Niccolòs Aufstieg
Nicholas und in seine Treue zu mir erschüttern. Wir sprechen hier über Mittel und Wege, Nicholas und seine Geschäfte zu schützen. Nicht jeder kennt ihn so gut wie ich.«
»Ihr wollt diesen Mann in Eurem Haus aufnehmen, bis sie zurückkommen, nur damit er keine Gerüchte verbreitet?«
»Ja.« Sie glaubte, er würde wieder Einwendungen erheben. Als er es nicht tat, fragte sie: »Ihr stimmt also zu?«
Gregorio seufzte ungeduldig. »Kein vernünftiger Mensch täte das. Aber ich bin überzeugt, daß Euer Vertrauen Euch nicht trügt. Ich bin überzeugt, daß Nicholas zurückkehren wird, wenn er kann, und der Jongeheer mit ihm. Aber es gibt da noch etwas. Ihr sagtet, daß Monsieur de Fleury alle Bücher gesehen hat?«
»Sie lagen alle da. Er kennt sich aus. Er konnte sie besser lesen als jeder andere.«
»Wenn er die Einträge gesehen hat«, sagte Gregorio, »weiß er, daß die Geschäfte blühen, auch wenn er vorhat, das Gegenteil zu verbreiten. Er will das Unternehmen an sich reißen. Er hat ja schon angedeutet, wie er es zu erwerben hofft. Aber er hat auch noch eine andere Möglichkeit, die er vielleicht noch nicht ganz erkannt hat. Wenn er gesehen hat, was für Beträge die Bembi bezahlt haben.«
Marian schwieg. Dieser Eintrag war der einzige Hinweis auf die langen, heiklen Verhandlungen, die ihnen das Alaun-Geld eingebracht hatten. Um diesen Erfolg nicht zu gefährden, würde sie auf alles eingehen müssen oder alles verlieren.
Gregorio hatte das gewußt. Werft ihn hinaus, hatte er gesagt, aber nur, um ihr Vertrauen in den jungen Mann, den sie geheiratet hatte, zu prüfen.
»Dann bleibt er, bis Nicholas kommt«, entschied sie. »Aber was machen wir mit der Bembo-Buchung?«
»Das laßt getrost meine Sorge sein. Mir wird schon etwas einfallen, um sie vorübergehend zu verschleiern.«
»Er ist ein sehr unangenehmer Mensch«, sagte sie.
»Aber es ist ja nur für kurze Zeit. Unternehmt nichts. Die Leute sind guten Willens und verstehen einen Wink. Henning und ich werden dafür sorgen, daß sie langmütig bleiben. Vielleicht möchtet Ihr Eure Töchter eine Weile fortschicken. Denn Ihr werdet die Hauptlast zu tragen haben.«
»Ja«, stimmte sie zu. Sie merkte, wie jetzt, da es entschieden war, Mut und Entschlossenheit zurückkehrten.
Warten mußte sie ohnehin. Da konnte sie, während sie wartete, auch kämpfen.
KAPITEL 38
Als sie mit ihren Dienern endlich das Genter Tor von Brügge erreichten, hatte Julius längst jeden Versuch aufgegeben, mit Nicholas zu sprechen.
Unterwegs hatte er von dem Alaunlager gehört. War schon die Geschichte von dem Guthaben bei de Fleury erstaunlich gewesen, so verschlug es ihm angesichts dieses Zeugnisses opportunistischer Durchtriebenheit buchstäblich den Atem. Ihm wurde klar, daß Tobias von Anfang an beteiligt und der neue Rechtskonsulent Gregorio eingeweiht gewesen war und außerdem die Demoiselle dem Ganzen offenbar ihren Segen erteilt hatte. Und daß Felix alles gewußt und für sich behalten hatte. Es bestätigte, was er selbst sich vor der Abreise aus Mailand gesagt hatte. Wenn er Nicholas auf Dauer ertragen konnte, war alles möglich.
Nicholas zu ertragen erwies sich schon jetzt als nicht ganz einfach. Die Entschuldigung der Krankheit galt nicht mehr, die letzten Nachwirkungen des Fiebers waren seit einer Woche verschwunden. Natürlich hatte die Reise ihm zugesetzt, wie ihnen allen (außer Loppe), aber er war wieder ganz gesund. Zumindest körperlich. Doch nachdem er mit dem Alaunplan herausgerückt war und kurz die anderen Dinge angesprochen hatte, die zur Zeit das Haus Charetty beschäftigten, war er in Schweigen verfallen.
Felix natürlich. Julius, selbst mitgenommen von den teilweise sehr harten Ritten, erkannte, daß er und Nicholas Felix’ Tod zwangsläufig unterschiedlich aufnehmen mußten. Er trauerte um Felix, wie eben ein Lehrer um einen aufgeweckten jungen Menschen trauerte, den er unterrichtet und aus mancher Patsche befreit hatte. Nicholas trauerte um den Gefährten. Und er mußte, in seiner absurden Rolle als Felix’ Stiefvater, der Mutter die Nachricht vom Tod ihres Sohnes überbringen. Aber das hatte er sich selbst eingebrockt, als er die Demoiselle geheiratet hatte. Julius sah keinen Grund, deshalb Mitgefühl aufzubringen.
Dann standen sie vor den Toren Brügges, und der Wächter, ihnen aus alten Zeiten feindlich gesonnen, rief: »Hoho! Ihr zwei werdet euch wundern. Bei den Charettys hat sich einiges verändert.«
Nicholas war dabei, die
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