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Niccolòs Aufstieg

Titel: Niccolòs Aufstieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Dunnett
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wurde, daß dem Reiter nichts geschehen sei und man sich um ihn kümmere. Er rollte sich auf die andere Seite und sah zwei Männer, die sich besorgt über ihn beugten. Der eine hielt ein Messer in der Hand.
    Nicholas war nicht der ungeschickteste Schüler des herzoglichen Turniermeisters in Mailand gewesen. Schon hatte er sein Schwert gezogen, und als der Dolch herabsauste, parierte er wälzte sich weg und sprang auf. Zur Straße kam er wegen der beiden Männer nicht durch, deshalb rannte er in der anderen Richtung durch den überdachten Gang aufs offene Gelände hinaus.
    Er wußte inzwischen, wo er war. Der Torbogen, durch den er gekommen war, gehörte zu dem teilweise zerstörten Nachbarhaus der ehemaligen Färberei Charetty. Er befand sich im früheren Obstgarten. Vor ihm war der Kanal. Auf der einen Seite war eine Mauer, die keinen Halt bot. Er würde tot sein, noch ehe er sie erklimmen konnte. Auf der anderen war die eingestürzte Mauer, die einmal diesen Garten vom Anwesen der Färberei abgegrenzt hatte. Die Trümmer dahinter waren das einzige, was von den Schuppen übrig war, in denen sich damals die Leute versammelt hatten, um zu hören, daß die Demoiselle ihn geheiratet hatte.
    Die zwei in städtischer Uniform hatten um einiges mehr Kampferfahrung als er, aber nicht seine langen Arme. Die Reichweite seines Schwerts war ihnen nicht geheuer. Dafür waren sie zu zweit.
    Seine Kappe hatte er schon beim Sturz verloren. Die Jacke warf er im Laufen ab, um sich, nur in Hemd und Hose, ungehindert bewegen zu können. Blitzschnell herumwirbelnd ließ er sein Schwert durch die Luft sausen, um die Verfolger abzuschrecken. Er empfand keine Angst, sondern Erleichterung. Die Last der Verantwortung war ihm abgenommen, statt dessen war er aufgefordert, im Kampf seinen Mut zu beweisen.
    Und das tat er. Bei der eingestürzten Mauer angekommen, schlug er eine Finte, und der eine seiner Gegner rannte ihm direkt ins Schwert. Der andere griff mit seinem Dolch an. Nicholas tauchte weg und warf sich an der niedrigsten Stelle über die Mauer. Im Fallen schlug er mit dem Schwert nach dem übriggebliebenen Verfolger und ritzte ihm die Schulter. Er wäre gut gelandet, hätte nicht Jaak de Fleury auf ihn gewartet. So stürzte er der Länge nach zu Boden, und als er aufspringen wollte, lag de Fleurys Schwert an seinem Hals, und sein eigenes war weg. Der Mann mit der blutenden Schulter riß ihn in die Höhe.
    Vor ihm lag das holprige Stück Land, auf dem einmal die Böcke und Spannrahmen gestanden hatten. Hier und dort wuchsen in Samen geschossene Pflanzen in Rot, Blau, Gelb und Lila. Am anderen Ende erhob sich von Grasbüscheln durchwuchert das rußgeschwärzte Ziegelwerk des Hauses, in dem er seit seinem zehnten Lebensjahr mit Unterbrechungen gewohnt und gearbeitet hatte. Vor ihm stand der Mann, der in den Jahren davor über ihn geherrscht hatte.
    Kalt lächelnd und grausam. Der Mann, der das Haus Charetty früher zugrunde richten wollte und das Unternehmen jetzt, da er selbst in Not war, mit allen Mitteln an sich zu reißen suchte. Ein furchtbarer Mann mit einem Schwert in der Hand, der kein einziges Wort zu ihm sagte, sondern ihm einfach entgegentrat, um ihn zu töten.
    Eine Hand hielt ihn am Arm, und ein Dolch bohrte sich ihm in den Rücken. Beides gehörte dem Mann, dem er die Schulter verletzt hatte. Die Hand um seinen Arm war kraftvoll, doch die, in der das Messer lag, war durch die Verletzung geschwächt.
    Nicholas warf sich mit seinem ganzen Gewicht rückwärts. Mit dem Ellbogen rammte er die verwundete Schulter. Die Klinge, die in sein Fleisch eindrang, war ohne Kraft, und der Mann, der ihn festgehalten hatte, ließ ihn aufschreiend los. Er riß ihm den Dolch aus der Hand und wendete ihn gegen ihn.
    Der Mann stürzte zu Boden. Jaak de Fleury hatte ein Schwert. Nicholas’ Waffe lag nicht weit entfernt auf der Erde. Mit einem Sprung packte er sie und warf sich blitzschnell zur Seite, als de Fleurys Schwert über seinen Kopf hinwegpfiff. Das Schwert so in der Hand, wie er es gelernt hatte, richtete er sich auf und parierte den Schlag, wie er es auf dem Übungsplatz trainiert hatte.
    Ihm fehlte die Erfahrung derer, die auf ein längeres Leben zurückblickten. Dafür hatte er seinen Verstand, der alles Neue aufsog und bewahrte.
    Auf dem abgebrannten Stück Land, wo er sich früher einmal mit blauen Fingernägeln gemüht hatte, neues Tuch in der Küpe zu rühren, wo er sich unverdrossen um den vielgeschmähten Urinkübel gekümmert

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