Niccolòs Aufstieg
Vorteil, der die beschriebene Gefahr aufwiegen würde?«
Claes sah dem Thronfolger in das finstere Gesicht. »Ihr könntet mich ausschließlich mit der Beförderung formeller Botschaften beauftragen und alle anderen besser beleumundeten Kurieren anvertrauen, wenn Ihr solche kennt.«
Der Grashalm tanzte. »Das nenn ich einen erbärmlichen Mangel an Ehrgeiz! Ein Bursche, der schlauer ist als die Astrologen und nicht weiß, wie er seine Gaben zu Geld machen soll!« Der Dauphin hob den Kopf. »Jean, mon compère! Was wißt Ihr über Geheimchiffren?«
Bourré, der Sekretär. Einer der im Gras sitzenden Männer stand auf, trat heran und kniete nieder. »Herzlich wenig, Monseigneur.«
»Und hier haben wir einen Meister dieser Wissenschaft.« Mit dem Grashalm wies er auf Claes. »Mein Freund, deine Fähigkeiten sind Gold wert. Ist dir das nicht klar? Viel Gold. Vorausgesetzt, sie kommen einzig uns zugute. Messer Cosimo und Messer Cicco sind sehr gute Freunde von mir, aber ihre Geheimschriften sind bereits die besten der Welt. Wir hingegen, die wir hinterherhinken, brauchen einen Mann deiner Begabung.«
Claes blickte vom Thronfolger zum Sekretär. »Gewiß, Monseigneur. Es wäre mir eine Ehre. Aber ein Untergebener kann immer nur das leisten, wozu seine Fähigkeiten ausreichen, und es gibt vielleicht Umstände, wo ich mit meiner Einmischung nur Schaden anrichten würde. Ihr versteht, Monseigneur?«
»Natürlich.« Der Dauphin sah Bourré lächelnd an.
»Und außerdem -«, bemerkte Claes zaghaft »Ja?« Diesmal war der Dauphin nicht so geduldig.
»Ich bitte um Verzeihung, Monseigneur. Aber je mehr Zeit ich derartigen Angelegenheiten widme, desto weniger kann ich für die Geschäfte des Hauses Charetty erübrigen. Monsieur Felix ist, wie Ihr wißt, ein fähiger Mann und wird eines Tages das Oberhaupt des Unternehmens sein, aber im Augenblick läßt er sich noch von anderen Vergnügungen ablenken.«
Der Dauphin warf die Arme hoch. »Hört Ihr das, Freunde? Man wirft uns hier unsere Gastfreundschaft vor. Willst du uns der Gesellschaft dieses angenehmen jungen Mannes berauben? Wir glauben nicht uns zu schmeicheln, wenn wir sagen, daß auch ihn das bekümmern wird. Da es ihm doch solches Vergnügen bereitet, unsere Hundezwinger zu besichtigen, unsere Pferde zu reiten und sich in der Kriegskunst zu üben.«
Claes sagte nichts.
Der Dauphin ließ die Arme sinken. »Aber du hast recht. Die Pflicht ruft. Seine Familie braucht ihn. Wir werden ihn in Zukunft nicht mehr von seinen Farbküpen weglocken. Aber was werden wir ihm sagen?«
»Er wird untröstlich sein, ich weiß. Aber vielleicht darf ich Monseigneur eine letzte Einladung zu einem besonderen Feiertag vorschlagen, an dem die Anwesenheit von Monsieur Felix auf Genappe Euch nicht stören würde? Vielleicht am zweiten Sonntag nach Ostern?«
Der Dauphin fixierte ihn einen Moment, dann wandte er sich dem Sekretär zu. »Abgemacht. So soll es sein. Mein Freund, Monsieur Bourré, wird es vormerken. Der junge Monsieur Felix wird die Einladung erhalten. Und wir werden dafür sorgen, daß er sie nicht ablehnt. Darum geht es dir doch?«
»So ist es«, bestätigte Claes. »Monseigneur, das wird uns allen von Nutzen sein. Ich danke Euch.«
»Nun ja.« Der Dauphin warf den Grashalm weg. Er stützte sich mit einer Hand auf die Schulter seines Sekretärs und stand auf. Seine Knie standen deutlich einwärts, die Oberschenkel darüber, knapp bedeckt von einem kurzen Kittel, waren dünn und sehnig. Unter dem spitzen Hut schweifte der Blick über die Männer, die mit ihm aufgestanden waren und jetzt begannen, die Körbe zu schließen und einzusammeln.
Der Dauphin richtete den Blick auf Claes, der ebenfalls aufgesprungen war, jetzt aber schnell wieder niederkniete.
»Wir verstehen einander. Du bist ein kluger junger Mann und wirst mir gut dienen. Monsieur Bourré wird nach dir und Monsieur Arnolfini, den du ja bereits kennst, schicken lassen. Dir sind, hoffe ich, die Ausgaben für die Rüstung erstattet worden?«
»Vollständig«, antwortete Claes dankbar.
Der Dauphin runzelte die Stirn. »Wir hätten etwas mehr tun sollen. Monsieur de la Barde!«
Der Bestgekleidete unter den Männern trat vor. »Ich werde mich darum kümmern, Monseigneur.«
Mit einem Lächeln sah der Dauphin Claes an. »Du verstehst, mein Freund. Du verläßt diese Hütte nicht in goldenen Gewändern, mit Ringen an den Fingern oder auch nur Gold in der Börse. Aber nach diesem Tag wirst du nicht an Armut leiden.
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