Niccolòs Aufstieg
Mauernische an der Ecke des Gebäudes stand, war jener Bär, dem sich damals dieser verrückte Claes an den Hals geworfen hatte, nachdem er zuerst Simon von Kilmirrens wertvollen Hund niedergemetzelt hatte und dann durchs Wasser des Kanals geflohen war - so jedenfalls wurde die Geschichte erzählt.
Damals hatte es noch Spaß gemacht, mit Claes zusammen zu sein, auch wenn er ein ausgemachter Tölpel war. Damals hatte er ihm noch nicht vorschreiben wollen, wie er mit Mädchen wie Mabelie umzugehen habe. Die hatte sich im übrigen sowieso nicht von John Bonkle trennen wollen, und er sich nicht von ihr. Da hatten sie, er und Jannekin, wohl beide ein bißchen zuviel getrunken gehabt.
Felix versuchte, die Finger vom Bier zu lassen, um einen guten Eindruck zu machen. Die Gesellschaft Weißer Bär, deren Turnier die Ritterkämpfe nach Ostern eröffnete, war eine höchst vornehme Gesellschaft, die ausschließlich Adelige und sehr reiche Bürger aufnahm. Tuchhändler, Seidenhändler und Kürschner kamen mit Müh und Not hinein, Großgrundbesitzer etwas leichter, Angehörige der Zünfte waren nicht gefragt, eine Ausnahme allerdings machte man bei den großen Geschäftsvermittlern und Gastwirten, Felix, dessen Familie in Löwen Geldgeschäfte betrieb, war eben noch annehmbar. Vom Färber- und Walkhandwerk zu reden, hütete er sich. Kein Wunder, daß er mit Herzklopfen das stattliche Haus an der Kanalbrücke betrat, wo Männer, die er in Gesellschaft seiner Mutter gesehen hatte, ihn begrüßten und zum Wein einluden.
Sollte er häufiger hierherkommen, würde er mehr Geld brauchen. Aber mehr Geld war ohnehin nötig, wenn er sich angemessen auf das Turnier vorbereiten wollte. Die Rüstung hatte er und einen Teil der Waffen auch. Ihm fehlten noch einige Lanzen und ein Ersatzschild. Am wichtigsten waren aber natürlich die Pferde.
Zwei mußten es sein, groß und kräftig. Im Stall stand eines, das seinem Vater gehört hatte, der es allerdings weniger zum Kampf gebraucht hatte als dazu, stolz hin und her zu reiten und Eindruck zu machen, wenn er in regelmäßigem Turnus eine der Wachtruppen auf den Mauern befehligt hatte. Felix hatte geglaubt, er könnte sich ein zweites dazuleihen. Einer von den de Walles hatte es ihm praktisch angeboren. Aber die meisten Familien, mit denen er bekannt war, nahmen selbst an dem Turnier teil. Die Breydels und die Metteneyes, die Bradericx, die Halewyns und die Themsekes. Wie die Väter, so erprobten sich auch die Söhne im ritterlichen Kampf, um vielleicht das Horn, die Lanze oder den Bären davonzutragen. In den großen Zeiten waren die Besten des burgundischen Hofs zum Turnier nach Brügge gekommen. Männer wie Jacques de Lalain und der Bastard von Burgund.
Ein Schauer durchfloß Felix, aber er wies standhaft einen zweiten Becher Wein zurück. Er mußte sich ein besseres Pferd besorgen. Und einen zweiten Schild. Er konnte doch nicht mit Plunder gegen die großen Ritter antreten. Begierig stürzte er sich in Gespräche über Turniere und sog alles darüber auf, wie und wo man sich am besten vorbereitete. Er hätte mit einem erfahrenen Mitglied der Gesellschaft wie Anselm Adorne herkommen sollen, auch wenn Adorne ihn in seinem Haus wie ein Kind behandelt hatte, nachdem Claes damals die Kanone in den Kanal befördert, den Hennin des Mädchens aus dem Wasser gerettet und dem Mann das Holzbein gebrochen hatte.
Er sah Jan Adorne vor der Tür stehen und winken und dachte sich, der tut es auch. Mit fünfzehn war er wahrscheinlich noch zu jung für den Turnierkampf, aber er war sicher schon oft mit seinem Vater in der Poorterslogie gewesen. Auffordernd schwenkte er seinen Becher und verfehlte mit seinem Ärmel nur knapp eine Karaffe. Er hatte sich für den Tag sehr elegant gekleidet, mit Bändern an den Ärmeln und einem wattierten Wams, das, wie der Schneider mit Recht gesagt hatte, seine breite Brust zur Geltung brachte. Im Hinblick auf die vielen Leute hatte er statt eines seiner flachen, breitkrempigen Baretts lieber einen hohen Hut aufgesetzt. Er wünschte nur, sein Kragen wäre unter dem Kinn nicht so streng geknöpft. Er konnte kaum abwärts sehen, um darauf zu achten, daß er mit seinen weiten Ärmeln nicht die Gäste auf den Bänken behelligte.
Jan gab schon wieder Zeichen, kam aber nicht herein. Gereizt drängte sich Felix näher und erkannte, warum. Er war mit einer ganzen Gruppe da. Bonkle begleitete ihn, dazu Sersanders, Lorenzo Strozzi und mehrere andere. Es war schon erstaunlich, wie
Weitere Kostenlose Bücher