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Nibelungenmord

Nibelungenmord

Titel: Nibelungenmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merchant
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befragen, aber erst war die Schleheck dran. Sie würden ihr Haus auf den Kopf stellen.
    Das Telefon klingelte immer noch, und Jan griff nach dem Telefonhörer. Daran, dass es Nicoletta war, glaubte er keine Sekunde. Er kannte sie zu genau. Sie hingegen kannte ihn kein bisschen.
    Die Stimme des Anrufers scholl ihm aufgebracht ins Ohr.
    »Ich bin Peter Koller. Sie müssen sofort herkommen, ich glaube, meiner Tochter ist etwas zugestoßen.«
    »Was ist passiert?« Jan griff nach seinem Stift und merkte mit Erleichterung, wie die düsteren Gedanken in den Hintergrund wichen und einer geschäftigen Konzentration Platz machten.
    »Ich bin vor wenigen Minuten nach Hause gekommen. Laras Fahrrad ist da, ihre Jacke hängt auf dem Kleiderbügel, aber von ihr fehlt jede Spur.«
    »Vielleicht ist sie noch nicht nach Hause gekommen? Oder sie ist kurz zu einer Nachbarin?«
    »Die Terrassentür stand weit offen!« Peter Kollers Stimme wurde zunehmend schriller.
    »Ich verstehe. Im Garten haben Sie nachgesehen?«
    »Natürlich! Und außerdem, meine Tochter würde niemals einfach eine Tür offen lassen, so dass jeder in unser Haus spazieren kann. Sie ist sehr pflichtbewusst. Sie weiß genau, dass wir so etwas nicht dulden.« Kollers Stimme verlor sich ein wenig.
    Vermutlich überlegte er, dass die vormals angedrohten erzieherischen Maßnahmen in der aktuellen Situation nicht mehr relevant waren. Dass das erzieherische »Wir« dem einsamen »Ich« eines verwitweten Vaters gewichen war.
    »Machen Sie sich vorerst keine Sorgen, Herr Koller. Vielleicht gibt es eine einfache Erklärung. Haben Sie es über das Handy versucht?«
    »Es liegt hier vor mir auf dem Tisch.«
    Wie bei Margit Sippmeyer, dachte Jan. Verdammt. Tür offen, Handy und Tasche da, Frau verschwunden.
    »Ist Ihnen sonst irgendetwas Ungewöhnliches aufgefallen?«
    »Ein Buch liegt hier, das ich noch nie gesehen habe. Und zwei Tassen Tee stehen auf dem Tisch, noch heiß.«
    »Zwei?« Jan verlagerte den Hörer von der rechten auf die linke Seite. »Von wem könnte Ihre Tochter Besuch gehabt haben?«
    »Woher soll ich das wissen? Ich habe bei ihrer Freundin angerufen, aber die ist zu Hause.«
    »Vielleicht von ihrem Freund? Sven?«
    »Ihrem Freund? Das ist nur ein Klassenkamerad, dem sie auf Bitte meiner Frau ein bisschen beim Lernen hilft. Hören Sie, könnten Sie jetzt bitte kommen?«
    »Ich schicke Ihnen jemanden vorbei.« Jan legte den Hörer auf.
    Verdammt, dachte er. Irgendetwas geht hier schief. Und wir haben keine Ahnung, was es ist.
    Das einzig Angenehme war, dass der letzte schwache Gedankenfetzen an Nicoletta und ihre scheußliche Schlafbrille aus seinem Kopf verschwunden war.
    *
    Das possierliche Hexenhaus schien sich aufzubäumen, als die Beamten es in ihre Gewalt nahmen, den Eingang besetzten, über den schönen Dielenboden trampelten. Die Türen ließen sich nicht aufreißen. Sie sperrten sich, klemmten, ehe sie mit einem Ächzen nachgaben und den Weg in die Zimmer so plötzlich freigaben, dass Reimann beinahe stolperte.
    Selbst das Dach schien sich zu sträuben wie das Fell einer Katze, aber vielleicht war das auch nur der kalte Novemberwind, der blies und heulte, als wolle er das Haus beschützen.
    »Ich bin ja gespannt, ob wir was finden«, sagte Elena. Sie hatte aufmerksam zugehört, als Jan ihr von seinem Besuch bei der Kuratorin berichtete.
    »Wir müssen einfach.« Jan verfolgte mit grimmigem Blick, wie das Atelier ausgeräumt wurde. Die Ecke, in der er glaubte, die Pailletten entdeckt zu haben, hatte er als Erstes in Augenschein genommen und war fündig geworden. Das Plastiktütchen mit den wenigen glitzernden Scheibchen hielt er in der Hand wie eine Trophäe.
    »Wo ist Romina Schleheck?«
    »Schon auf dem Präsidium. Ich fahre gleich hinterher.«
    Die Schleheck war in hysterisches Gelächter verfallen, als sie gehört hatte, was die Beamten suchten. Immerhin war sie ohne die Gegenwehr, die er erwartet hatte, in den Wagen gestiegen. »Ich hoffe, Sie finden es! Ich will es wiederhaben, hören Sie? Ich muss Siegfried wiederhaben!«, hatte sie geschrien, ehe sich die Tür hinter ihr geschlossen hatte. Ihre Stimme hatte so schrill geklungen wie das Heulen einer Hyäne.
    »Ganz verstehe ich das nicht.« Elena schüttelte den Kopf, dass ihre Pferdehaare flogen. »Für mich klingt das total krank, Malen mit biologischen Spuren.«
    »Das ist auch krank. Aber es ist das Einzige, was im Moment einen Sinn ergibt. Deswegen braucht sie Margit Sippmeyer … Nicht weil

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