Nibelungenmord
Sippmeyer!«
»Ich wusste es!«, rief Elena. Sie sah sehr zufrieden aus.
Jan nahm die Liste und überflog die Verbindungsdaten.
»Dieser Typ hat halb Königswinter flachgelegt«, sagte Elena gehässig. »Wahrscheinlich hat er sogar …«
»Sei mal ruhig!« Jan runzelte verärgert die Stirn. »Erstens ist das hier nicht Sippmeyers Handynummer, sondern der Hausanschluss der Sippmeyers. Als Gesprächspartner kommt also die ganze Familie in Frage, inklusive Haushälterin. Aber vor allem ist hier etwas viel Wichtigeres … Den Verbindungsdaten nach haben wir eine Unstimmigkeit, was die Abläufe anbelangt. Die Koller hat zum genannten Zeitpunkt überhaupt nicht mit ihrem Mann gesprochen, die letzte Telefonverbindung zwischen den beiden gab es am Morgen, kurz vor acht. Dreieinhalb Minuten.«
»Und Sippmeyer?«, fragte Elena.
»Moment«, sagte Jan. »Koller hat zu Protokoll gegeben, er habe zwischen halb eins und eins mit seiner Frau wegen des Besuchs bei seiner Schwiegermutter gesprochen, und danach hätten weder er noch seine Tochter etwas von ihr gehört. Lara hat das bestätigt. Laut Verbindungsnachweis …«
»Und?«, fragte Elena ungeduldig. Man sah ihr an, dass sie lieber über Michael Sippmeyer gesprochen hätte als über Peter Koller.
»Denk doch mal nach! Die beiden sprachen um 7 Uhr 50, also satte vier Stunden vor dem genannten Zeitpunkt! Dafür wurde aber um 12 Uhr 37, kurz nach dem Anruf bei Sippmeyer, eine SMS versendet, und zwar an Koller!«
Jan überlegte fieberhaft. Der angebliche Anruf hatte nie stattgefunden. Was die Frage aufwarf, ob Valerie Koller je vorgehabt hatte, ihre Schwiegermutter zu besuchen. Die SMS konnte jeder gesendet haben. Zum Beispiel der Täter. Höchstwahrscheinlich der Täter.
»Oh«, sagte Elena nur. Ihr Gesicht wurde nachdenklich.
»Dann hat Koller entweder gelogen, oder er hat unwissentlich falsche Angaben gemacht. Oder aber wir haben ganz schön Mist gebaut und nicht richtig nachgefragt.«
»Das werden wir sehen. Im Protokoll steht bestimmt, sie hätten telefoniert. Wir haben beide nicht nachgefragt.«
Jan sah ihr an, wie es sie fuchste, dass sie bei der Befragung dabei gewesen war. Noch beim Mittagessen hatte sie spitze Bemerkungen über seine häufige Abwesenheit gemacht, die sich aus ihrer Sicht nicht mit Arbeit vor Ort erklären ließ. In dieser Rolle hatte sie sich sichtlich wohl gefühlt: die emsige Hauptkommissarin, die ihren geistesabwesenden Kollegen ermahnte. Jetzt aber hatte ihr Selbstbild einen Kratzer bekommen.
»Vielleicht war Koller verwirrt?«
»Keine Ahnung«, sagte Elena und griff nach dem Verbindungsnachweis.
»Ist auch egal. Jedenfalls ist diese Geschichte vom Besuch bei der Schwiegermutter entweder ein Märchen, das uns Koller aufgetischt hat, um zu erklären, warum er seine Frau nicht vermisst hat, oder jemand anders hat die SMS geschrieben.«
Elena tippte auf den Ausdruck. »Und das mit Sippmeyer müssen wir klären. Sie haben sechzehn Sekunden gesprochen.«
»Also möglicherweise nur der Anrufbeantworter.«
»Es ist das einzige Gespräch zwischen ihnen. Wir müssen die Verbindungen der vorangegangenen Monate auch einsehen.«
»Tun wir. Aber erst mal klären wir das mit der Schwiegermutter. Wir müssen herausfinden, ob Valerie dort überhaupt hinwollte, und wenn ja, wer davon wusste.«
Jans Handy dudelte, und er griff danach und warf einen Blick aufs Display. Das Krankenhaus.
Mit einem entschuldigenden Blick in die Runde trat er ans Fenster.
Er sei ja der nächste Verwandte von Edith Herzberger, da man ihre beiden Töchter leider nicht erreichen könne. Sie habe sich auf eigenen Wunsch und auf eigene Verantwortung selbst entlassen unter der Auflage, sich sofort ins Bett zu begeben. Und da bei ihr zu Hause niemand ans Telefon gehe, wollte sich die Stationsschwester davon überzeugen, dass die alte Dame gut nach Hause gekommen war.
Jan dankte für die Nachricht und die Sorge um das Wohlergehen seiner Großmutter, versprach, sich darum zu kümmern, und legte auf.
Elena trat zu ihm, und er versuchte, sich zu konzentrieren. »… Schwiegermutter ist offenbar schon ziemlich alt. Oberschenkelhalsbruch, hatte Koller gesagt. Eine komische Sache mit dem Anruf. Hat er gelogen oder nicht?«
Jan stieß Luft aus, sah auf sein Handy und steckte es in die Jackentasche. Dann zuckte er die Achseln. »Ich kann das nicht einschätzen. Wir müssen noch mal ins Protokoll gucken.«
»Hab ich gerade. Er hat von einem Telefonat gesprochen.«
»Wissen wir
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