß keine weiteren Krieger im Unterholz lauerten.
    Aber seine Ahnen waren launische Wesen, und es schien ihnen zu gefallen, ihn von einem Unglück ins nächste zu stürzen. Mit einemmal stand er in einer schmalen Schneise im Wald. Die Sklavenkette vom Hang setzte sich hier unten fort, eine endlose Reihe von Menschen, die volle Wassereimer von Hand zu Hand weiterreichte. Wozu, verdammt, wurde all das Wasser in der Festung benötigt?
    »He, Zwerg!« brüllte eine Stimme. Ein Krieger, der diesen Abschnitt der Kette bewachte, war auf Alberich aufmerksam geworden. Mit knallender Peitsche jagte er auf ihn zu.
    Alberich warf sich herum und tauchte wieder ins Unterholz. Von überall her erklang jetzt das Bersten von Zweigen und Ästen. Er hätte anhalten und abermals ins Horn stoßen können, aber er fürchtete die Folgen; außerdem, wer sagte ihm denn, daß nicht einige der Männer ihre Ohren verstopft hatten? Wenn er jetzt haltmachte, würden sie ihn unweigerlich einholen und zur Strecke bringen.
    Ganz in seiner Nähe bellten Hunde. In Gedanken sah er sich schon von scharfen Fängen zerfleischt, als

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