Niccolòs Aufstieg
Ferrante von Neapel zu unterstützen. Als ihr Kurier bin ich vom Herzog, vom Haus Medici und von Euch mit der Beförderung von Briefen und Nachrichten beauftragt worden. Ich habe Euch Botschaft von Monsieur Gaston und vom Herzog von Mailand gebracht und bin durch Messer Arnolfini gut bezahlt worden.«
»Das«, sagte der Dauphin lächelnd, »ist nur ein erster Hinweis auf die herzlichen Gefühle, die wir dir entgegenbringen.
Denn eine solche Verbindung muß natürlich auf Vertrauen ruhen, nicht wahr? So wäre es beispielsweise gar nicht genehm, wenn die Botschaften von Monsieur Gaston oder seiner Hoheit dem Herzog an mich in fremde Hände fielen. Und doch ist unser erlauchter Vater, wie wir erfahren haben, davon unterrichtet, daß Monsieur Gaston in Mailand war, ja sogar, daß er in unserem Auftrag Savoyen besucht hat.« Der Dauphin schlug mit dem Handballen ein halbes Kreuz. »Nicht daß unser Vater, der König, eine solche Neuigkeit ungewöhnlich fände. Unsere Familie ist mit dem Haus Savoyen doppelt verbunden, da ist der Austausch von Klatsch ganz natürlich.« Blitzschnell, wie eine herabstoßende Vogelklaue, faßte seine Hand nach Claes’ Arm. »Wie du, mein Junge, wohl verstehst. Thibault und Jaak de Fleury aus Genf sind ja, wie ich höre, deine Verwandten.«
»Monsieur Gaston kennt meinen Stand. Ich bin ein außerehelich geborener Großneffe. Ich schulde ihnen nichts, und sie wollen nichts mit mir zu tun haben. Es gibt eine rechtmäßige Erbin. Ich habe nichts zu gewinnen und nichts zu verlieren, solltet Ihr beschließen, sie zu Euren Verbündeten zu machen.«
»Ich glaube dir natürlich«, sagte der Dauphin. »Auch wenn Übelwollende vielleicht behaupten würden, daß von meinem Geld für Monsieur Jaak de Fleury ein hübscher Teil in deine Taschen wandern könnte. Und daß die Familie so hinterhältig sein könnte, die Bestechung einzustreichen und unserem Vater dennoch heimlich zu dienen, Tatsache ist -«
Er hielt inne, und Claes senkte den Blick.
»Tatsache ist, daß die Herren Thibault und Jaak es abgelehnt haben, dem Herzog von Savoyen und unserem Vater die Treue aufzukündigen. Monsieur Gaston, der uns das berichtet hat, bot ihnen eine ansehnliche Summe. Wie gesagt, unser Vater weiß vom Besuch meines Schatzmeisters. Er weiß es vermutlich von deinem Großonkel und seiner Familie. Du aber sagst, daß du nichts mit ihnen zu tun hast.«
»Monseigneur, Ihr seid auch mit Anjou verwandt.«
Wieder die leichte Unruhe in seinem Rücken. Wieder der dunkle Blick über der langen, spitzen Nase. Der Dauphin hob die Hand, klopfte Claes einmal kurz und hart auf den Arm und zog sie weg.
»Wir spielen schon wieder Schach. So viel Eifer! Aber hast du nichts Besseres zu bieten, um uns von deiner Vertrauenswürdigkeit zu überzeugen? Woher wissen wir, daß du nicht uns allen Geld und Geheimnisse entlocken wirst, nur um dich dann aus den Diensten deiner Herrin davonzustehlen. Nach Venedig vielleicht. Uns ist aus bester Quelle bekannt, daß du schon eine Kleinigkeit auf die Seite gelegt hast, und wir wissen natürlich, wie sehr die Acciajuoli dich schätzen. Wie können wir sicher sein, daß unsere geheimen Botschaften in den Händen eines solchen Meisters im Entschlüsseln geheimer Chiffren sicher aufgehoben sind?«
Der Dauphin hatte die Hände zusammengelegt. Sein Blick war ruhig. Claes bedachte seine Worte. Die anderen Männer hatten aufgehört zu essen, unterhielten sich murmelnd, scheinbar ohne dem Gespräch Beachtung zu schenken. Der Astrologe, dessen Namen er noch immer nicht wußte, hatte sich wieder zu ihnen gesellt. Zwischen den Bäumen, unter denen die Pferde standen, trat ein Mann hervor, schaute sich um und verschwand schnell wieder, jedoch nicht, ohne von Claes bemerkt worden zu sein.
»Ja, Monseigneur«, sagte Claes, »das ist der Haken. Bei so einem Boten weiß man nie, woran man ist. Ihr könnt versuchen, Euch durch großzügige Entlohnung seine besondere Gunst zu erkaufen, aber Ihr wißt nicht, ob der nächste Auftraggeber nicht das gleiche tut. Ihr könnt ihm drohen, und wenn er einen Fehler macht, ist er dran. Aber Sicherheit gibt es nur, wenn man ihn gar nicht erst beauftragt. Meine Herrin wird vom Herzog und von den Medici gut bezahlt, Monseigneur. Wir sind auf Eure Aufträge nicht angewiesen.«
Der Dauphin rupfte einen Grashalm ab, hielt ihn hoch und betrachtete ihn eingehend, bevor er begann, ihn zwischen den Fingern zu zwirbeln. »Du hast vollkommen recht. Gibt es überhaupt einen
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