Niccolòs Aufstieg
als er auf dem Weg nach Mailand war wegen - was war es gleich? - eines Turniers. Und wenn er das Turnier plötzlich abbricht und sich nach Savoyen begibt, dann wirst du auch davon wissen. Und verkaufst die Nachricht an jenen, der am meisten zahlt?«
»Na, ich wäre schön dumm, wenn ich es täte. Sollte ich den Herzog von Mailand kränken oder die Medici oder den Dauphin, dann würden sie mich kaum mehr bezahlen. An derlei Dinge muß man denken in diesem Geschäft.«
Ein Lächeln ging über das Gesicht der Demoiselle und verschwand wieder. Gut.
»Du bist offenbar jemand, der gründlich nachdenkt. Wenn du also nach so gründlichem Nachdenken für deine Herrin Geld verdienst - warum legst du es dann in deinem eigenen Namen an? Und warum nicht in Mailand, sondern in Venedig?«
Claes sah die Demoiselle an. Dann senkte er den Kopf.
»Du solltest die Frage beantworten«, sagte sie.
»Die Medici haben die Überweisung gemacht«, erklärte Claes.
»Von Mailand nach Venedig. Das sagte auch mein Gewährsmann. Sie fanden es sicher lohnend, einen gewissen Preis für deine Dienste zu zahlen?«
Claes blickte auf seine Stiefel. »Sie fanden es lohnend, weil ich falsche Kurse für Venedig angegeben habe. In einem der Briefe, die ich aufmachte. Er war nicht chiffriert.«
»Du hast einen Bericht gefälscht?« fragte der Vicomte.
Marian de Charetty war blaß geworden, »Claes, du Idiot. Du bist erledigt.«
»Aber Ihr werdet es nicht verraten.« Claes hatte sich wieder gefaßt. »Und es wird ein schöner Gewinn dabei herausspringen.«
»Ich werde es nicht verraten«, sagte Marian de Charetty. »Aber hast du vergessen, wer er ist?«
»Nein.«
»Es freut mich, daß du es nicht vergessen hast«, sagte Jordan de Ribérac. Er hob eine Hand. »Komm her, Dummkopf.«
Nach einem Augenblick des Zögerns ging Claes gehorsam am Schreibtisch vorbei und blieb vor dem Vicomte stehen, der ihn ansah. »Du hast einen albernen Anschlag auf das Leben meines Sohnes verübt. Es ist dir nicht gelungen, ihn zu töten. Aber du wirst es wieder versuchen, nicht wahr? Sobald du Geld hast und ein wenig Ansehen und die Leute nicht länger über dich lachen und dich in den Steen sperren. Bist du deswegen auf einmal so ehrgeizig?«
»Euer Sohn? Wieso könnte ich ihn leichter umbringen, wenn ich Geld habe?«
Der dicke Mann ließ ihn nicht aus den Augen. »Du hast ihn angegriffen.«
»Er hat mich angegriffen. Soviel ich weiß, habt Ihr ihm früher keine Aufmerksamkeit geschenkt. Warum tretet Ihr jetzt plötzlich für ihn ein? Ihr werdet nicht mehr ändern können, was mit ihm nicht stimmt; es ist zu spät. Ihr werdet auch nicht ändern können, was mit mir nicht stimmt. Ihr wißt ja nicht einmal, was es ist.«
»Du unterschätzt mich«, sagte Jordan de Ribérac. »Ich könnte mit deinem Namen anfangen,«
Marian de Charetty schaltete sich ein. »Er hat nichts getan, was die Medici schädigte.«
Der Vicomte sah sie an. »Falsche Berichte über Kurse zu seinen Gunsten? Demoiselle, das ist Diebstahl, und wir alle wissen, wie Diebstahl bestraft wird. Weiß er, wessen Bastard er ist?«
Sie errötete »Ich weiß es«, sagte Claes.
»Was immer ich von meinem Sohn halte, wenn jemand ein Mitglied meiner Familie anrührt, möchte ich gern alles über ihn wissen. Was ich dir wohl bewiesen habe. Also laß uns über Bastarde reden. Du weißt es, sagst du. Weißt du also, daß deine arme, leichtsinnige Mutter mit Dienstboten hurte?«
Der dumpfe Schlag auf den Tisch rührte von der Faust der Demoiselle her. Sie war knallrot. »Monsieur le Vicomte, Ihr dürft Euch verabschieden.«
Die wachen Augen des dicken Mannes musterten sie. »Warum? Die Geschichte ist doch nicht neu. Niemand bestreitet sie. Darüber müßt Ihr Euch nicht beunruhigen, Demoiselle. Der Junge ist kein Blutsverwandter von Euch. Sein Großvater hat Eure Schwester in zweiter Ehe geheiratet. Ihr seid seine angeheiratete Großtante, so wie der Genfer Kaufmann Jaak de Fleury sein Großonkel ist. Hat es dir gefallen, ihn zu besuchen, Claes? Du bist doch in Genf gewesen.«
»Auch ihn habe ich nicht umgebracht«, erwiderte Claes. »Ich habe seine Frau enttäuscht, aber das ist eine andere Geschichte. Ich glaube, Ihr regt die Demoiselle auf.«
Sie sah nicht aus, als wäre sie ihm für die Bemerkung dankbar. »Die Demoiselle ist durchaus imstande, einen Herrn hinausbegleiten zu lassen, wenn seine Reden das rechtfertigen. Ist das alles, was Ihr wolltet, Monsieur de Ribérac? Claes davor warnen, Eurem
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